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Totenpfad

Totenpfad

Titel: Totenpfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths , Tanja Handels
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Einen schönen Tag noch.»
    «Wiedersehen», fügt Ruth leise hinzu. Cathbad schenkt ihr keine Beachtung.
    Mit knirschenden Schritten gehen Ruth und Nelson über den Kies davon. Auf der Hafenmauer sitzen immer noch die beiden Fischer. Die Flut hat eingesetzt und bringt den berauschenden Geruch des Meeres und einen Schwarm rufender und kreischender Möwen mit sich.
    «Und?», sagt Nelson schließlich. «Was halten Sie von ihm?»
    «Ich kann immer noch nicht fassen, dass er an der Universität arbeitet.»
    «Warum denn nicht? Da wimmelt es schließlich nur so von Spinnern.»
    Ruth weiß nicht recht, ob das ein Scherz sein soll. «Es ist einfach nur   … wenn Erik das gewusst hat   … Er hat mir nie davon erzählt.»
    Nelson mustert sie. «Stehen Sie sich denn nahe, Sie und dieser Erik?»
    «Ja», antwortet Ruth entschieden.
    «Er kommt demnächst nach England, oder?»
    «Ja, nächste Woche.»
    «Ich freue mich schon, ihn kennenzulernen.»
    Ruth lächelt. «Das Gleiche hat er auch gesagt.»
    Nelson grunzt skeptisch. Inzwischen sind sie fast bei den Autos angekommen, die noch auf trockenem Boden stehen, während ein paar glücklosere Wagen, die weiter unten geparkt haben, bereits von Wellen umspült werden.
    «Deren Federung dürfte dann wohl im Eimer sein», bemerkt Nelson.
    «Was war mit seiner Schrift?», fragt Ruth. Statt einer Antwort reicht Nelson ihr das Blatt. Ein handgeschriebenes Gedicht mit dem Titel «Loblied auf James Agar».
    «Wer ist James Agar?», fragt sie.
    «So ein Schwein von Polizistenmörder.»
    «Oh.» Ruth begreift, warum Cathbad gerade dieses Blatt ausgewählt hat. Sie überfliegt die Zeilen. Die Handschrift ist schwungvoll und verschnörkelt und ganz anders als die Schrift aus den Lucy-Downey-Briefen.
    «Es ist nicht dieselbe Schrift», sagt sie.
    «Damit ist er aber noch lange nicht aus dem Schneider.»
    «Dann verdächtigen Sie ihn also?»
    Nelson hält inne, eine Hand an der Fahrertür seines Wagens. «Ich will ihn zumindest nicht ausschließen», sagt er. «Der Typ kommt mir zwielichtig vor. Er war zum richtigen Zeitpunkt in der Gegend, er kennt sich mit diesem ganzen Mystik-Mist aus. Außerdem ist er gerissen und hat mit Sicherheit was zu verbergen. Warum war der Aktenschrank sonst abgeschlossen? Da würde ich gern nochmal mit einem Durchsuchungsbeschluss vorbeischauen.»
    «Werden Sie denn einen bekommen?»
    «Vermutlich nicht. Er hat schon recht, wenn er sagt, dass ich nichts gegen ihn in der Hand habe. Ich sage ja, er ist ganz schön gerissen.»
    Ruth weiß nicht recht, warum, doch sie sagt: «Erik meinte, er hätte magische Kräfte.»
    Diesmal lacht Nelson laut auf. «Magische Kräfte! Ein ordentlicher Tritt in den Arsch wird ihm seine Magie schon austreiben.» Er steigt in den Wagen, hält aber noch einmal inne, bevor er den Schlüssel ins Zündschloss steckt. «Wobei», sagt er, «mit einem hat er schon recht gehabt. Ich bin tatsächlich Skorpion.»

9
    Als Ruth in die New Road einbiegt, sieht sie schon von weitem den vertrauten roten Sportwagen vor ihrem Häuschen stehen. Shona verkündet gern und oft, ihr Auto sei ein Penisersatz und mindestens so unzuverlässig wie das Original. Sie haben sich seit Weihnachten nicht mehr gesehen, und Ruth ist gespannt, was für neue Liebesdramen Shona wohl zu berichten hat. Sie hat großen Spaß an Shonas Liebesleben – aus sicherer Entfernung, versteht sich. Sie selbst würde kein solches Leben führen wollen, genauso wenig wie sie einen knallroten Mazda fahren würde. Nicht, dass sie wirklich die Wahl gehabt hätte. Sie parkt hinter Shonas Wagen, dessen Nummernschild FAB 1 lautet.
    Shona steht, in einen Schaffellmantel gemummelt, am Rand des Salzmoors und schaut in die Ferne. Über dem Meer ziehen bedrohliche dunkle Wolken auf. Schatten jagen über das Watt, die Möwen fliegen Richtung Land: ein klarer Hinweis, dass ein Unwetter bevorsteht.
    «Großer Gott, Ruth», sagt Shona. «Ich weiß wirklich nicht, wie du es hier aushältst. Das ist doch gruselig.»
    «Mir gefällt’s», sagt Ruth nachsichtig. «Ich habe eben gern freie Sicht auf den Horizont.»
    «Keine Leute, keine Läden, keine italienischen Restaurants.» Shona schüttelt sich. «Also, für mich wäre das nichts.»
    «Stimmt», sagt Ruth. «Hast du Hunger?»
    Drinnen begrüßt Flint sie überschwänglich. Ruth geht in die Küche und richtet Käse, Pastete und Salami auf einem großen Teller an. Shona setzt sich an den Tisch am Fenster und fängt an zu reden.
    «Ich mache Schluss

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