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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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über ein Gewirr von Weichen durch einen Wald von Signalmasten. Computergesteuerte Gabelstapler rollten mit tonnenschweren Paletten auf dem Hafenasphalt zwischen den Anlegestellen der mächtigen Containerschiffe hin und her. Aus schlanken Schornsteinen stiegen Flammen und Rauch in den blassen Morgenhimmel, der sich wie ein Trampolin für Möwen über dem breiten Flussdelta spannte, und dahinter lag das tiefe, gläserne Blau der See, verschwindend im hellen Dunst.
    Es war kurz vor sieben, als der Commissaris und HoofdinspecteurGallo die Hafeneinfahrt passierten. Durch die halb heruntergekurbelten Fenster des VW Golf drang ein Geruch nach Tang, Salz, Rohöl und nassem Stahl, ein scharfer, frischer Geruch. Rechts von ihnen schob sich ein Riesentanker flussaufwärts, begleitet von meterhohen Schwanzwellen und umkreist von kleinen Schleppern, die ihn in seinem dunklen Schatten durch die Untiefen des Hafenbeckens lotsten. Aus rostbefallenen Löchern im Schanzkleid des Tankers sprudelte Bilgewasser in großen Bögen auf die grünliche Gischt unter der Bordwand. Das Brummen der Turbinen übertönte alle anderen Geräusche, und der Kaffee in Van Leeuwens Hand sah plötzlich aus, als hätte er eine Gänsehaut.
    »Da vorne ist der Zoll«, sagte Gallo. Er steuerte den Golf auf einen freien Parkplatz vor dem metallisch grünen, vielstöckigen Zollhochhaus. »Und jetzt?«
    »Jetzt warten wir«, sagte der Commissaris.
    »Hätten wir nicht zu Hause im Bett warten können?«
    Van Leeuwen sagte: »Ich will sie ohne Deckung erwischen, unausgeschlafen. Wenn sie noch keine Zeit hatten, ihr Visier runterzuklappen.«
    Gallo holte einen Plastikbecher aus dem Handschuhfach, und Van Leeuwen schenkte ihm Kaffee ein. Sie standen so, dass sie alles überblicken konnten: die Lastwagen, die am Zollgebäude vorbeirollten; die wenigen Schauerleute, Baggerfahrer und Zugführer, die der Computer noch nicht arbeitslos gemacht hatte; die Zollbeamten, die ihren Dienst antraten, und die, deren Schicht gerade endete. Dieser Hafen war eine kleine Stadt, die niemals schlief. Tag und Nacht standen ihre Tore offen für die Ströme des Reichtums aus aller Welt, für die Rohstoffe, die sie am Laufen hielten, und Rotterdam sah zu, wie sie hereinkamen und weiterflossen, und konzentrierte sich mit kalter, aber leidenschaftlicher Inbrunst darauf, an diesen Reichtümern teilzuhaben. Wenn man in so einer Stadt lebte und arbeitete, war es vielleicht ganz selbstverständlich, dass man irgendwann auf seltsame Gedanken kam. Dass man etwas von ihrem Reichtum abhaben wollte. Dass man glaubte, es stünde einem zu. »Du hast doch gesagt, dass Hoofdinspecteur Dekker eine außerordentlicheErfolgsbilanz vorweisen kann, was die Aufklärung von Zoll-und Steuerstraftaten angeht, richtig?«, sagte der Commissaris nach einer Weile.
    »Richtig.«
    »Aber das sind nur die Fälle, die zur Anklage gekommen sind«, sagte der Commissaris. »Über die es abgeschlossene Akten gibt. Mich interessiert der Bereich, der zwischen Ermittlung und Anklage liegt. Die Grauzone, der Ermessensspielraum. Also die Fälle, die außergerichtlich beigelegt wurden, wo eine Anzeige vorlag, die aber nicht weiter verfolgt wurde, wo sich ein Vorgang durch die Zahlung eines Bußgelds erledigt hat. Oder Razzien, die zu keinem Ergebnis führten und wo die Verdächtigten auch nie wieder in den Unterlagen auftauchten. Es interessiert mich, welche Beamten an diesen Fällen gearbeitet haben, vor allem, wenn sie ähnlich gelagert waren wie bei den Ermittlungen gegen Sharma & Sons – Import-Export-Firmen, ausländische Eigentümer, Großhandelsunternehmen, Strafverfahren wegen Zollvergehen. Wer die Untersuchungen geführt hat und was daraus geworden ist. Welche Namen öfter auftauchen. Außerdem müssen wir herausfinden, wo Dekker in der vergangenen Nacht war. Ob er sich in Amsterdam aufgehalten hat. Ob er auf der derselben Fähre gewesen sein könnte wie Carien.«
    »Und wo er in der Nacht von Freitag auf Samstag letzte Woche war«, ergänzte Gallo.
    »Was er da gemacht hat, weiß ich schon. Er war erst bei Ca-rien Dijkstra und dann auf der Suche nach Amir.« Van Leeuwen schraubte die Thermoskanne zu, plötzlich gereizt. »Wann können wir eigentlich wieder mit Remko rechnen? Wie lange kann so ein dämliches Seminar denn dauern!?«
    »Eigentlich müsste er jeden Tag zurückkommen«, sagte Gallo. Er beugte sich vor und beobachtete einen schwarzen Honda, der auf dem Hof des Zollgebäudes einparkte. Ein rothaariger Mann in

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