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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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einer hellen Sommerwindjacke, Jeans und Turnschuhen stieg aus. Er trug eine verspiegelte Sonnenbrille und eine abgewetzte KLM-Flugtasche. Gallo sagte: »Das könnte De Vries sein, wenigstens dem Foto im Computer nach.«
    Der Commissaris öffnete die Beifahrertür und stieg aus. Langsam gingen er und Gallo durch den frischen Morgen auf den rothaarigen Mann zu. »Inspecteur De Vries?!«, rief Gallo.
    Der Mann blieb stehen. »Ja?«
    Gallo sagte: »Hey, ich bin Ton Gallo vom Hoofdbureau van Politie in Amsterdam. Das ist Commissaris Van Leeuwen. Wir haben vor ein paar Tagen mit Ihnen telefoniert, wegen Hoofdinspecteur Dekker. Sie sehen, wir sind nicht wie Ärzte. Wir machen noch Hausbesuche.«
    »Hey«, sagte De Vries. Er nahm seine Sonnenbrille ab und sah ihnen entgegen. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Wie lange arbeiten Sie schon mit Dekker zusammen?«, fragte der Commissaris.
    De Vries blinzelte in die grelle Julisonne. »Etwas über zwei Jahre«, antwortete er zurückhaltend.
    »Sind Ihnen in dieser Zeit irgendwelche Unregelmäßigkeiten aufgefallen?«
    »Was meinen Sie mit Unregelmäßigkeiten?«
    »Erpressung«, sagte Gallo, und seine Stimme war so frisch wie der Morgen. »Nötigung, Vorteilsnahme, Bestechlichkeit.«
    De Vries grinste, ein Scherz unter Kollegen ... »Ach so, das. Natürlich, jeden Tag. Meinen Sie, sonst könnten wir uns unsere Cartier-Uhren und Armani-Sakkos leisten?«
    Der Commissaris sagte: »Das ist alles andere als ein Witz, Inspecteur De Vries. Haben Sie an der Durchsuchung der Firma Sharma & Sons vor einigen Wochen teilgenommen? Kennen Sie den Besitzer, Radschiv Sharma?«
    »Ich kenne mindestens ein Dutzend Leute, die Radschiv heißen«, antwortete De Vries und setzte die verspiegelte Sonnenbrille wieder auf. »Und ein weiteres Dutzend Mahmuts, Benjis und Trans. Könnten Sie vielleicht etwas genauer werden?«
    »Im Moment deutet alles darauf hin«, sagte der Commissaris, »dass Hoofdinspecteur Dekker und vielleicht auch Sie und noch einige andere Angehörige der Douane in Aktivitäten verwickelt sind, die ein Ermittlungsverfahren der Abteilung für Amtsdelikte undvielleicht sogar eine Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft zur Folge haben könnten. Falls Sie etwas darüber wissen und bereit sind, mit uns zusammenzuarbeiten –«
    De Vries’ Mund wurde zu einem schmalen Strich, und die Sommersprossen auf seinen Wangen traten stärker hervor. »Sie erwarten von mir, dass ich meine Kollegen verrate?« Der Zollinspecteur schüttelte den Kopf und ging mit schnellen, kurzen Schritten auf den Eingang des Zollgebäudes zu, die Flugtasche über die rechte Schulter geworfen. An der Glastür drehte er sich um. »Haben Sie denn irgendeinen Beweis für Ihre Behauptungen? Der lügt doch, dieser Inder! Die lügen immer – alle! Wissen Sie, wie die Russenmafia das nennt? Zöllner weichkochen! Die Inder haben bestimmt auch so einen Ausdruck, genauso wie die Chinesen, die Thailänder oder die Afrikaner. Und genau das machen die gerade mit Ihnen.«
    »Überlegen Sie sich die Sache«, sagte Van Leeuwen. »Mein Angebot hat ein Verfallsdatum.«
    »Ich habe es mir schon überlegt«, sagte De Vries. »In unseren Kreisen spricht es sich schnell herum, wenn jemand einen von uns auf dem Kieker hat, das sollten Sie doch wissen.«
    »Ach, daher weht der Wind«, sagte Gallo. »Und dann ist es wohl auch völlig egal, ob dieser eine Dreck am Stecken hat oder nicht?! Ist Ihnen entfallen, dass Sie mal einen Diensteid abgelegt haben, genau wie alle anderen Beamten der Königin? Wir stehen nämlich auf derselben Seite – wir sollen dem Gesetz zur Geltung verhelfen, nicht es brechen.«
    »Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.«
    »Von Krähen verstehen Sie offenbar nicht sehr viel.«
    De Vries sagte nichts mehr, als sei er der Unterhaltung plötzlich überdrüssig geworden, und stieß die Glastür auf. Van Leeuwen und Gallo folgten ihm ins Foyer des Gebäudes, aber er beschleunigte seine Schritte und ging zum Fahrstuhl, ohne sich noch einmal umzusehen.
     
    Hoofdinspecteur Henk Dekker saß an seinem Schreibtisch im fünften Stock des Zollgebäudes, und er sah aus, als hätte er die Nachtim Büro verbracht. Er hatte den Gürtel seiner hellblauen Jeans gelockert, die Ärmel des Baumwollhemds waren hochgekrempelt. Unter den Achseln störten dunkle Schweißränder die Makellosigkeit der weißen und roten Nadelstreifen zwischen Hosenbund und Button-down-Kragen. Dekkers Gesicht hatte mehr Falten, als Van Leeuwen von

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