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Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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nicht gesehen. Ist das hier das Hotel PineShadows?«
    Er suchte also keine Arbeit. »Ja«, antwortete sie. »Unser Schild wurde leider gestern von einem Auto umgerissen. Es war am Pfosten vor dem Tor. Wir haben noch keine Zeit gefunden, es wieder aufzurichten.«
    Der Neger zog seine Brieftasche heraus, entnahm ihr eine kleine weiße Karte und legte sie auf den Empfangstisch. Sie blickte darauf nieder, und plötzlich begannen sich ihre Gedanken zu überschlagen. Er kam von der Polizei in Pasadena, doch Pasadena lag viele Kilometer entfernt. Wenn es sich um eine Angelegenheit handelte, die mit dem Hotel zu tun hatte, dann war der Sheriff zuständig. Blieb also nur die Annahme, daß er für irgendeinen wohltätigen Zweck sammeln wollte, der von der Polizei unterstützt wurde. Aber dann machte sich die Polizei von Pasadena wirklich allerhand Mühe. Ihr kam der Gedanke, daß man vielleicht mit Absicht einen Neger geschickt hatte, um eine Ablehnung zu erschweren. Sie wollte ihm einen Dollar geben und die Sache dabei bewenden lassen.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr. Tibbs?« fragte sie höflich.
    »Ich hätte Ihnen gern einige Fragen gestellt, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, versetzte er. »Würden Sie mir Ihren Namen nennen?«
    Das Mädchen wurde unruhig. Ihre Vermutung war offensichtlich falsch gewesen. Jetzt wußte sie überhaupt nicht, was sie zu erwarten hatte. Sie gehörte zu den Menschen, die gern überlegt handeln und die Dinge der Reihe nach erledigen.
    »Mein Name ist Ellen Boardman.« Damit war seine Frage beantwortet.
    Er warf einen Blick auf ihre linke Hand, an der sie keinen Schmuck trug. »Sind Sie eine Angestellte des Hotels, Miss Boardman?« Seine Stimme war höflich, doch die Frage paßte ihr nicht, sie schien ihr ein Eingriff in ihr Privatleben.
    »So könnte man es nennen. Das Hotel gehört meinen Eltern. Ich bin während ihrer Abwesenheit dafür verantwortlich.«
    Er spürte die Zurückhaltung und Kühle in ihrer Stimme. »Miss Boardman, der Fall, den ich gegenwärtig bearbeite, ist recht ernst. Es besteht nur eine geringe Chance, daß er Sie oder das Hotel betrifft, doch ich darf sie nicht außer acht lassen.«
    Ihre erste Reaktion kam beinahe als Reflex: Wenn die Sache so ernst war, warum schickte man dann einen Neger? Erst dann begriff sie die ganze Tragweite seiner Worte und spürte Angst aufsteigen.
    »Was ist geschehen?« fragte sie. »Meinen Eltern ist doch nichts passiert?« Ihre Stimme verlor die Ruhe, wurde hörbar gepreßt. »Ist ein Unfall geschehen?«
    »Ich glaube nicht, daß es Ihre Eltern betrifft«, entgegnete er rasch.
    Er hielt inne und ließ ihr Zeit, sich zu fassen. Sie senkte die Lider und sah, daß ihre Hände zu Fäusten geballt waren. Mit Anstrengung entspannte sie sie und legte sie auf die Tischplatte. Dann blickte sie auf, zum Zeichen, daß er fortfahren konnte.
    »Gestern, glaube ich, war ein Polizeibeamter hier, um festzustellen, ob bei Ihnen eine Zimmerbestellung vorlag, die nicht ausgenutzt wurde. Sie erwähnten in diesem Zusammenhang einen Verwandten, wenn ich nicht irre.«
    Jetzt wurde ihr klar, worum es ging, und sie ärgerte sich über ihre Gesprächigkeit. Sie hob die Hand und strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Hoffentlich sind Sie nicht deshalb von so weit her gekommen. Das täte mir leid«, antwortete sie.
    »Bitte, sagen Sie mir, wen Sie erwarten«, verlangte Tibbs.
    Am liebsten hätte sie sich wieder in ihr Zimmer zurückgezogen, doch jetzt blieb ihr keine Wahl mehr. »Ich sprach von Onkel Albert«, erklärte sie, noch immer ärgerlich über sich selbst. »Er ist der Bruder meiner Mutter. Jeden Sommer kommt er zu uns zu Besuch.«
    »Wie alt ist er?« fragte Tibbs.
    »Zweiundfünfzig. «
    »Können Sie ihn beschreiben?«
    Eine düstere Ahnung, die die ganze Zeit in ihrem Unterbewußtsein gelauert hatte, begann sie zu bedrängen. Sie dachte nach, ehe sie antwortete. »Oh, er ist ungefähr einsachtundsiebzig groß, kräftig, nicht dick, aber gut genährt. Er wird etwa fünfundsiebzig Kilo wiegen. Aber das ist nur eine Schätzung. Ich habe ihn jetzt ein Jahr lang nicht gesehen.«
    Tibbs nickte. »Können Sie mir etwas über seine Sehkraft sagen?«
    »Seine… oh, er trägt eine Brille. Seit Jahren schon«, berichtete sie. »Es liegt eigentlich nur an einem Auge. Da hat er sich vor vielen Jahren im Labor eine Verletzung zugezogen.« Sie überlegte. »Aber vielleicht trägt er jetzt gar keine Brille mehr«, fügte sie dann hinzu. »Er schrieb uns vor ein paar

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