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Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Spotswood
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Pferdehufe auf den Bürgersteig. Wir durchqueren einen kleinen Teil des Marktviertels und kommen an einem Blumenladen mit Rosensträußen vorbei, an einem Kurzwarengeschäft, einer Apotheke und einem Schuhmacher mit einem Fenster voller eleganter Lederstiefel. Der erfrischende Duft von Bergamotte umweht mich, als eine Dame in weißem Pelzumhang aus einem Teeladen kommt. Das letzte Geschäft in der Reihe ist ein Spielzeugladen. Das Schaufenster muss der Traum eines jeden Kindes sein. Es ist voll mit Zinnsoldaten, Stoffpuppen, Kreiseln, Geduldspielen und Springseilen. In der Mitte steht ein prachtvolles Puppenhaus.
    »Oh«, haucht Maura und bleibt vor dem Fester stehen. Dann sieht sie über die Schulter zu mir und errötet. Offenbar ist es ihr peinlich, dass ich sie dabei beobachtet habe, wie sie nach solchen kindischen Dingen schmachtet. Sofort empfinde ich eine tiefe Zuneigung für sie. Sie ist eben immer noch meine kleine Schwester, die verzweifelt versucht, erwachsen zu wirken.
    »Magst du Paul wirklich?«, frage ich leise. »Oder wolltest du bloß Informationen aus ihm herausbekommen?«
    Wir biegen in eine Straße mit Doppelhäusern aus rotem Backstein ein. Die Gehwege sind hier nicht so gepflegt, aber dafür gibt es lachende, mit Murmeln spielende Kinder.
    »Damit hatte es nichts zu tun«, behauptet Maura. »Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm eine Fahrt in seiner neuen Kutsche unternehme, und ich dachte, es könnte Spaß machen, also habe ich Ja gesagt.«
    »Das war alles?«, bohre ich nach.
    Maura grinst. »Na ja, ich dachte, du würdest dich vielleicht ärgern. Das kam noch dazu.« Sie senkt die Stimme. »Pass auf, was Harwood angeht, kannst du machen, was du willst. Ich habe wichtigere Dinge zu tun.«
    »Na gut«, sage ich zweifelnd.
    »Es stimmt.« Sie zieht den Kopf wieder in die Wärme ihrer Kapuze zurück; ihre Worte sind gedämpft, als sie bei mir ankommen. »Kümmre dich einfach um deine Angelegenheiten, und ich kümmere mich um meine.«
    Die Straße fällt jetzt zum Fluss hin ab, und vor uns ist der Mast eines großen Schiffes zu sehen. Die Häuser hier sind ziemlich heruntergekommen. Baufällige Mietshäuser drängen sich auf viel zu kleinen Grundstücken zusammen. Gesprungene Fensterscheiben sind nur notdürftig mit Lumpen abgedichtet, um die Kälte draußen zu halten, aber das Stimmengewirr von drinnen dringt trotzdem auf die Straße. Fuhrwerke mit Waren aus den Lagerhäusern am Hafen rumpeln an uns vorbei. In einem schlammigen Park voller Schutt spielt eine Gruppe Jungen mit Besenstielen Schlagball. Ein Mann sitzt vor sich hinplappernd auf einer Bank. Um ihn herum gurren Tauben. Ich habe bereits in einem Mietshaus nahe besagtem Lagerhaus Essen ausgeliefert, von daher ist mir diese Gegend nicht unbekannt, aber ohne Robert und unsere Kutsche fühle ich mich hier nicht sicher.
    Der Himmel ist ganz weiß vom bevorstehenden Schnee, und der Wind pfeift mir um die Ohren. Von Tess keine Spur. Je näher wir den Lagerhäusern kommen, desto größer wird meine Sorge. So viele schreckliche Dinge könnten ihr in dieser Gegend zustoßen, und nicht alle davon haben mit Magie zu tun.
    Schließlich sehen wir eine große Backsteinlagerhalle mit einem halben Dutzend Wächtern davor, aber niemandem, der hineingeht oder herauskommt. »Das muss es sein«, sage ich und weise mit dem Kopf darauf. Ich ziehe Maura mit mir in eine dunkle Gasse voller Unrat. »Vielleicht sollten wir uns einen anderen Anschein geben?«
    »Gute Idee«, stimmt Maura zu. Im Handumdrehen hat sie sich in ein Mädchen mit dunklen Locken, Schmollmund und einem fleckigen roten Mantel verwandelt.
    Ich zögere und atme den salzigen Gestank von verrottendem Fisch ein. »Ich habe es noch nicht geschafft, eine Illusion länger aufrechtzuerhalten.«
    »Ich mache es für dich«, bietet sie an, woraufhin ich überrascht die Augenbrauen hochziehe. »Oh, um Persephones willen, ich werde doch nicht zulassen, dass du verhaftet wirst. Jedenfalls nicht, ehe wir Tess da rausgeholt haben. Sie ist schließlich auch meine Schwester.«
    Ich betrachte eine lose Strähne meiner Haare, die jetzt die gleiche braune Farbe haben wie ihre. Mein Umhang ist aus grober grauer Wolle, und ich trage abgenutzte, dreckige Arbeitsstiefel. »Danke«, sage ich und steure auf das Gebäude zu.
    Es fühlt sich gut an, wieder mit Maura an einem Strang zu ziehen, statt gegeneinander zu arbeiten.
    Einer der Wächter tritt vor und versperrt mir den Weg. Er ist nicht viel älter als wir. Sein

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