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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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schwieg. Wir ließen ihm Zeit zum Nachdenken.
    »Was passiert, wenn ich meinen Anwalt anrufe?«
    »Dann hören wir auf zu reden, und Sie werden erst mal wegen der Drogensache angeklagt«, antwortete ich.
    Sein Blick wanderte nervös zwischen Brill und mir hin und her. »Und wenn ich ihn nicht anrufe?«
    »Dann reden wir weiter«, sagte Brill.
    »Über die Geschichte, von der Detective Brill Ihnen gerade erzählt hat«, fügte ich hinzu.
    »Ich habe so ein Mädchen noch nie angerührt. Die ist doch nicht richtig im Kopf.« »Aber Sie wissen, von wem wir sprechen«, stellte ich fest.
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Vielleicht.«
    »>Vielleicht< ist keine gute Antwort«, erklärte Brill. »Das klingt nämlich, als würden Sie das bloß sagen, um eine Verurteilung wegen Drogenbesitzes zu vermeiden.«
    »Ich habe davon gehört«, erklärte El Paso. »Ich habe gehört, dass sie sich eine Behinderte vorgenommen haben. Ich selbst war an dem Mädchen nicht interessiert. Zu hässlich.«
    »Wer hat sie sich vorgenommen?«, fragte Brill.
    »Was bekomme ich, wenn ich mich erinnere?«
    »Das hängt ganz von unseren Juristen ab«, antwortete Brill. »Ich muss ihnen die Situation erst schildern. Aber um ihnen die Situation schildern zu können, muss ich sie erst mal kennen. Das heißt, Sie werden mir davon erzählen müssen.«
    »Aber dann habe ich ja nichts mehr in der Hand.«
    »Sie müssen uns eben vertrauen«, sagte ich.
    El Paso lachte.
    »Sie verletzen meine Gefühle«, erklärte ich. »Nicht so schlimm, wie Ihr Dealer-Freund meinen Rücken verletzt hat.«
    »So ein Unsinn!« Ich zündete ihm eine Zigarette an. Er nahm sie entgegen.
    »Jetzt reden Sie endlich, Germando«, forderte Brill ihn auf. »Ich werde langsam müde.«
    »Ja, Sie sehen ganz schön fertig aus.« El Paso bedachte mich mit einem anzüglichen Blick. »Aber Sie, Ma'am, Sie sehen gut aus.«
    Ich nahm ihm die Zigarette wieder weg. »Germando... wenn ich Sie schon so leicht zu Boden zwingen kann, dann werden unsere Gorillas Sie in null Komma nichts platt machen. Also, es wäre vorteilhaft für Sie, wenn Sie uns jetzt erzählen, was Sie wissen.« Ich steckte ihm die Zigarette wieder in den Mund, lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme über der Brust.
    Brills Blick wanderte von mir zu El Pasos hässlicher Visage. »Ich hab ihr nichts getan«, wiederholte er. »Ich habe bloß an der Tür gewartet, bis die anderen fertig waren.« »Welche anderen?«
    »Vielleicht Juice Fedek... und Pepe Renaides vielleicht. Ich weiß es nicht mehr genau. Es ist schon so lange her.«
    Ich fragte ihn nach David: »Der Junge, den ihr zusammengeschlagen habt-«
    »Ich habe niemanden zusammengeschlagen«, entgegnete El Paso.
    »Irgendjemand hat ihn aber zusammengeschlagen«, fuhr ich fort.
    »Ich nicht. Vielleicht die anderen.« »Lebte er noch, als ihr gegangen seid?«
    El Paso zuckte mit den Achseln. »Ich hab nur an der Tür gewartet.«
    »Von wem haben Sie die Tüte?«, fragte Brill.
    »Was?«
    »Die Tüte mit dem X«, antwortete Brill. »Von wem haben Sie das Zeug gekauft?«
    El Paso verlangte erneut nach seinem Anwalt. Diesmal ließ er sich nicht davon abbringen. Die Tür zu weiteren Gesprächen war damit geschlossen und verriegelt.

29
    Juice Fedek war Joseph Nicholas Fedek, ein junger Mann, der mit seinen einundzwanzig Jahren bereits auf ein beachtliches Vorstrafenregister zurückblicken konnte: zwei Verurteilungen wegen Einbruchs, eine wegen eines Raubüberfalls, zwei Anzeigen wegen des Besitzes kleinerer Drogenmengen, zwei wegen Trunkenheit am Steuer, Führerscheinentzug für ein Jahr. Er hatte acht Monate gesessen und war dann wegen Überfüllung des Gefängnisses vorzeitig auf Bewährung entlassen worden. Dann wurde er erneut betrunken am Steuer erwischt und musste für weitere vier Monate hinter Gitter, wurde aber auch diesmal vorzeitig entlassen, aus demselben Grund wie beim ersten Mal. Wo er sich gegenwärtig aufhielt, wusste angeblich niemand. Germando behauptete, ihn seit seiner letzten Knastrunde nicht mehr gesehen zu haben.
    Pepe Renaides arbeitete für eine Baufirma namens Do-Rite Construction. Die Firma hatte eine gewisse Bekanntheit mit spezialangefertigten Häusern erlangt, die vor allem in Brentwood standen, einer liberalen, recht vornehmen weißen Gegend auf der Westseite von Los Angeles. Ich kannte mich in dem Viertel sehr gut aus, weil meine Mutter und mein Stiefvater dort lebten. Sie hatten dort ihre Buchklubs, ihre Wein-und-

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