Todesspiel
sähen, seinen Namen preiszugeben:
Carp steuert auf einen psychotischen Kollaps zu, wird womöglich weitere Morde begehen. Wir warten jedoch ab, was du dazu meinst.
Wir frühstückten irgendwo in der Nähe, gingen dann wieder online. Lemon war offenbar nur kurz ausgegangen; er reagierte schnell:
Carps Namen noch nicht preisgeben. Wir müssen unbedingt den Laptop auftreiben. Dürfen nicht zulassen, dass Feds ihn in die Finger kriegen. Wenn das passiert, sind wir wahrscheinlich geliefert. Meine Ermittlungen zu Carp ergeben, dass er eine Freundin namens Mary Griggs in Arlington hat. Empfehle, vor Namenspreisgabe erst noch dieser Spur nachzugehen. Ich untersuche auch, ob Carp weiterhin in Kontakt mit seinem früheren Arbeitgeber steht. Noch kein Ergebnis. Melde dich nach Überprüfung der Arlington-Spur wieder.
-Lemon
Eine Notiz mit Griggs Adresse und Telefonnummer war der Nachricht beigefügt.
»Mann, dieser Lemon muss erst noch kapieren, dass wir
keine Cops sind«, knurrte LuEllen. »Wir können nicht einfach eine Tür eintreten und jemandem Handschellen anlegen.«
»Kann sein, dass er das tatsächlich nicht kapiert hat«, sagte ich. »Die Hälfte dieser Leute lebt in der Welt der Videospiele und kommt kaum mal aus dem Keller der Eltern raus.«
»Carp ist rausgekommen.«
»Ja. Aber er ist ein Irrer. Ich denke, Lemon hat Recht: Wir sollten zusehen, dass wir Carp in Person ausfindig machen. Er kann den Laptop schließlich nicht dauernd mit sich rumschleppen. Wir müssen ihn aufspüren und ihm auf den Fersen bleiben, und wenn er mal mit seiner Freundin Mary Griggs ausgeht, brechen wir in sein Apartment ein oder durchsuchen seinen Wagen, schnappen uns den Laptop und alarmieren dann die Feds.«
»Na, ich weiß nicht …«, brummte sie zweifelnd, drehte sich um, sah nach hinten durch die Rückscheibe. Das bedrohliche DDC-Zeug strapazierte ihre Nerven. »Die ganze Sache läuft anders, als wir gedacht haben.«
»Willst du aussteigen?«
»Nein. Ich will mitkriegen, wie du jetzt vorgehst. Aber diesmal nehmen wir den Revolver mit.«
Ich wählte Griggs Nummer. Mir erschien das zum Einstieg als leichter erster Schritt. Das Telefon am anderen Ende läutete, und ich gab LuEllen das Handy, die es längere Zeit ans Ohr hielt, dann fragte: »Hallo, ist, ehm, Terry da?«
Sie fragte das mit der Stimme, die Frauen anwenden, wenn sie eine Freundin anrufen wollen und ein unbekannter Mann sich an deren Telefon meldet, mit einer Stimme, in der die Fragen mitschwingen: »Sind Sie ein Vergewaltiger? Oder der Liebhaber? Oder der Installateur?« Dann hörte sie einen Moment zu, sagte schließlich: »O Gott, tut mir Leid, wir albern
hier gerade rum, ich habe wohl beim Wählen nicht aufgepasst …«
Sie brach das Gespräch ab, sagte zu mir: »Ein Mann.«
»Dann wollen wir uns den doch mal ansehen.«
»Er klang nicht … hmmm … wie Carp. Dessen Stimme habe ich zwar nur ganz kurz in Rachels Wohnung gehört, aber sie klang irgendwie quiekend. Zu hoch im Ton. Der Mann da am Telefon hatte eine Menge Hormone. Er klang irgendwie … cool.«
Ich hob die Schultern. »Dann weiß ich auch nicht, ob es Carp war …«
Mary Griggs wohnte in einem kleinen Backstein-Apartmenthaus im Stadtteil Ballston von Arlington, in einer Nachbarschaft offensichtlich betuchter und mobiler Menschen. In der Mitte des Stadtbezirks lag ein rund zwei Hektar großer Park, fast so grün wie die Natur in der Gegend von Longstreet. Es war ein unerträglich feucht-heißer Tag, und im Kontrast dazu versprach der Park mit seinen ausladenden schattigen Bäumen angenehme Temperaturen. Eine Gruppe städtischer Angestellter, wie ich vermutete, hatte sich auf Parkbänken niedergelassen und verzehrte Lunch-Pakete.
Wir stellten den Wagen einen Block hinter dem Park auf einer Nebenstraße ab, die in die verkehrsreiche Durchgangsstraße mündete. LuEllen hatte bei der Einfahrt in die Straße ein Schnellrestaurant bemerkt, und wir holten uns Sandwiches – offensichtlich aus derselben Quelle wie die Angestellten im Park, wie die weißen Papiertüten auswiesen -, trugen unser Mittagessen den Block zurück und über die Straße zum Park, setzten uns auf eine Bank, von der aus wir den Eingang zu Griggs Apartmenthaus im Auge behalten konnten, und ließen uns die ersten Brote schmecken. Links von uns lag eine Frau auf einer Decke und las in einem Buch. Eine Gruppe von
Kindern fand Spaß daran, eine lange, kurvenreiche Rutsche auf einem Spielplatz hinunterzusausen, und ein
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