Und taeglich grueßt die Evolution
und auf den Lippen nur die Wirkung einer chemischen Substanz – bei Chilischoten des Alkaloids Capsaicin – auf Nervenendigungen, die normalerweise Wärme, also thermische Reize, verarbeiten. Pfeffer, Peperoni und Chili bereiten manchen Menschen ein kulinarisches Glücksgefühl, andere können ihre Schärfe kaum ertragen. Noch weiter gehen diese individuellen Wahrnehmungsunterschiede beim Schmecken bestimmter Bitterstoffe, die von manchen Menschen gar nicht wahrgenommen werden. Heute weiß man, dass dieses Phänomen auf Erbfaktoren zurückzuführen ist, die die Informationen für einen spezifischen Bitterrezeptor tragen. Biologisch gesehen machen beide Wahrnehmungstypen Sinn, denn die Geschmacksrichtung bitter ist nicht immer gleichzusetzen mit giftig. Kohlrabi und Weißkohl beispielsweise sind für den Menschen gesund, doch aufgrund des hohen Anteils an Bitterstoffen nicht immer beliebt.
Schaltzentrale Gehirn: Alles hört auf mein Kommando
Ein lauer Sommerregen auf der Veranda. Wir lauschen den Klängen des Tangos, unsere Füße bewegen sich der Schrittkombination entsprechend und wir erinnern uns an den letzten Urlaub in Argentinien. Was wir allerdings nicht bemerken, ist, dass unser Gehirn in diesem Moment Höchstleistungen erbringt, denn an den meisten körperlichen Handlungen sind drei funktionelle Systeme unseres Gehirns beteiligt. Unser Hörsystem, als Teil des sensorischen Systems, empfängt die Klänge der Tangomusik, während die Ausführungen der Schrittkombinationen des Tangotanzes von unserem motorischen System gesteuert werden. Emotionen und Erinnerungen, die wir mit diesem Ereignis in Verbindung bringen, verarbeitet unser limbisches System. Wie jedoch schafft es unser Gehirn aus der Fülle an Informationen einen Gesamteindruck entstehen zu lassen?
Als das Gehirn bezeichnet man den im Kopf gelegenen Teil des Zentralnervensystems, wobei das Rückenmark auch Teil dieses Systems ist. Unser Gehirn besteht aus dem stammesgeschichtlich ältesten Bereich, dem Hirnstamm, sowie der walnussartig gefalteten Hirnrinde. Der Mensch befindet sich bezüglich seines Gehirnvolumens in der »Spitzengruppe«, denn die allermeisten Tiere besitzen sehr viel kleinere Gehirne, selbst wenn sie den Menschen in ihrer Körpermasse übertreffen. Ein Grund für die stammesgeschichtlich schnelle Zunahme des menschlichen Gehirns im Vergleich zu seinem Körper ist die Ausbildung eines »Kühlsystems« in Form der Entwicklung zusätzlicher Venen. Durch den aufrechten Gang (Bipedie) war dies auch notwendig, denn die Druckverhältnisse änderten sich mit der aufrechten Körperhaltung und mussten der Schwerkraft entsprechend angepasst werden.
Vom Riechhirn zum Gehirn
Vor 60 Mio. Jahren waren die ersten Primaten maus- bis katzengroße Säugetiere, die sich einer komplexen Anpassung unterzogen, um den Anforderungen des Lebens in den Bäumen und auf der Jagd gerecht zu werden. Mit einer Verkürzung der Schnauze begann das Sehen, den Geruch als die vorherrschende Sinneswahrnehmung zu verdrängen. Aus dem sogenannten Riechhirn »niederer« Wirbeltiere wie den Knochen-, Knorpelfischen und Amphibien entwickelte sich das Großhirn »höherer« Wirbeltiere wie der Reptilien, Vögel und Säuger. Der wichtigste evolutionsbiologische Unterschied zeigt sich im Aufbau der Ummantelung. Bei niederen Säugetieren zeigt das Gehirn keine Furchung, während sich die Hirnrinde, der sogenannte Neokortex der höheren Säugetiere, durch eine Oberflächenvergrößerung in Form komplizierter -Furchungen auszeichnet. Einen weiteren wichtigen Schritt in der Entwicklungsgeschichte des menschlichen Gehirns bedeutete die Entstehung des limbischen Systems, das sich in der Evolutionshierarchie der Tiere zum ersten Mal bei den Reptilien findet. Dieser entwicklungsgeschichtlich recht alte Bereich bildet die Grenzlinie zwischen Verstand und Gefühl und ist für unser menschliches Verhalten von großer Bedeutung.
Gehirne im Vergleich – Struktureller Wandel der Zeit
Das menschliche Gehirn ist dem Gehirn anderer Landwirbeltiere wie dem der Amphibien, Reptilien und Vögel sehr ähnlich und stimmt in den meisten Details mit den Gehirnen anderer Säugetiere überein. Wirbeltiergehirne sind aus fünf Teilen aufgebaut, die sich von vorn nach hinten in ein Endhirn, ein Zwischenhirn, ein Mittelhirn, ein Hinterhirn und ein Nachhirn, das in das Rückenmark übergeht, gliedern. Bei Reptilien, Vögeln und Säugetieren hat sich ein Teil des Nachhirns zur sogenannten Brücke
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