Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
eingeschneiten Anleger aus. Sie schwankt und rudert einen Augenblick mit den Armen über dem eisigen Fluss. Sie kreischt entsetzt.
Ich bekomme sie gerade noch rechtzeitig zu fassen und ziehe sie zurück. Sie wirft mir die Arme um die Taille und klammert sich zitternd wie ein Kind an mich.
Maura laufen die Tränen übers Gesicht. »Das wollte ich nicht …«
»Du hättest mich beinah umgebracht«, sagt Tess wie gelähmt. »Ich kann nicht schwimmen. Du weißt, dass ich nicht schwimmen kann.«
Tess hat schon immer Angst vor Wasser gehabt; sie ist nie mit mir in den Teich gegangen. Mrs O’Hare hat sie immer damit geneckt, dass Mutter sie wohl als Säugling mal ins Becken hat fallen lassen.
»Ich kann es eben nicht … Wenn ich aufgebracht bin, kann ich es eben nicht kontrollieren«, sagt Maura. »Ich habe dir doch gesagt, dass du dich von mir fernhalten sollst. Ich … Lasst mich einfach in Ruhe, alle beide! Ich brauche euch nicht. Ich brauche überhaupt niemanden!«
Und damit dreht sie sich um und läuft über die verschneite Straße fort. Tess im Arm blicke ich Maura hinterher.
Kapitel 14
»Wir müssen Inez aufhalten.«
Vorsichtig gehe ich die eingeschneiten Stufen des Klosters hoch. »Ich weiß.«
Tess’ Nase ist von der Kälte und vom Weinen ganz rot. »Die letzten hundert Jahre konnten die Menschen vergessen, was die Töchter von Persephone getan haben, und jetzt will Inez uns wieder zum Schreckgespenst machen. Das wird jede Möglichkeit der Machtbeteiligung für uns zunichtemachen.«
»Vielleicht ist es ja genau das, was sie will – es so anstellen, dass wir einen Krieg führen müssen .« Ich zittere trotz meines warmen Umhangs. »Weiß Gott, was die Brüder im Gegenzug unternehmen.«
Tess seufzt. »Wenigstens haben wir die Häftlinge befreit. Wir haben die Dinge verändert, Cate! Ich habe gesehen, wie sie im Schneetreiben aufs Gefängnisschiff gebracht werden, und jetzt sind sie frei. Das bedeutet …«
»Wir können die Prophezeiung ändern«, begreife ich, und ich muss so sehr grinsen, dass mein Gesicht beinah in zwei Hälften zerspringt.
»Maura ist vielleicht wütend auf uns, aber sie wird darüber hinwegkommen. Wer weiß? Vielleicht bin ich in der Vorhersehung der Seherin ja heute in den Fluss gefallen und ertrunken«, sagt Tess und tritt sich den Schnee von den Stiefeln. »Aber du hast mich gerettet. Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin. Wenn ich die Dinge ändern kann, die ich sehe – wenn nicht alles in Stein gemeißelt ist –, das ändert alles.«
Sie zieht die schwere Eingangstür auf, und wir hängen unsere nassen Umhänge auf und schlüpfen aus den Stiefeln. Die Tür des Salons ist angelehnt, und Licht dringt durch den Spalt, aber ich kann keine Stimmen hören. Mit einem Blick auf Tess lege ich einen Finger an die Lippen, schleiche auf Strümpfen zur Tür und spähe hinein.
»Finn?«, stoße ich hervor. Er steht in grauer Weste und weißem Hemd, die Hände auf den Rücken gelegt, vor dem Feuer. »Was machst du hier?«
Finn wirbelt herum und lächelt mich an. »Da bist du ja! Ich habe mir schon Sorgen gemacht, weil du nicht bei der Verhandlung warst. Rory sagte, es wäre etwas passiert.«
Sachis Verhandlung! Daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht. Rory sitzt auf dem Sofa und tupft sich mit ihrem rosafarbenen Spitzentaschentuch die Augen.
»Harwood?«, frage ich.
Rory nickt und trocknet eine weitere Träne. »Es war furchtbar. Was sie über Sachi gesagt haben – und sie hat so verängstigt ausgesehen.«
»Wir werden sie da rausholen, das verspreche ich dir.« Beunruhigt wende ich mich Finn zu. »Du kannst mich hier nicht besuchen kommen. Es ist zu gefährlich.«
Er geht einen Schritt zur Seite, damit Tess sich direkt vor den Kamin stellen kann. »Ich habe mir Sorgen gemacht. Und außerdem habe ich die Information erhalten, die Inez haben wollte. Die nächste Sitzung des Rats wird …«
»Pst!« Ich ziehe die Tür hinter mir zu, dann durchquere ich das Zimmer und schließe sicherheitshalber auch noch das Lüftungsgitter am Kamin. Ich will nicht, dass uns irgendjemand belauscht. Finn sieht mich überrascht an. »Was auch immer du herausgefunden hast, du darfst es niemandem sagen. Noch nicht einmal mir. Ich will nicht, dass sie mich mit Gedankenmagie zwingt, es ihr zu sagen. Ich weiß nicht, ob sie es könnte , aber ich würde ihr den Versuch zutrauen.«
Finn wird unter seinen Sommersprossen ganz blass. »Wer?«
Ich nehme seine warmen Hände in
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