Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
treffen? Und ich werde es heute Abend wieder tun. Ich hatte bisher einfach nur mehr Glück als Mina.
Ich hole tief Luft, um meine eigenen Nerven zu beruhigen, als wir Zaras Tür aufstoßen. Zara sitzt schief auf ihrem Schaukelstuhl, lässt den Lockenkopf hängen und sieht entweder auf den verschneiten Hügel hinaus oder döst vor sich hin. Ich weiß nicht, was uns erwartet. Ihre Erinnerung an lang Vergangenes scheint von dem Laudanum nicht beeinträchtigt zu sein, aber ob sie sich noch an unser Treffen der vergangenen Woche erinnert?
»Zara?«
Sie schreckt auf, der Blick ihrer braunen Augen ist verwirrt. »Wer ist da? Was wollen Sie?«
»Ich bin es, Cate«, sage ich leise. »Annas Cate. Und schau – ich habe Tess mitgebracht.«
»Hallo«, sagt Tess und lächelt scheu. »Ich freue mich sehr, dich endlich kennenzulernen.«
Zara erhebt sich und sieht mich vorwurfsvoll an. »Sie ist noch ein Kind. Wie kannst du sie an einen Ort wie diesen bringen? Anna wäre damit nicht einverstanden.«
»Ich habe sie nicht hierhergebracht. Sie hat ihren eigenen Kopf«, erkläre ich.
Doch die Kritik trifft mich. Würde Mutter es gutheißen, wie ich in letzter Zeit gehandelt habe?
»Ich habe darauf bestanden mitzukommen. Ich habe dein Buch gelesen«, sagt Tess. »Marianne hat es uns gegeben.«
»Mein Buch?« Zara lässt sich wieder auf ihren Stuhl sinken. Ihre Kampfeslust ist erschöpft. »Sie hat es gerettet?«
»Ja. Es gibt ein paar Stellen, die wegen des Wasserschadens nicht mehr lesbar sind. Es hat geregnet, bevor sie es von dem Dach holen konnte, auf dem du es versteckt hattest.« Tess spielt mit der schwarzen Schleife an ihrer Taille. »Aber das meiste habe ich lesen können.«
»Ich dachte, es wäre verloren.« Zaras dunkle Augen stehen voll Tränen, als sie anfängt, mit dem Stuhl zu schaukeln. »Ich dachte, ich würde hier für nichts und wieder nichts für immer festsitzen.«
»Tust du nicht. Nicht für nichts und nicht für immer.« Ich setze mich auf die Kante des schmalen Bettes und stelle die Tasche auf dem Boden ab. Tess setzt sich neben mich. »Wir werden euch hier rausholen. Schon bald. Mittwochabend.«
Zara schüttelt den Kopf. Sie hat einen Teefleck auf dem Kragen ihrer weißen Bluse. »Nein. Das ist nicht möglich. Cora wird es niemals erlauben. Ich werde hier sterben.«
Ich runzle die Stirn. »Cora liegt im Sterben.«
Zaras knochige Hand fährt an ihre Lippen. »Cora?«, wiederholt sie und sieht mich durch einen Tränenschleier an.
»Cate«, schilt mich Tess und stößt mich mit der Schulter an. »Musstest du es so direkt sagen?«
»Ich habe schon Schlimmeres erlebt.« Zara schaukelt schneller. »Und du glaubst wirklich, dass du uns hier herausbekommst?«
»Ich muss es schaffen. Ihr wärt sonst eine leichte Beute für die Brüder.« Ich erkläre ihr, was Inez vorhat.
»Ich habe es doch gesagt!« Zara schlägt mit den flachen Händen auf die Armlehnen des Schaukelstuhls. »Ich habe doch schon immer gesagt, dass sie uns alle umbringen lässt, wenn es nur ihrem Zweck dient!«
»Ähm, ja.« Nervös blicke ich zur Tür. Ich hoffe nur, die Krankenschwester ist so in ihre Strickarbeit versunken, dass sie nicht nachsehen kommt, was es mit dem Lärm auf sich hat. »Leider hattest du recht damit. Ich dachte, du könntest uns vielleicht helfen und den anderen Patientinnen Bescheid sagen – besonders den anderen Hexen. Meinst du, das wäre möglich?«
»Ich kann es versuchen.« Zara starrt auf das Guckloch. »Wir wurden wegen des Schnees schon lange nicht mehr auf unsere Gesundheitsspaziergänge geschickt, aber vielleicht morgen. Oder ich mache es, wenn ich am Wasserklosett anstehe. Ich weiß allerdings nicht, welche von den Mädchen eine Hexe ist und wer nicht. Jedenfalls nicht sicher. Wir trauen uns hier nicht, über Magie zu sprechen.«
Ich hoffe nur, dass Finn die Aufzeichnungen über die Harwood-Insassinnen im Nationalarchiv gefunden hat.
»Das macht nichts«, sage ich. »Wir werden alle befreien, ob sie nun Hexen sind oder nicht. Sag ihnen aber nicht, dass es Mittwoch geschieht. Sag nur, dass wir die Feuerglocke läuten werden und dass es das Zeichen dafür ist, dass wir hier sind und sie sich bereit machen sollen.«
Mei hatte heute Morgen die Idee mit der Alarmglocke, als wir mit Mörser und Stößel die Rosenblätter zerkleinerten. Sie war einmal in Harwood, als eine neue Patientin gerade mit den Streichhölzern einer Krankenschwester ihr Bett angezündet hat.
»Ich werde es versuchen, aber die
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