totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)
Kosten noch ein paar Freunde in Wien anrufen.
Nachdem Schwester Beate Zigarren und Zigaretten zum Kaffee genehmigt hatte, lehnte sich Kostnitz genüsslich zurück und sagte ohne Vorwarnung: »Ich weiß übrigens, wie sie es machen.«
»Was machen?«
»Ich sage Ihnen nur soviel: Halten Sie sich aus der Geschichte raus.«
»Vor kurzem sollte ich doch noch den Safe bei Sommer knacken! Woher der Sinneswandel? Sagen Sie schon, vor allem, wer macht was?«
»Kindchen, das ist nix für Sie. Ehrlich. Lassen Sie die Finger davon. Ich klär’ das mit Blaschke. Das ist die Polizei, wissen Sie. Und Sie, Sie sind ab morgen krank geschrieben und suchen sich nach Neujahr einen neuen Job.«
»Na toll«, sagte ich, »na toll. Ich habe auch jede Menge rausgefunden. Ich habe sogar heute mit Kathmandu telefoniert. Aber das will ja immer keiner hören.«
Ich wollte den bis jetzt gelungenen Abend nicht vermasseln, aber so ganz ohne Diskussion waren wir wohl nicht glücklich.
»Kathmandu?«, fragte er verständnislos.
»Also, ich zuerst«, preschte ich los. Kostnitz schaute mich erwartungsvoll und amüsiert an.
»Na gut, Frau Abendroth, Sie zuerst. Weil Weihnachten ist.«
Dem würde das Grinsen noch vergehen.
»Also, Bartholomae schließt mit den Leuten Versicherungen ab. So genannte Sterbeversicherungen, zur Deckung der Beerdigungskosten. Sommer macht eine Vorsorgevereinbarung. Wenn die Leute dann gestorben sind, macht er aber nicht das, was die Leute ihm in die Feder diktiert haben. Er macht nur das Billigste. Den Rest teilt er sich mit Bartholomae, weil der die Kohle von der Versicherung bekommt. Er ist der rechtmäßige Nutznießer, sprich der Erbe dieser Policen. Und: Solange es keine Angehörigen gibt, beschwert sich auch keiner. Na, was sagen Sie dazu?«
»Ich ziehe meinen Hut vor Ihnen, Margret.«
»Danke für die Blumen, aber auf was warten wir dann noch? Ich habe Papiere zu Hause, die zumindest einen Teil der Geschichte belegen. Wenn ich an den Safe rankäme, könnte ich bestimmt mehr finden.«
Ich erzählte ihm noch, was er über die Geschichte mit Matti wissen musste, von Frau Becker und was ich bei der Versicherung in Erfahrung gebracht hatte.
»Immer mit der Ruhe. Ich sagte, Sie sind ab morgen krank geschrieben. Nicht vergessen. Und wir, Blaschke und ich, kümmern uns um die Toten. Zwischen Weihnachten und Neujahr wird meine Frau exhumiert. Sonderbeschluss. Vielleicht können die Leichenfledderer von der Gerichtsmedizin doch noch was feststellen. Dann wissen wir, ob es sich nur um ein mieses Gekungel zwischen Sommer und Bartholomae oder aber um Mord handelt.«
»Sie sind ja verrückt.«
»Und Sie? Schnüffeln laienhaft hinter irgendwelchen Leuten her, ohne zu wissen, was Sie sich da einhandeln. Telefonieren mit Kathmandu, um rauszufinden, ob die Füllung mitgeliefert wird.«
»Ja und? Sie wird nicht mitgeliefert. Bartholomae macht das hier mit dem Plastik im Kissen, und zwar absichtlich. Und Sie? Darf ich mal raten? Sie haben sich wahrscheinlich schon längst Bartholomae ins Haus geladen, um so einen Vertrag zu unterschreiben. Habe ich Recht?« Er nickte.
»Und dann haben Sie sich angestellt, als wären Sie kurz vorm Exitus und haben ganz genau aufgepasst, was er Ihnen an Formularen hinschiebt.«
Wieder lachte er und nickte: »Blankoformulare. So einfach, aber so gemein.«
Plötzlich wurde er ganz ernst. »Dieses Arschloch schiebt den Leuten das einfach unter. ‚Unterschreiben Sie bitte hier, hier und hier.‘ Vorher redet er mit dir stundenlang über die tollste Beerdigung des Jahres, bis du leuchtende Augen kriegst. Dann unterschreibst du eine Versicherungspolice über Dreißigtausend. Dann erzählt er dir, dass du dir keine Sorgen machen musst, denn die bestellte Beerdigung wird dem lieben Herrn Sommer laut Rechnungsstellung bezahlt.«
»Meine Fresse!«, entfuhr es mir. Ich fühlte mich wie von einer Dampfwalze überfahren. Es ist eine Sache, eine Hypothese aufzustellen, eine andere, wenn sie durch Augenzeugen komplett bestätigt wird. Aus meinem Gedankenspielchen war plötzlich bitterer Ernst geworden.
»Brauchen die denn keine Zeugen für so was? Zweite Unterschrift, Willenserklärung, irgendwas?«, fragte ich Kostnitz.
»Nee. Aber Moment, Moment«, er nahm sich eine neue Zigarre aus dem Humidor und knipste das Ende ab, »das wäre bis hierher nur Betrug an einem Kunden, der sich nicht mehr wehren kann. Aber: Die beiden sauberen Herren können nicht abwarten, bis jemand von selbst geht, das
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