Und der Herr sei ihnen gnädig
verzweifelt, unter seiner Berührung nicht hinwegzufließen, scheiterte dabei aber kläglich. »Bezahlte Arbeit.« Ich zog seine Hand weg. »Du kommst zu spät.«
Er hob die Augenbrauen. Mir war klar, dass er auf ein Zeichen wartete.
Ich lächelte.
In weniger als dreißig Sekunden war er aus- und eine Viertelstunde später wieder angezogen.
Er griff nach seiner Pflegerkleidung. »Können wir uns heute Abend sehen?«
»Ich habe Spätschicht.«
»Wir könnten morgen ausschlafen.«
»Ich leider nicht«, entgegnete ich. »Ich muss um neun mit meiner Mutter zu einem Vortrag.« »Zu einem Vortrag? Worüber?«
»Kunstgeschichte oder so was. Mom ist an der Uni eingeschrieben. Eine ewige Studentin. Ich habe ihr versprochen, sie zu begleiten.«
»Ich beuge mich KibudAim - man soll seine Mutter ehren. Morgen Abend?«
Ich nickte. »Das müsste klappen.«
»Werde ich sie irgendwann kennen lernen? Deine Mutter?« »Ja... wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.« »Du sagst das so zögernd. Glaubst du, sie wird ein Problem mit mir haben?«
»Wir werden sehen. Sie behauptet, liberal zu sein, aber ich war vor dir noch nie mit einem Schwarzen zusammen.«
»Das macht nichts.« Er küsste mich auf die Stirn und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Hauptsache, du hast kein Problem damit.«
»Nein, jetzt aber ab mit dir! Wir sehen uns morgen Abend.«
Widerwillig und wortlos verließ er den Raum. Ich wartete, bis die Haustür ins Schloss fiel, ehe ich aufstand, mich duschte und anzog. Da es ein so schöner Morgen war, trug ich das ganze Frühstück samt Zeitung auf einem Tablett in Kobys Rosengarten hinaus, wo ich mich in einen Gartenstuhl setzte. Das Haus war wie alle anderen hier in den Berg hineingeschnitten.
Unter mir waren Häuser, über mir waren Häuser, und alles sah sehr hübsch aus. Ich kam mir vor wie in der Künstlerkolonie von Montmartre, dem Pariser Viertel, in dem auch das Moulin Rouge stand. Zwischen den Wolken brach Blau hervor, und in der Ferne konnte ich ein Stück vom Silver Lake erkennen.
Ein attraktiver Mann, fabelhafter Sex, frischer Kaffee und die Morgenzeitung, dazu betörender Blumenduft und Seeblick. Daran konnte man sich gewöhnen.
Leider aber musste auch ich zur Arbeit. Als ich fertig war, trug ich alles wieder hinein und spülte mein Geschirr. Ich wusste, dass er seine Küche koscher hielt, und beim Aufräumen der Sachen stellte ich fest, dass er tatsächlich zwei Sorten Geschirr und Besteck besaß. Ich achtete darauf, dass alles, was ich benutzt hatte, wieder dort hinkam, wo es hingehörte.
Nachdem ich die Haustür hinter mir zugezogen und abgeschlossen hatte, zögerte ich einen Moment, dann steckte ich den Schlüssel in meine Tasche.
Ich war Scott Oliver auch noch in anderer Hinsicht dankbar. Seit unserer Trennung hatte ich es vermieden, meinen Vater in der Arbeit zu besuchen, weil es mir irgendwie peinlich war. Nun, da Scott und ich wieder miteinander sprachen, konnte ich wieder bei Decker vorbeischauen, ohne vor einer Begegnung mit Scott Angst zu haben. Ich wusste, dass Oliver Wert auf schöne Kleidung legte. Als ich das Hemd für Koby erstand, hatte ich auch eine Krawatte für Scott gekauft. Da er sich nicht an seinem Platz befand, als ich kam, deponierte ich die Tüte mit einem Zettel, auf dem ich mich noch einmal bei ihm bedankte, auf seinem Schreibtisch.
Auf dem Weg zum Büro meines Vaters kam ich an verschiedenen anderen Räumen vorbei. Ich hoffte, hier eines Tages als richtiger Detective dazuzugehören.
Ich plauderte im Vorbeigehen mit ein paar Leuten, verabschiedete mich aber schnell wieder, damit ich sie nicht von ihrer Arbeit abhielt. Es reichte schon, wenn ich meinen Vater nervte. Die Tür seines Büros stand wie immer offen. Das Protokoll schrieb vor, dass ich anklopfte. Er telefonierte gerade und machte sich eifrig Notizen. Als er mich sah, gab er mir ein Zeichen, dass es noch fünf Minuten dauern würde.
»Moment bitte«, sagte er zu der Person am andern Ende der Leitung. Dann forderte er mich leise auf, hereinzukommen und die Tür hinter mir zu schließen. »So, jetzt bin ich wieder da«, führte er sein Telefonat fort.
Ich nahm ihm gegenüber Platz. »Das wird nicht funktionieren, Alicia, vor allem nicht bei Malcolm Standish. Er ist sehr penibel. Wenn Sie mit dem Fall jetzt schon vor Gericht gehen, riskieren Sie, unverrichteter Dinge nach Hause geschickt zu werden. Wäre es nicht sinnvoller, wenn Sie sich erst mal per gerichtlicher Verfügung Zugang zu
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