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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Hoofdinspecteur Dekker, und der Umstand, dass nicht nur Amir, sondern auch Ca-rien Dijkstra jetzt tot ist, gibt Ihnen umso mehr Gewicht. Verstehen Sie jetzt, warum ich diesem Punkt so viel Bedeutung beimesse, Hoofdinspecteur Dekker?«
    Dekker war blass geworden, und er klappte sein Notebook zu. »Du meine Güte, jetzt schalten Sie mal einen Gang runter, Mijnheer. Sie meinen, ich trage die Verantwortung für seinen Tod?«
    »Das will ich herausfinden.«
    »Wenn ein Verbrecher einen anderen tötet, ist dann der Polizist schuld, der beide verfolgt?«, fragte der Hoofdinspecteur. Auf einmal sah er verwirrt und verletzt aus, als hätte der Commissaris tief in ihm einen Punkt berührt, an dem er sich einen Rest Unschuld bewahrte.
    Dekker sah auf das gleißende Viereck des Fensters, hinter dem ein weiterer Öltanker vorbeigezogen wurde. »Was wissen Sie schon?«, sagte der Hoofdinspecteur bitter. »Wenn Sie da gewesen wären, wo ich war ... Wenn Sie gesehen hätten, was ich gesehen habe ...« Er verstummte. Dann fragte er: »Sind Sie jemals aus den Niederlanden rausgekommen?«
    »Nicht an die Orte, an denen Sie waren«, sagte Van Leeuwen. Dekker nickte kaum merklich. »Da, wo ich war ... Manchmal kommt mitten in der Nacht alles wieder hoch, alles, was ich gesehen habe ... wozu Menschen fähig sind, wenn man sie lässt. Es ist nicht so wie in den Nachrichten. Es ist ganz anders, viel schlimmer. Ich wache nachts auf, und es ist, als wäre mein Magen in eine Fuchsfallegeraten, sie schnappt zu, und die Zähne gehen durch und durch ...«
    »Ich war da«, sagte Gallo. »Ich habe es gesehen.«
    Dekker schien Gallo erst jetzt wahrzunehmen. »Wo waren Sie?«
    »Sarajevo. Srebrenica.«
    »Dann wissen Sie ja, wovon ich rede. Vielleicht. Was die Menschen dort getan haben ... Ich will nicht, dass sie hierherkommen und es hier tun ...«
    »Die Sharmas sind keine Kriegsverbrecher«, sagte der Commissaris. »Es sind Kaufleute.«
    Dekkers Blick kehrte zu Van Leeuwen zurück. Auf den Wangen des Hoofdinspecteurs tauchten lauter rote und violette Flecken auf, wie auf einem gefärbten Osterei, wenn man die Schale abpellt. Seine Stimme klang gepresst, als er sagte: »Herrje, Commissaris, wenn ich was Naives sehen will, gehe ich ins Rijksmuseum und schaue mir ein Bild von Grandma Moses an, falls da zufällig eins an der Wand hängen sollte. Was glauben Sie denn, mit wem wir es zu tun haben? Auf Sie wirken dieser Radschiv Sharma und seine Söhne vielleicht wie Sindbad der Seefahrer im Kreise seiner Lieben, aber ich sage Ihnen, das ist keine Familie, das ist eine kriminelle Vereinigung. Solchen Banden wie denen kommt man mit Strafgesetzbuch und Dienstvorschriften nicht mehr bei, schon gar nicht jetzt, wo alle Grenzen sperrangelweit offen stehen. Manche von denen haben in totalitären Staaten ihre Gesellenprüfung abgelegt, in Ländern, in denen noch gefoltert wird. Für die ist unser gefühlsduseliger niederländischer Strafvollzug das reinste Schlaraffenland, Mijnheer. Sie denken, das sind arme, fleißige Einwanderer – kleine Fische, nicht? Sie erstaunen mich. Sie sollten wissen, dass es keine kleinen Fische gibt. Jeder Fisch stinkt, und mit seinem Gestank zieht er Ungeziefer an. Es ist der Gestank von Abfall, von menschlichem Müll. Und wir sammeln ihn ein. Wir trennen ihn. Wir sind die Müllabfuhr. Aber etwas von dem Müll bleibt an uns kleben – der Gestank. Ich kann ihn riechen. Ich rieche ihn sogar in meinen Träumen.«
    Ein weiterer Anruf summte im Telefon, und auch diesmal gingDekker nicht dran. Das zweite Lämpchen begann unter einer der Wähltasten zu blinken.
    »Wir können unseren Rechtsstaat nicht verteidigen, indem wir seine Prinzipien über Bord werfen«, widersprach Gallo. »Wir sind hier schließlich nicht in Amerika.«
    »Wir können ihn aber auch nicht beschützen, indem wir ihn der Unterwelt ausliefern«, entgegnete Dekker hitzig. »Vielleicht heiligt der Zweck nicht die Mittel, aber er diktiert sie. Sollen wir uns von Leuten wie diesen Sharmas ins Gesicht lachen lassen? Wenn wir denen nicht mit ihren eigenen Methoden kommen, einschließlich eines V-Manns wie Amir Singh, erfahren wir nie etwas! Wir haben es auf Ihre Art versucht, wir haben sie beobachtet, ihre Papiere kontrolliert, ihre Säcke, Fässer und Kisten geröntgt. Wir haben den Weg ihrer Waren vorwärts und rückwärts verfolgt, und wir sind dem Stoff nachgegangen, soweit uns das möglich war. Wir haben nach Kongruenzen gesucht, nach Berührungspunkten, und selbst

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