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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
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Kiste? In meinem eigenen schwarzen Loch? Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass ich es war. Paranoide Schizophrene verwischen ihre Spuren nicht, sie tragen keine Tücher, und sie achten auch nicht darauf, ob sie sich mit Blut beschmieren. Ich glaube, es war einfach zu gut gemacht, als dass ich es hätte sein können. Ich glaube kaum, dass ich dazu in der Lage wäre, einen perfekten Mord zu begehen. Meine Mutter war es jedenfalls nicht, als sie meinen Vater ermordet hat... aber ich könnte es gewesen sein. Das muss ich akzeptieren. Ich kann mich nur einfach nicht erinnern.«
    »Schscheeeeiiiiße«, hauchte Geraldine. »Das ist ja schweeeeiiiiinegeil.«
    »Aber wenn ich eins genau weiß«, sagte Sally, »dann, dass alle denken, ich wäre es gewesen, und das werde ich nicht mehr los, so lange ich lebe. Offensichtlich hat die Polizei keinen Schimmer. Die werden wahrscheinlich nie irgendjemanden verhaften, also werde ich für den Rest meines Lebens für alle nur die durchgeknallte schwarze Lesbe sein, die Kelly ermordet hat. Deshalb habe ich beschlossen, den Rest meines Lebens so kurz wie möglich zu gestalten.«
    In diesem Moment zog Sally ein Küchenmesser aus ihrem Hemdsärmel, das sie beim Zubereiten ihres Tees eingesteckt hatte.

42. Tag 21:00 Uhr

    Als Chloe wieder auf Sendung ging, konnte sie einen weiteren dramatischen Abgang aus dem Haus verkünden. Nicht live wie geplant, da Sally eine Stunde zuvor im Krankenwagen abtransportiert worden war, nachdem man ihren Selbstmordversuch live auf der ganzen Welt im Internet verfolgen konnte. Es war ihr gelungen, sich zweimal in die Brust zu stechen, bis Jazz in den Beichtstuhl gestürzt war, nachdem Peeping Tom ihn alarmiert hatte.
    Allerdings wusste niemand, ob sie ihren Verletzungen erliegen würde oder nicht.
    All das erklärte Chloe den Zuschauern und versprach, sie während der gesamten Sendung regelmäßig auf dem Laufenden zu halten. »Leider dürfen wir euch die Aufnahmen von Sallys letztem, grandiosem, tief empfundenem, absolut ehrlichem und spirituellem Besuch des Beichtstuhls nicht zeigen, da Selbstmord offenbar als Verbrechen gilt und unsere Rechtsabteilung in Sorge ist, dass uns die eine oder andere autoritäre Regierungsstelle Schwierigkeiten machen könnte, wenn wir euch die Wahrheit zeigen. Also echt! Wenn das nicht voll faschistisch ist! Offenbar seid ihr noch nicht erwachsen genug, dass ihr euch ansehen dürftet, was auf dieser Welt so los ist, was ja wohl total Gedankenkontrolle und so Schönes-Neues-1984-mäßiges Zeug ist, und das wollte Sally damit ja wohl absolut nicht erreichen!«
    Ihr Auftritt war nicht gerade grandios, aber man hatte Chloes Text auf dem Teleprompter eilig zusammenschreiben müssen. Die Botschaft allerdings war klar. Jeder Versuch, Peeping Tom daran zu hindern, die Qualen einer zutiefst verstörten jungen Frau auszuschlachten, war ein untragbarer Angriff gegen die Bürgerrechte der Zuschauer.
    Chloe sah sich in der Lage, der Öffentlichkeit Bilder von Jazz’ heroischem und dramatischem Eindringen in den Beichtstuhl vorzuführen, als es ihm gelungen war, Sallys Hand zu ergreifen und ihr das Messer zu entwinden. Danach zeigten sie eine Zusammenfassung von Aufnahmen der tollen Wochen, die Sally im Haus verbracht hatte.
    Natürlich hätte Peeping Tom gern live ins Haus geschaltet, um die Reaktionen der anderen Bewohner auf Sallys entsetzliche Tat zu zeigen, was aber leider nicht ging, da sich Geraldine momentan im Haus befand und eine Krisensitzung mit den verbliebenen Bewohnern abhielt — um sie dazu zu bewegen, dass sie mit der Sendung weitermachten.
    »Es geht nicht, das können wir einfach nicht machen«, sagte Dervla gerade. »Nicht jetzt. Die Leute würden uns für absolute Ungeheuer halten.«
    Natürlich wäre das für Peeping Tom eine finanzielle Katastrophe, besonders nach einem derart dramatischen Knaller wie Sallys Selbstmordversuch. Sie liefen Gefahr, Verluste in zwei- wenn nicht sogar dreistelliger Millionenhöhe zu machen.
    »Du täuschst dich, Dervla, du täuschst dich«, sagte Geraldine. »Sie lieben euch da draußen, sie bewundern euren Mut, sie respektieren euch, und wenn ihr den Mumm habt, diese Sache zu Ende zu bringen, werden sie noch umso größeren Respekt vor euch haben. Niemand glaubt, dass einer von euch Kelly ermordet hat. Alle denken, Sally hat es getan, was wahrscheinlich auch stimmt. Sie hat es mehr oder weniger gestanden, bevor sie auf sich eingestochen hat. In gewisser Weise ist

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