Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
Millionen Dollar. Die höchste Summe, die jemals für ein amerikanisches Gemälde bezahlt wurde.« Krauss konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Ich bin nicht von der sentimentalen Sorte. Ich hielt es für ein großartiges Geschäft.«
Mike stieß einen Pfiff aus. »Welches Museum hatte denn so viel Geld?«
»Das Met wurde überboten, Detective. Alice Walton, die Wal-Mart-Erbin, erwarb den Durand für ein kleines Museum, das ihre Familie in Kürze in Arkansas eröffnen will.«
»Eine Durchsage an alle Wal-Mart-Kunden! Zu diesem Preis haben Sie es an einen Discounter verkauft? Was hat Ihnen denn da die Birne vernebelt, Jonah?«
»Die Kunstkritiker wollten mich steinigen, die New York Times nannte den Verkauf ein Jahrhundertverbrechen - Verwandte Geister sei nationales Kulturgut und gehöre nach New York -, und der Rest des Kuratoriums beugte sich dem öffentlichen Aufschrei.«
»Aber was war in Jasper Hunt gefahren, dass er es auf Sie persönlich abgesehen hatte?«, fragte Mike.
»Er sagte, wir würden damit zukünftige Mäzene abschrecken. Sie müssten befürchten, dass wir ihre Schenkungen irgendwann ebenfalls heimlich abstoßen. Aber ich glaube, dass es Hunt nur um sich selbst ging.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte ich.
»Als mein Komitee überlegte, von welchen Stücken wir uns trennen könnten, stolperten wir auch über ein paar Sachen, die der Bibliothek von Jasper II., Hunts Vater, vermacht worden waren«, sagte Krauss. »Sachen, die wir für die Bibliothek nicht wirklich brauchen. Beispielsweise hatten wir von Anfang an eine Gutenberg-Bibel. Gedruckt im Jahr 1455 - was für eine erstaunliche Leistung, die Erfindung einer Druckerpresse mit beweglichen Lettern, die in der Lage ist, die schönsten gotischen Schriftzeichen der damaligen Zeit wiederzugeben. Es wurden insgesamt zirka einhundertachtzig Bibeln gedruckt, von denen heute noch knapp fünfzig erhalten sind. Unser Exemplar ist normalerweise im zweiten Stock ausgestellt. James Lenox hat sie uns anlässlich des Baus der Bibliothek geschenkt - die erste Gutenberg-Bibel, die nach Amerika gebracht wurde. Sie haben sie bestimmt schon mal gesehen, oder?«
Ich bejahte. Sie war eins der Glanzstücke der Bibliothekssammlung.
»Jasper Hunt gab uns noch eine. Allerdings ist sie nicht so gut erhalten wie die von Lenox, und ihre Herkunft ist fragwürdig. Also warum sollen wir sie in irgendeinem unterirdischen Tresor aufbewahren, wenn wir sie zu einem guten Preis verkaufen können?«
»Aber aus der Sicht eines Kurators ist es ja wohl dennoch ein recht begehrenswertes Objekt«, sagte ich.
»J.P. Morgan setzte die Maßstäbe für Jasper Hunt, und das meine ich nicht als Kompliment. Beide waren bei ihren Ankäufen nicht sehr wählerisch. Sie haben ganze Schiffsladungen von englischen und kontinentaleuropäischen Nachlässen aufgekauft. In der Morgan Library gibt es drei Gutenberg-Bibeln. Wenn Sie
mich fragen, ist eine genug. Seine Berater konnten ihn davon überzeugen, sich von den Objekten zu trennen, die nicht zur Aufwertung seiner Sammlung beitrugen: mittelalterliche Wandteppiche, ägyptische Skulpturen, zweitklassige Kunstwerke. Und genauso könnten wir den Überschuss verkaufen und dafür Sachen erwerben, die unsere Kuratoren wirklich wollen und brauchen.«
»Sie wollten also seine Gutenberg-Bibel verscherbeln?«, fragte Mike.
»Sie stand auf meiner Liste, zwar nicht ganz oben, aber immerhin. Ich hätte am liebsten mit einem protzigen kleinen Gebetsbuch aus der Sammlung seines Vaters angefangen. Als Jasper I. es kaufte, war es eine erlesene Rarität, aber dann ließ er den Umschlag mit Juwelen schmücken - zum Andenken an die Geburt seines Sohnes.«
Mike legte den Kopf schief. Er dachte bestimmt an das Buch, das man bei Karla Vastasis Leiche gefunden hatte.
»Es wird gemunkelt, dass der Cartier-Chef den Hunts ein Vermögen dafür geboten hat. Anscheinend wurden die Steine von Louis Cartier höchstpersönlich ausgewählt und eingefasst, und die derzeitigen Geschäftsführer sind nicht sehr erfreut, dass es jetzt irgendwo im Lager verstaubt.«
Offenbar hatten alle die ursprüngliche Bedeutung des Gebetsbuches aus den Augen verloren.
»Was wurde aus Jaspers Morddrohung?«, fragte ich.
»Sie wurde immer saft- und kraftloser, so wie er selbst.« Jonah Krauss ließ das Schloss seiner Aktentasche zuschnappen. »Er hat mir drei, vier Monate das Leben schwer gemacht, bevor er sich auf seinen nächsten
Feind einschoss. Jetzt würde ich aber wirklich
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