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Traeume wie Samt

Traeume wie Samt

Titel: Traeume wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jayne Ann Krentz
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einer Stunde einen Unfall mit seinem neuen Lastwagen.«
    Harry schloß die Augen. »Wie schlimm ist es?«
    »Schlimm. Der Arzt sagt, daß die nächsten Stunden entscheiden.« In Joshs Stimme lag ein verzweifelter, ungläubiger Ton. »Er sagte, möglicherweise übersteht Großvater die Nacht nicht.«
    Harry sah auf seine Uhr. »Ich komme, so schnell ich kann. Gib das Schiff nicht verloren. Leon ist ein zäher alter Vogel.«
    »Eigentlich ist er nicht alt. Noch nicht einmal siebzig, weißt du. Viele Menschen leben weitaus länger.«
    »Beruhige dich, Josh.«
    Josh schwieg. Als er weitersprach, klang seine Stimme beherrscht. »Es gab einen Brand am Unfallort. Genau wie damals, als Dad starb.«
    »Ich bin unterwegs, Junge.«
    »Danke.«
    Harry legte auf. Er sah Molly an. »Tut mir leid. Ich muß nach Hidden Springs. Leon hat es geschafft, seinen neuen Lastwagen zu Schrott zu fahren. Und wie es seine Art ist, hat er dabei ganze Arbeit geleistet.«
    »Ich komme mit«, sagte Molly.
    Harry war über seine Reaktion auf ihr Angebot verblüfft. Er hatte sich so daran gewöhnt, die Familienkrisen der Trevelyans und Strattons allein zu meistern, daß er das Gefühl der Erleichterung in sich nicht gleich wahrnahm.
    Molly stand in der Nähe des Fensters im Krankenzimmer und hörte auf das Piepen, Summen und Klingeln der Maschinen, die Leons Lebensfunktionen in Gang hielten. Leon nahm ihre Gegenwart nicht wahr. Seine Aufmerksamkeit galt seinen Schmerzen und Harry.
    Nur Harry saß an Leons Bett. Eine Ansammlung von Trevelyans, einschließlich Josh und Evangeline, hielt sich im Warteraum am anderen Ende des Korridors auf. Die Krankenschwester hatte nicht erlaubt, daß alle zusammen in Leons Zimmer kamen. Als sie vor kurzem das Krankenhaus betreten hatten, war Molly aufgefallen, daß die gesamte Familie Harry auf eigentümliche Art angesehen hatte. Alle schienen zu erwarten, daß er sich um die Situation kümmerte. Und genau das tat er auf subtile, aber unmißverständliche Weise.
    Als erstes unterhielt er sich leise mit dem Arzt. Dann kündigte er an, für einige Minuten mit Leon zu sprechen. Molly wollte sich auf den Stuhl neben Josh setzen, aber Harry sah sie an. Sie verstand sofort. Er bat sie, ihn in das Krankenzimmer zu begleiten.
    »Nun, Leon, diesmal hättest du es beinahe geschafft, was?« sagte Harry leise.
    »Mist. Wer hat dich hergeholt, Harry?« Leons Stimme rasselte kehlig. »Ich brauche dich hier nicht.«
    »Glaub mir, es gibt eine Menge Orte, an denen ich lieber wäre.«
    »Das gleiche gilt für mich.« Leon schwieg, um Kraft zu sammeln. »Wo ist Josh?«
    »Draußen im Warteraum.«
    »Schick ihn wieder herein, verdammt.«
    »Das werde ich. In ein paar Minuten. Zuerst müssen wir über etwas reden.«
    »Warum?«
    »Ich habe mit der Polizei gesprochen«, sagte Harry. »Sie sagten, du hättest den Laster um einen Baum gewickelt. Es regnete, und laut Unfallbericht bist du für die unsicheren Straßenverhältnisse zu schnell gefahren.«
    »Mistkerl«, murmelte Leon. »Ich liege hier im Sterben, und du versuchst mir eine deiner verdammten Sicherheitslektionen zu erteilen.«
    Molly sah, daß Harrys Kinn sich straffte, während sein Gesichtsausdruck unverändert blieb. In diesem Augenblick wußte sie, daß er ein bestimmtes Ziel verfolgte und alles tat, was dazu nötig war.
    »Keine Lektion«, sagte Harry. »Ich möchte einen Handel mit dir abschließen. Versteh mich nicht falsch. Ich denke, du wirst die Sache höchstwahrscheinlich überstehen. Weiß Gott, wie du es wieder geschafft hast.«
    »Die berühmten Reflexe der Trevelyans«, flüsterte Leon heiser.
    »Richtig. Die Reflexe. Doch für den Fall, daß du diesmal nicht durchkommst, solltest du etwas wissen.«
    Leon öffnete ein Auge und blinzelte zu Harry hinauf. »Was?«
    »Erwarte nicht von mir, daß ich nach deinem Tod dein Heldenimage bei Josh aufpoliere. Nicht, wenn wir hier zu keinem Einverständnis kommen.«
    »Verdammt, Josh ist mein Enkel. Er ist alles, was ich noch besitze.«
    »Ich weiß. Aber wenn du dich nicht auf meine Bedingungen einläßt, werde ich ihm alles sagen, Leon.«
    »Du bist ein verdammter Erpresser.«
    »Seit Jahren erpressen wir beide uns gegenseitig, Leon.«
    »Blödsinn.« Leon sog den Atem ein. »Es war ein Spiel mit gezinkten Karten. Du hattest immer das Gewinnerblatt.«
    »Noch ein Handel, Leon. Und du kannst in Joshs Augen als Held sterben. Natürlich hätte er dich lieber lebendig, aber das liegt bei dir.«
    »Verdammt, was willst du von

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