Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
geschehen war. Das stand fest, ebenso wie feststand, dass diese Versicherung gefährlich werden konnte. Er konnte sich nie ganz sicher fühlen, bis Zarif hinter Gittern saß. Und um dafür zu sorgen, würde er alles einsetzen, was er bekommen hatte.
Er hatte, ohne seine Quelle preiszugeben, bereits begonnen, die Informationen langsam an seine Freunde bei Serious and Organised weiterzugeben, denen er trauen konnte. Die meisten, die daraufhin verhört und verhaftet werden würden, würden natürlich jede Kooperation ablehnen. Aber am Schluss würde einer von ihnen sich doch auf den angebotenen Deal einlassen, damit Arkan Zarif dafür bezahlte, was er getan hatte. So wie es sich gehörte. Ohne dass der Beweis, den Marcus Brooks aus ihm herausgeprügelt hatte, ans Tageslicht kommen würde.
Damit Angela und Robbie Georgiou und Jim Thorne und Gott weiß wie viele andere ein bisschen mehr Frieden finden würden.
Thorne schenkte sich und Louise Wein ein, nahm einen ordentlichen Schluck und schenkte sich noch mal nach.
Weder für Brooks noch für Hakan Kemal stand schon ein Gerichtstermin fest, aber in keinem der beiden Fälle schien die Verteidigung oder die Staatsanwaltschaft besonders in Eile zu sein. Und da bei beiden das Urteil so gut wie feststand, war es auch unwahrscheinlich, dass Sam Karim bei einem davon über Wetten Buch führte.
Zwei Angeklagte, die wegen Mordes vor Gericht standen, aber nur einer, der sich ernsthaft Gedanken über das Urteil machte.
Thorne hatte viele Stunden damit verbracht, seinen Hauptverdächtigen nach der Verhaftung zu befragen. Er wusste, dass es Marcus Brooks nicht störte, ins Gefängnis zu gehen. Dass das vielleicht die einzige Zukunft war, die für ihn einen Sinn ergab. Thorne konnte sich nur an wenige Fälle erinnern, die ihn derart beschäftigt und verwirrt hatten. Andererseits konnte er sich auch nicht an viele erinnern, die sich mit so wenig Aufhebens hatten entwirren lassen.
Jetzt hatte ihn der ungewöhnlich angenehme Arbeitstrott wieder - die Prozesse mussten vorbereitet werden, außerdem hatte er drei neue Mordfälle am Hals. Er arbeitete wieder.
Eileen hatte er gesagt, er würde mit Louise gerne am zweiten Weihnachtsfeiertag kommen, falls ihr das recht sei.
Den fehlenden Turnschuh hatte er immer noch nicht abgegeben, wie er es Anthony Yashere eigentlich versprochen hatte.
Thorne nahm sein Glas und ging in die Küche, während Emmylous Stimme sich triumphierend aufschwang über ein Meer aus Gitarren und Neil Youngs klagende Mundharmonika und erzählte, was wir verlieren, wenn wir diese ach so schöne Welt verlassen.
Er sah Louise kurz beim Kochen zu, trank einen Schluck Wein und sagte: »Ich finde die Idee nicht total blöd.«
»Ich weiß.«
»Ich kann nur nicht versprechen, dass ich mich dafür eigne.«
Sie nickte, ohne sich umzudrehen oder eine Pause beim Rühren einzulegen.
»Dazu kommt die Sache mit dem Alter«, sagte er. »Bis die Kinder Teenager wären, wäre ich knapp sechzig. Und am Arsch.« Noch ein Schluck. »Ich bin jetzt schon am Arsch.«
»Niemand widerspricht dir.«
»Solang dir das klar ist.«
Jetzt erst drehte sie sich um, legte den Kochlöffel beiseite und lehnte sich gegen die Arbeitsfläche. »Pass auf, ich weiß, dass du dich für unfähig hältst und glaubst, du hättest nicht die nötige Geduld und so weiter, aber das stört mich nicht wirklich. Außerdem bin ich überzeugt, dass du nie sechzig wirst, also zerbrich dir deshalb nicht den Kopf.« Sie trat auf ihn zu. »Die Seite von dir, die noch immer an deinem alten Herrn hängt, die fix und fertig ist, wenn du mir davon erzählst, die interessiert mich. Deshalb bin ich mir sicher, dass du das kannst. Sehr, sehr gut kannst …«
Noch ein Schritt, und er breitete die Arme aus, als sie bei ihm war. Nur ein paar Sekunden, dann befreite sie sich aus seiner Umarmung und ging zurück zu ihrer Soße, damit die nicht kochte.
Thorne sah ihr zu, wie sie das Wasser heiß machte und Salz hineingab, um die Nudeln zu kochen.
Es gibt noch andere Seiten, dachte er.
Epilog
Es gab nicht viele Gefangene im Hochsicherheitstrakt, daher traten zur Essensausgabe nicht mehr als sechzig Männer an. Es ging also bestimmt geordneter zu als in anderen Trakten. Doch wie lange die Schlange vor der Ausgabe auch war, Nicklin wollte immer der Erste sein.
Er hasste es zu warten, dabei zuzusehen, wenn andere vor ihm etwas bekamen. Dann hatte er das Gefühl, dass sie mehr bekamen, als ihnen zustand, dass er, wenn er
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