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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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direkt ins Gesicht.
    Ein knappes Nicken.

    Es war so weit.
    Ich umklammerte den Stiel meiner Schaufel, sodass meine Knöchel weiß wurden, und wartete auf ein zweites Nicken von Alex. Wir hatten nichts abgesprochen, keinen Plan entwickelt. Doch ich wusste, dass das erste Nicken die Vorwarnung gewesen war; das Signal, dass ich mich bereithalten sollte.
    Beim nächsten Zeichen würden wir losschlagen.
    Links von mir tauchte die Frau wieder auf, die Augen auf ein Mädchen gerichtet, das unmittelbar neben mir arbeitete. Knapp zwei Meter von mir entfernt blieb sie stehen. Eine plötzliche Windbö jagte den Hügel hinauf und wehte ihr die Kapuze vom Kopf.
    Evelyn.
    Aus dem Augenwinkel musste sie registriert haben, dass ich sie beobachtete. Sie drehte sich zu mir herum, und ihre Augen verengten sich. Dann wurde ihr klar, wer sich unter der Kapuze verbarg. Eine Sekunde lang schien sie zu erwägen, mit mir zu diskutieren, unsere frühere Bekanntschaft ins Spiel zu bringen, den Umstand, dass wir uns gut verstanden, zusammen gelacht und uns sogar ein wenig voneinander angezogen gefühlt hatten. Dann aber erinnerte sie sich offenbar, dass sie mir bei unserer letzten Begegnung eine Pistole an den Kopf gehalten und zugelassen hatte, dass man mich in den Wald verschleppte, um mich zu töten.
    »Es tut mir leid, Evelyn«, sagte ich.
    Sie begann, um Hilfe zu rufen.
    Ich schwang meine Schaufel, von der im hohen Bogen Erdkrümel spritzten, und traf sie seitlich am Kopf. Ich spürte die Wucht des Aufpralls durch den Stiel der Schaufel bis in meine Hände. Evelyn taumelte zur Seite, fiel auf die Knie und schließlich vornüber auf den Bauch. Eine Seite ihres Kopfes schlug auf dem rissigen Boden auf.

    Dann war sie still.
    Der Rest der Gruppe blickte auf.
    Alex schaute zwischen mir und den Übrigen hin und her, dann hinunter zur Farm. Er warf seine Schaufel auf den Boden und trat zu Evelyn, die abwechselnd das Bewusstsein zu verlieren und wieder zu sich zu kommen schien. Er durchsuchte ihre Taschen. Schließlich zog er einen Schlüsselring aus ihrer Hosentasche. Daran hingen ein messingfarbener Sicherheitsschlüssel und ein silberner Schlüssel mit blauer Raute, den Alex nahm und mir entgegenstreckte.
    Dann blieb sein Blick an etwas hängen, das sich offenbar hinter mir befand.
    Seine Gesichtszüge fielen in sich zusammen. Er wurde kalkweiß. Seine Muskeln schienen zu erschlaffen. Mit einem Mal wirkte er verängstigt.
    Ich drehte mich um und folgte seinem Blick.
    Mitten in der Gruppe, von Männern und Frauen umgeben, stand Legion und beobachtete uns. Er war genauso gekleidet wie wir, hatte die Kapuze hochgeschlagen, trug aber immer noch seine Maske. In der Hand hielt er eine Maschinenpistole, offenbar eine Heckler & Koch MP7. Schwarz und kompakt. Mit kurzem Lauf. Ich betrachtete die Waffe, dann Legion. Sein Blick war auf Alex gerichtet. Er war die ganze Zeit bei uns gewesen.
    Er schlug die Kapuze zurück.
    »Alex«, sagte er, und es klang beinahe wie ein Flüstern.
    Trotz der Geräusche von Wind und Meer, von denen die spätnachmittägliche Atmosphäre durchdrungen wurde, schien seine Stimme alles andere zu übertönen. Jeder einzelne Buchstabe, der ihm über die Lippen kam, wirkte irgendwie obszön, scharf, rau wie die Nadel auf einer alten Schallplatte.
    Alex hob beide Hände.

    »Wir müssen noch etwas zu Ende bringen, David«, sagte er, ohne mich anzuschauen. Stattdessen starrte er über die erhobene Maschinenpistole hinweg nur Alex an.
    »Nein«, erwiderte ich mit wütender Stimme. Ich griff in meine Hosentasche und zog die Beretta. Ein stechender Schmerz drang mir durch Brust und Rücken. »Wir sind fertig.«
    Endlich schaute er mich an. Ohne den Körper im Geringsten zu bewegen, drehte er den Kopf in meine Richtung. Seine Augen wirkten düster und konzentriert, die hochgezogenen Mundwinkel hinter der Maske schienen ein Lächeln anzudeuten. Für einen Augenblick kam es mir vor, als würde ich die Puppe eines Bauchredners betrachten – als stünde sein Kopf in keinerlei Beziehung zu den Muskeln, Knochen und Sehnen im Rest seines Körpers.
    Legion blickte auf meine Pistole.
    »Wir werden zu Ende bringen, was wir angefangen haben, Kakerlake «, sagte er. Jedes einzelne Wort, jede Silbe schien durch die Luft zwischen uns zu schneiden. »Nimm die Pistole runter, sonst mache ich Hackfleisch aus Alex.«
    »Nehmen Sie die Waffe auf keinen Fall runter, David«, mischte sich Alex ein.
    Ich betrachtete Alex, dann Legion, der mich immer noch

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