Todesspiel
überhaupt schon davon erfahren hatte; offensichtlich war noch nichts dergleichen in das System eingegangen. Zumindest nicht in die Dateien, die wir aus Stroms Computer kopiert hatten …
Auch ich selbst war in ihrem System verewigt – in einem Bericht über meine frühere persönliche Begegnung mit Rosalind Welsh. »Die Person ist etwa einen Meter dreiundachtzig groß und athletisch gebaut«, las LuEllen vor. »… steckte bei einer Verfolgungsjagd vorsätzlich einen Wagen in Brand, um alle Spuren darin zu beseitigen … Der Mann ist außergewöhnlich gefährlich. Wird bei seinen Aktivitäten oftmals von einer jungen Komplizin unterstützt.«
»Sie müssen dich damals aus dem Hubschrauber gesehen haben«, vermutete ich.
»Diese Athletisch-gebaut-und-gefährlich-Attribute machen mich ganz scharf«, sagte LuEllen.
»Damit kann ich leben«, grinste ich.
Gestern Nacht, in ihrer Phase intimer Vertrautheit, hatte LuEllen mir erzählt, warum sie ihr Diebinnendasein aufgeben wollte. Jetzt, bei gedimmter Beleuchtung auf dem Bett, mit zwei Fingern unter dem Gummizug ihrer Unterhose, spulten wir gerade so was wie das Teenager-Routinespielchen Wie - gefällt - dir - das ab, als ich ausflippte.
Ich neige keinesfalls dazu, schnell auszuflippen. Ich bin ein gestandener Mann, Exringer und aktiver Künstler. Aber ich muss gestehen, dass ich in diesem Moment gerade noch LuEllens Höschen nach unten ziehen wollte, dann aber die Worte hervorgurgelte: »Mein Gott, es wird nicht funktionieren!«
»Funktioniert nicht?« LuEllen stützte sich verwirrt auf den Ellbogen, und in ihrer Stimme lag ein verständnisloser Unterton.
»Nein, nein , das meine ich doch nicht, du Dummerchen«, sagte ich schnell. Mein Unterbewusstsein hatte sich anscheinend noch nicht ganz von den Arbeitsgruppen-Datensätzen gelöst. »Diese ganze Überwachungssache wird nicht funktionieren. Sie haben ein fundamentales Problem. Es wird nicht funktionieren.«
Sie gähnte, fragte sichtlich widerstrebend, wie ich fand: »Warum nicht?«
»Nehmen wir mal an, sie schaffen es, sämtliche Datenbanken im Land zusammenzuführen, um sie dann nach Mustern zu durchforschen. Diese Unmengen von Daten nach Terroristen, nach Kriminellen abzusuchen … Okay, bis hierhin alles klar?«
»Hmm.« Sie hatte ihr Interesse durchaus unter Kontrolle.
Ich redete weiter; wie gesagt, ich flippte aus. »Okay. Wir können davon ausgehen, dass diese Datendurchforschungsmethode enorme Kapazitäten hat. Aber: Wenn sie fünfundneunzig Prozent korrekte Ergebnisse bringt – was weit jenseits aller Vorstellungskraft liegt -, wird ihnen dennoch eine unter zwanzig Personen durch die Lappen gehen.«
»Aha, das System hat also Löcher.« Sie klang jetzt interessierter.
»Mehr als das. Das System wird auch Personen erfassen, die absolut unschuldig sind. Wenn man das System im gesamten Gebiet der USA einsetzt, dann macht das …« Ich wickelte eine schnelle Kopfrechnung ab. »Dann sind das fast fünfzehn Millionen falscher Positivbilder. Fünfzehn Millionen Menschen, von denen man glaubt, sie hätten sich irgendwie strafbar gemacht, die aber in Wirklichkeit völlig unschuldig sind. Opfer eines Zufallsirrtums. Man müsste sie sich dann näher ansehen – durch Überwachung, Lauschangriffe und ähnliche Maßnahmen -, aber man hat keine Möglichkeit, sie aus den echten Positivbildern auszusieben. Keinerlei Möglichkeit …«
»Fünfzehn Millionen?«
»Ja, so ist es. Bei fünfundneunzig Prozent Korrektheit, wohlgemerkt. Und kein System kann auch nur annähernd so korrekt sein oder es in Zukunft werden. Es gibt einfach zu viel Verwirrung und falsche Informationen im System. Und wie will man fünfzehn Millionen Menschen mit konservativen Überwachungsmaßnahmen auf den Fersen bleiben?«
»Es funktioniert also nicht …«
»Nein.« Ich ließ mich flach auf den Rücken sinken. »Sie haben keine Möglichkeiten, es funktionsfähig zu machen. Sie werden es allerdings versuchen, nehme ich an. Aber sie müssten ja eigentlich Leute haben, die die Fruchtlosigkeit dieser Versuche rechtzeitig erkennen …«
»Warum treiben sie dann diesen Aufwand?«
»Hmm … Sie haben einen Fonds dafür. Heilige Scheiße, dieses ganze verdammte Riesenprojekt ist nichts anderes als ein weiteres unter dem Motto: ›Man hat uns das Geld bewilligt, also geben wir’s auch aus.‹« Ich tätschelte ihren Oberschenkel. Mein Ausflipp-Hochgefühl dauerte an.
Nach einem Moment des Schweigens sagte LuEllen: »Du bist ein so
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