Tödliche Option
First Avenue hinüber, um einen Bus
nach Norden zu nehmen, und stieg an der 86. Street in einen Bus zur West Side
um, wo sie, welch Wunder, einen Sitzplatz bekam. Da erst merkte sie, daß die
Klimaanlage versagt hatte und die offenen Fenster heiße dicke Luft
hereinließen. Während immer mehr Leute sich hineinzwängten, müde und nach
Schweiß riechend, erschien ihr der Bus einem Viehwagen immer ähnlicher. Eine
ältere Frau fiel irgendwo vorne in Ohnmacht, und die Leute standen so dicht
gedrängt, daß es bis zur Haltestelle an der Central Park West, wo alle nach
draußen drängten, keiner bemerkte.
Der Fahrer rief über Funk einen Notarztwagen, und
zwei Männer hoben die arme Frau auf und legten sie über die Vordersitze. Sie
fächerten ihr heiße Luft zu, während sie auf die Sanitäter warteten. Eine
sportliche junge Frau mit Reeboks holte eine Flasche Evianwasser aus ihrem
Rucksack, goß ein wenig in den Deckel und drückte ihn auf die Lippen der Frau.
Wetzon stieg durch den hinteren Ausgang aus dem
Bus und ging die eineinhalb Straßen zu ihrer Wohnung, wobei es ihr immer
schwerer wurde, einen Fuß vor den anderen zu setzen, während sie im Kopf
zählte, links dann rechts dann links dann rechts.
Sie duschte kalt und legte sich aufs Bett, um
sich von der Klimaanlage wiederbeleben und ihr Hirn wieder in Gang bringen zu
lassen.
Smith hatte etwas ungeheuer Dummes getan. Wenn
wir wissen, wer der Mörder ist, und der Mörder sich unter uns befindet, dann
hat Smith uns beide einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt. Wetzon zog das
Telefon von dem angemalten Waschtisch neben dem Bett, stellte es auf ihren
Bauch und suchte Silvestris Dienstnummer heraus.
Eine fremde Stimme meldete sich. »Brafman.«
»Tag, hier ist Leslie Wetzon.« Sie erinnerte
sich entfernt an ihn. Klein, blond, dünn.
»Ah, ja.« Er schien zu wissen, wer sie war. »Er
ist nicht da. Probieren Sie’s im Midtown North.«
»Ist Metzger in der Nähe?«
»Sie sind alle in Midtown North. Silvestri,
Metzger und Mo.«
Silvestri, Metzger & Mo. Hörte sich an
wie eine Anwaltskanzlei. »Haben Sie die Nummer von dort?«
»Bleiben Sie dran.« Brafman kam wieder an den
Apparat und gab sie ihr.
»Danke.« Sie legte auf und rief Midtown North
an, fragte nach Silvestri, dann nach Metzger und schließlich nach Weiss, wurde
zehn Minuten lang herumgereicht, gab auf und hinterließ ihre Nummer.
Wahrscheinlich hätte sie nach Mo fragen sollen, konnte sich aber nicht
überwinden. Sie stellte das Telefon an seinen Platz zurück. Er hatte Mo
mitgenommen. Reiß dich zusammen, Dummkopf, befahl sie. Die Hitze hat
dein Hirn arg mitgenommen.
Im Eßzimmer, das auch als Fitneßstudio diente,
rollte sie eine Matte auf dem Boden aus und machte einige langsame Yoga-Streckübungen,
dann schlug sie eine Brücke und ging aus der Brücke heraus in einen
Schulterstand. Das Blut schoß ihr in den Kopf, während sie tief und bewußt
durchatmete.
Der Kreis der Personen mit einer Gelegenheit zu
beiden Morden konnte auf Hoffritz, Bird, Dougie Culver, Neil Munchen, Chris
Gorham, Ellie Kaplan und möglicherweise David Kim, falls er an dem Essen
teilgenommen hatte, eingeengt werden. Immer noch im Schulterstand, schwang sie
die Beine nach außen und dann hinter sich. Vor kurzem noch hatte sie Ellie und
Neil wegen ihrer offensichtlichen Zuneigung zu Goldie im Geist ausgeschlossen,
doch wenn Goldies Tod ein Unfall gewesen war, mußten beide wieder auf die Liste
gesetzt werden. Machte zusammen sieben. Die nicht ganz so glorreichen sieben.
Sie streckte die Beine gerade in die Luft, indem
sie die Hände auf die Hüften stützte, und atmete weiter tief. Sie spürte ein
rosiges Glühen, etwas Strahlendes in sich aufwallen. Du lieber Gott, dachte sie. Wenn nun diese ganze Geschichte mit Carlton Ashs Bericht gar nichts
mit den Morden zu tun hatte? Die Studie war eine Ablenkung, eine falsche
Wendung, alles dummerweise ihre eigene Theorie.
Langsam ging sie aus dem Schulterstand in eine
Brücke über, ließ sich langsam, Wirbel um Wirbel, auf die Matte herab und blieb
liegen. Besser als Massage, weil das Gehirn beteiligt wurde.
Carlton Ash war über etwas gestolpert, als er
während der Arbeit an der Studie bei Luwisher Brothers herumgeschnüffelt hatte.
Etwas, das ihn veranlaßt hatte, seine Stelle aufzugeben. Als Berater bei
Goodspeed mußte er ein sechsstelliges Einkommen gehabt haben. Wenn er also
nicht über Treuhandvermögen verfügte, konnte er es sich nicht leisten, so eine
Stelle
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