Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung
zusätzlicher Unterwäsche.
Meine nächste Station war ein Citibank-Geldautomat, wo ich mich mit Barem eindeckte. Dann kaufte ich bei einem Billigherrenausstatter Hemd, Jackett und Krawatte sowie eine weitere Sonnenbrille, diesmal mit großen runden Gläsern, die meine Augen verbergen und die Konturen meines Gesichts verändern würden. Schließlich betrat ich einen Apple-Laden auf der Fifth Avenue, wo ich an einem Computer Kanezakis Bulletin Board checkte. Nichts. Ich fragte mich, ob er wirklich nichts gefunden hatte oder ob er mir Informationen vorenthielt, so wie ich ihm. Unmöglich zu sagen. Und nicht zu ändern. Aber es war trotzdem verdammt nervenaufreibend.
Jetzt, wo ich ordentlich ausgestattet war und noch ein wenig Zeit hatte, merkte ich, wie hungrig ich war. Ich hatte zuletzt im Flugzeug gegessen. Ich ging zwei Querstraßen weiter zum Carnegie Deli, und bei einem Teller Hühnersuppe und einem Roastbeefsandwich, von dem Godzilla satt geworden wäre, konfigurierte ich das iPhone für den Empfang von Signalen des GPS-Senders. Als ich schließlich ein gigantisches Stück Apfelkuchen mit einer zweiten Tasse Kaffee herunterspülte, war alles in Betrieb, und ich überprüfte Accinellis Position. Ich hatte ihn noch im Club vermutet oder vielleicht zu Hause. Stattdessen sah ich erstaunt, dass er oder zumindest sein Auto hier in Manhattan war. Ich zoomte den Standort näher heran – Bowery Ecke Prince. Ich beobachtete das Display drei Minuten lang, aber der Wagen rührte sich nicht. Okay, er stand also höchstwahrscheinlich nicht an einer Ampel oder im Stau. Der Wagen parkte.
Ich bezahlte und ging zurück zum Parkhaus, wo ich den BMW abgestellt hatte. Ich fuhr den Broadway hinunter, das iPhone im Zigarettenanzünder eingestöpselt, mit dem Display nach oben auf dem Beifahrersitz. Der Mercedes rührte sich nicht.
Ich bog nach links auf die Spring Street, dann wieder nach links auf die Bowery. Eine Querstraße weiter in nördlicher Richtung war auf der Ostseite der Bowery ein Parkplatz. Ich sah Accinellis Wagen nicht, als ich daran vorbeifuhr, aber laut Sender musste er dort sein.
Ich parkte auf einem anderen Parkplatz drei Blocks nördlich der Houston Street und ging zurück die Bowery hinunter, die Wollmütze tief im Gesicht, die Sonnenbrille aufgesetzt. Dichter Verkehr wälzte sich in beide Richtungen, man hörte Motoren und Reifen auf Asphalt, und die Geräusche waren irgendwie verstärkt, verdichtet durch das dumpfe Hintergrunddröhnen der Großstadt. Ein Stück weiter vorne drückte jemand auf die Hupe, und drei Hupen antworteten, wie zu einem bizarren Balzruf. Ein Lkw setzte rückwärts an eine Verladerampe auf der 1st Street. Der warnende Piepton, den er dabei machte, war so laut und unaufhörlich, als sollte er ganz Manhattan alarmieren. Zwei Männer standen dahinter und halfen dem Fahrer beim Rangieren.
Ich verlangsamte meine Schritte, als ich den Parkplatz erreichte. Ein Kassenhäuschen an der Einfahrt war mit einem Mann besetzt. Hinter ihm befanden sich acht Fünferreihen mit Autos, die Stoßstange an Stoßstange parkten. Und dann sah ich Accinellis Mercedes als zweiten Wagen von vorne in einer der Reihen.
Die Autos standen dicht an dicht, um den kleinen Parkplatz möglichst optimal auszunutzen. Wenn jemand seinen Wagen abholte, mussten zunächst andere bewegt werden. Das hieß, jeder, der parken wollte, wurde gefragt, wann er wiederkam, damit Kurzparker weiter vorn und Langparker weiter hinten platziert werden konnten. So mussten nicht jedes Mal, wenn ein Kunde zurückkam, Fahrzeuge umgestellt werden. Wo immer Accinelli auch war, er hatte nicht vor, lange zu bleiben.
Ich ging einmal um den Block und überlegte. Hier zuzuschlagen war ausgeschlossen. Zu viele Leute, zu viel Licht, zu wenig Kontrolle über die Umgebung. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn Accinelli in irgendeinem einsam gelegenen Parkhaus geparkt hätte.
Dennoch, es könnte sich als nützlich erweisen zu sehen, aus welcher Richtung er kam, wenn er seinen Wagen abholte. Einen guten Blick auf den Parkplatz hätte ich von beiden Seiten auf der Bowery sowie auch von der Prince aus. Ich sah auf die Uhr und schlenderte gemächlich in einem T-Muster die beiden Straßen entlang. Ich rechnete mir aus, dass ich das gut eine Stunde beibehalten konnte, ehe irgendwer mein Verhalten verdächtig fände. Ich war schließlich in New York. Wenn ich in der Nähe eines hochrangigen Terrorziels gewesen wäre wie beispielsweise dem Time-Warner-Gebäude
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