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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Später, später würde ich die Kraft oder ausreichend suizidale Energie haben, mich mit dem Inhalt zu beschäftigen, sprich das Puzzle aus dünnen Streifen, die mit der Tinte des Knipsers besudelt waren, mit Tesafilm wieder zu einem lesbaren Ganzen zusammenzukleben. Ich könnte mich aber auch genauso gut entschließen, nicht wissen zu wollen, was in dem Brief stand. Egal was drin stand – es würde mir nicht gefallen.
    Erschöpft setzte ich mich auf die Bettkante. Und dann traf es mich wie ein Keulenschlag: Was, wenn alles, was ich mir hier zusammenfantasiere, wirklich wahr ist? Tatsache: Es werden alte Menschen umgebracht. Es werden alte Menschen umgebracht, offenbar von Leuten, mit denen ich in direktem Kontakt stehe. Und nicht nur das – ich werde sogar von ihnen bezahlt! Was, wenn, auf welche Weise auch immer, Versicherungen manipuliert werden? Dann, ja dann ist es allerhöchste Eisenbahn, was zu unternehmen, anstatt mit Matti und Wilma rumzuschwadronieren und Blaschkes Aftershave zu bewundern.
    Was hätte denn eine meiner schlauen Drehbuchheldinnen in dieser Situation getan? Eben, das war ja das Elend. Es fiel mir nicht ein. Das war der große Unterschied zu früher. Nicht ich hatte die Story – die Story hatte mich! Und diese Erkenntnis war so fies wie eine Kakerlake, die einem das Hosenbein hochkrabbelt.
    Wo war eigentlich Dr. Thoma, wenn man ihn brauchte? Ich sehnte mich jetzt nach seiner Gesellschaft. Ich wollte mit meinen Gedanken nicht alleine sein. Außerdem bekam ich Kopfschmerzen. Ich öffnete das Fenster und rief leise nach ihm. Aber der Kater blieb aus. Vielleicht gab es in der Nachbarschaft irgendwo Gänsebraten. Da konnte ich mit meinem schweren Kopf, einem blöden gelben Kuschelkissen und Aldi-Fleischsalat natürlich nicht mithalten.
    Ich schaute mir das Kissen genauer an. Versuchsweise hielt ich es mir vors Gesicht. Ähhhhh. Ich bekam wirklich kaum Luft. Testweise drückte ich noch ein bisschen heftiger. Unheimlich. Es kam überhaupt keine Luft durch. Maggie, hör mit diesen Selbstversuchen auf. Geh schlafen. Angewidert warf ich das Kissen in die entfernteste Ecke des Zimmers. Trotzdem gruselte es mich bei dem Anblick. Maggie, es ist ein unschuldiges gelbes Daunenkissen, versuchte ich mich zu beruhigen. Es tut dir doch nichts.
    Irrational hin oder her. Ich wollte es nicht in meiner Nähe haben. Ich legte es in den Hausflur und drehte den Schlüssel zweimal um. Für mich stand völlig außer Frage, dass unbelebte Gegenstände trotzdem ein Eigenleben hatten. Egal, ob das physikalisch, technisch oder von sonst einer Wissenschaft verneint wurde. Meine Oma hatte das auch immer gesagt.
    Als ich endlich im Bett lag, wurde mir übel. Wahrscheinlich von den Schokostreuseln, die in meinem Magen gerade ein spezielles Eigenleben mit dem Eierlikör entwickelten.

20
    Am Morgen erwachte ich mit dem tröstlichen Gedanken, dass ganz bald und endlich, endlich fünf freie Tage am Stück in Sicht waren. Zweimal werden wir noch wach, heissa, dann ist Weihnachtstag. Aber was sollte ich bloß mit insgesamt fünf freien Tagen anfangen, fragte ich mich im selben Atemzug. Am Feiertags-Horizont war nichts zu sehen: keine Aufgaben, keine Einladungen, nichts. Noch nicht einmal ein Piratenschiff war in Sicht.
    Die Wohnung würde ich in knapp einer Stunde komplett geputzt haben. Die Waschmaschine lief von selbst. Den Einkauf würde ich wie immer auf den letzten Drücker, Heiligabend-Morgen, erledigt haben, und dann? Endlose Stunden fernsehen, bis die Augen viereckig sind.
    Mir war im Traum auch keine Idee gekommen, wie ich denn nun weiter recherchieren sollte. Ich musste einfach auf eine Eingebung oder eine Entwicklung hoffen, die mir weitere Möglichkeiten eröffnen würde. Blieb also nur, mit offenen Augen und Ohren abzuwarten.
    Wie wenig wusste ich doch von Weihnachtswundern.
    Das erste Weihnachtswunder lag in meinem Postkasten. Ein kleiner Brief mit einem Anhängsel in Form eines kleinen bunten Weihnachtsengels. Seit wann kannte ich jemanden, der auf Erzgebirge-Kitsch stand?
    Der Brief war von Blaschke. Während ich zu meinem Wagen ging, schnüffelte ich an dem Kuvert. Halston und Himbeere?
    Über Nacht hatte es einen Temperaturanstieg gegeben, der Schnee war geschmolzen, und mein Opel lachte mich in seiner ganzen dreckigen Pracht an. Und ich fiel auf sein Lächeln herein. Der Schlüssel drehte sich im Schloss, aber die Tür ließ sich nicht bewegen. Mit einem Bein stützte ich mich am Türholm ab, zählte bis drei

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