Ueber Deutschland
ist das höchste Kleinod mein Gedächtniß.
Nimm dieses Tuch! Ich hab's mit eigner Hand
Für dich gestickt in meines Kummers Stunden,
Und meine heißen Thränen eingewoben.
Mit diesem Tuch wirst du die Augen mir verbinden,
Wenn es so weit ist – diesen letzten Dienst
Wünsch' ich von meiner Hanna zu empfangen.
Endlich ruft sie:
Kommt alle!
Kommt und empfangt mein Lebewohl!
reicht allen die Hand, und spricht:
Leb' wohl, Margretha – Alix, lebe wohl –
Dank Burgoyn, für eure treuen Dienste –
Dein Mund brennt heiß, Gertrude – Ich bin viel
Gehasset worden, doch auch viel geliebt!
Ein edler Mann beglücke meine Gertrud,
Denn Liebe fordert dieses glüh'nde Herz –
Bertha! du hast das beste Theil erwählt,
Die keusche Braut des Himmels willst du werden!
O eile, dein Gelübde zu vollziehn!
Betrüglich sind die Güter dieser Erden,
Das lern' an deiner Königin! – Nichts weiter!
Lebt wohl! Lebt wohl! Lebt ewig wohl!
Im folgenden Auftritt bleibt Maria allein mit Melvil. Dieser Auftritt ist von unbeschreiblicher Wirkung obschon nicht zu leugnen ist, daß ihn mancher Tadel treffen kann. Maria hat alles Zeitliche berichtigt; eins nur ist, was ihrer beklemmten Seele Kummer macht; sie steht an dem Rande der Ewigkeit, und ihr ist, zur Versöhnung mit Gott, ein Priester ihrer Kirche versagt. Melvil spricht ihr Beruhigung zu.
Ich bin ein Priester, deine letzte Beichte
Zu hören, dir auf deinem Todesweg
Den Frieden zu verkündigen, hab' ich
Die sieben Weih'n auf meinem Haupt empfangen,
Und diese Hostie überbring' ich dir
Vom heil'gen Vater, die er selbst geweihet.
O so muß, ruft Maria mit Entzücken aus:
O so muß an der Schwelle selbst des Todes
Mir noch ein himmlisch Glück bereitet seyn!
Wie ein Unsterblicher auf goldnen Wolken
Herniederfährt, wie den Apostel einst
Der Engel führte aus des Kerkers Banden,
Ihn hält kein Riegel, keines Hüters Schwerdt,
Er schreitet mächtig durch verschloßne Pforten,
Und im Gefängniß steht er glänzend da,
So überrascht mich hier der Himmelsbote,
Da jeder ird'sche Retter mich getäuscht!
– Und ihr, mein Diener einst, seid jetzt der Diener
Des höchsten Gottes, und sein heil'ger Mund!
Wie eure Kniee sonst vor mir sich beugten,
So lieg' ich jetzt im Staub vor euch.
Die schöne, die königliche Maria sinkt hier vor Melvil nieder, und Melvil, ihr Diener, mit aller Würde der Kirche angethan, läßt sie zu seinen Füßen liegen, und befrägt sie:
(Nicht zu vergessen, daß Melvil sie des letzten Anschlags gegen das Leben der Elisabeth bewußt und schuldig hält. Ferner ist zu bemerken, daß das Folgende nur zum Lesen, nicht zum Darstellen, sich eignet, und daß auf den meisten deutschen Bühnen, die Handlung des heil. Abendmahls wegfällt.)
Melvil.
(indem er das Zeichen des Kreuzes über sie macht)
Im Namen
Des Vaters und des Sohnes und des Geistes!
Maria, Königin! Hast du dein Herz
Erforschet, schwörst du, und gelobest du
Wahrheit zu beichten vor dem Gott der Wahrheit?
Maria.
Mein Herz liegt offen da vor dir und ihm.
Melvil.
Sprich, welcher Sünde zeiht dich dein Gewissen,
Seitdem du Gott zum letztenmal versöhnt?
Maria.
Von neid'schem Hasse war mein Herz erfüllt,
Und Rachgedanken tobten in dem Busen.
Vergebung hofft' ich Sünderin von Gott,
Und konnte nicht der Gegnerin vergeben.
Melvil.
Bereuest du die Schuld, und ist's dein ernster
Entschluß, versöhnt aus dieser Welt zu scheiden?
Maria.
So wahr ich hoffe, daß mir Gott vergebe.
Melvil.
Welch' andrer Sünde klagt das Herz dich an?
Maria.
Ach, nicht durch Haß allein, durch sünd'ge Liebe
Noch mehr hab' ich das höchste Gut beleidigt.
Das eitle Herz ward zu dem Mann gezogen,
Der treulos mich verlassen und betrogen!
Melvil.
Bereuest du die Schuld, und hat dein Herz
Vom eiteln Abgott sich zu Gott gewendet?
Maria.
Es war der schwerste Kampf, den ich bestand,
Zerrissen ist das letzte ird'sche Band.
Melvil.
Welch and'rer Schuld verklagt dich dein Gewissen?
Maria.
Ach, eine frühe Blutschuld, längst gebeichtet,
Sie kehrt zurück mit neuer Schreckenskraft,
Im Augenblick der letzten Rechenschaft,
Und wälzt sich schwarz mir vor des Himmels Pforten.
Den König, meinen Gatten, ließ ich morden,
Und dem Verführer schenkt' ich Herz und Hand!
Streng büßt' ichs ab mit allen Kirchenstrafen,
Doch in der Seele will der Wurm nicht schlafen.
Melvil.
Verklagt das Herz dich keiner andern Sünde,
Die du noch nicht gebeichtet und gebüßt?
Maria.
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