Tore in der Wüste
auch immer, Sie werden mir nun schön erzählen, wer den Stein augenblicklich hat und wer noch in diese Sache verstrickt ist. Merken Sie sich eines gut: Sie haben nichts davon, wenn Sie tot sind. Und diese Möglichkeit ist momentan ziemlich groß.“
„Sie machen einen Fehler“, sagte Hal.
„Nein. Sie haben einen gemacht, und nun müssen Unschuldige dafür leiden.“
„Was meinen Sie damit?“ fragte Hal.
„Das werden Sie gleich merken“, antwortete er. Dann: „Bleiben Sie dort stehen.“ Er deutete uns unseren Platz an. „Bewegen Sie sich nicht. Jamie, erschieß sie, sollten sie es doch tun.“
Wir blieben dort stehen, wo er hingezeigt hatte, direkt gegenüber von Mary. Er ging wieder zurück, bis er rechts neben ihr stand. Jamie ging an ihre linke Seite und blieb dort stehen.
„Was ist mit Ihnen, Fred?“ fragte Zeemeister. „Erinnern Sie sich an etwas, an das Sie sich in Australien nicht erinnerten? Vielleicht etwas, was Sie bisher nicht einmal dem armen Hal gesagt haben? Etwas, das seine Frau davor bewahren könnte, zu … Nun …“
Er holte eine Rundzange aus seiner Tasche und legte sie neben ihre Kaffeetasse. Hal sah mich an. Sie warteten darauf, daß ich etwas sagte, etwas tat. Ich sah zum Fenster hinaus und suchte weiter nach Toren in der Wüste.
Die Erscheinung kam leise aus dem dahinter liegenden Zimmer geschlichen. Hals Gesicht mußte ihnen den ersten Hinweis gegeben haben, denn ich hielt meines ganz sicher unter Kontrolle. Aber das war nebensächlich, denn sie sprach bereits, als Zeemeister den Kopf umdrehte.
„Nein!“ rief sie. Und: „Keine Bewegung! Laß das, Jamie! Eine einzige verdammte Bewegung mit der Waffe, dann werde ich dich in eine Statue von Henry Moore verwandeln! Bleibt einfach stehen!“
Es war Paul Byler. Er trug einen dunklen Mantel, sein Gesicht war hagerer und wies ein paar Kratzer mehr auf. Aber seine Hand war ruhig wie immer, er hatte eine 45er auf Zeemeister gerichtet. Der bewegte sich keinen Millimeter. Jamie wirkte unentschlossen, er sah zu Zeemeister hinüber, als erwarte er Instruktionen.
Ich seufzte, meine sämtlichen Gefühle drifteten in Richtung Erleichterung. In fairen Situationen sollte es immer einen Ausweg gegen. Den schienen wir dieses Mal wieder gefunden zu haben, wenn nur …
Da geschah die Katastrophe!
Die Netze, Reusen und Seile über uns gerieten in Bewegung, schabend und raschelnd fielen sie auf Paul herab. Er warf den Kopf hoch, seine Hand zitterte, in diesem Moment riß Jamie seine Waffe aus dem Gürtel. Er richtete sie auf Paul. Der war mit den Netzen beschäftigt.
Reflexe, die ich normalerweise vergesse, wenn ich meinen Verstand beisammen habe, ließen mich eine Entscheidung treffen, für die ich keine Verantwortung übernehmen möchte. Wäre zusätzlich zu meinen Nerven auch noch der Verstand eingeschaltet gewesen, dann hätte ich mich gehütet, einen Mann mit einer Waffe anzuspringen.
Aber das würde doch die Situation wieder zu unseren Gunsten entscheiden oder nicht? In den Krimiserien der populären Unterhaltung ist das jedenfalls immer so.
Mit ausgestreckten Armen sprang ich Jamie an.
Seine Hand zitterte einen unentschlossenen Moment lang, dann schwang er die Pistole in meine Richtung und feuerte.
Meine Brust explodierte, die Welt kippte unter mir weg.
Soviel zur populären Unterhaltung.
9
Manchmal ist es gut, periodische Ruhepausen einzulegen und über die Vorzüge, die das moderne Ausbildungssystem mit sich bringt, nachzudenken.
Ich glaube man kann alles auf meinen Schutzpatron, President Eliot von Harvard, zurückführen, der im Jahre 1870 den Einfall hatte, daß es von Vorteil sein könnte, die akademische Zwangsjacke ein wenig lockerer zu schnallen. Das hatte er getan, zudem hatte er vergessen, die Tür wieder hinter sich zu schließen, als er den Raum verlassen hatte. Nahezu dreizehn Jahre lang hatte ich ihm regelmäßig mit Dankbarkeitsbezeigungen gehuldigt, wenn ich den Briefkasten geöffnet hatte, der meinen monatlichen Scheck enthielt. Er war derjenige gewesen, der das Auswahlverfahren eingeführt hatte, das zu damaligen Zeit den Weg zur freien Studienwahl geebnet hatte. Und wie immer blieb die Entwicklung natürlich nicht dabei stehen. Sie führte schließlich dazu, daß es mir heute ermöglicht wurde, dem Stern des Wissens in immer wieder neue Regionen der Wissenschaft zu folgen und immer wieder neue, andere Fächer zu studieren. Mit anderen Worten, wäre er nicht gewesen, dann hätte ich wohl nie
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