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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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drehte Dekker sich um. »Ja«, bestätigte er überrascht, »was ist damit?«
    »Wenn er zu groß wird, stürzt die Seele ab«, sagte der Commissaris, öffnete die Tür und verließ den Raum.
     
    Sie verließen den Hafen und fuhren durch die Stadt, und als sie auf der Willemsbrug waren, gingen rechts und links unter ihnen die ersten Lichter an. Sie hatten den Nachmittag damit verbracht, Kollegen und Vorgesetzte von Hoofdinspecteur Dekker zu befragen, denn der Commissaris wusste, dass der Zollfahnder davon erfahren würde. »Er soll merken, dass wir es ernst meinen«, sagte Van Leeuwen.
    Jetzt steuerte Ton Gallo den Wagen über die hängenden Betonbahnender Brücke zurück nach Amsterdam. Der Verkehr floss mehrspurig, und im Neonschein der Brückenbeleuchtung glomm der polierte Lack der Autos wie bengalische Feuer. Die Wolken im Westen türmten sich noch lilarot am Abendhimmel, obwohl die Sonne längst untergegangen war. Die glitzernde Stadt lag unter ihnen, geteilt durch das schwarze Wasser.
    Seit sie losgefahren waren, hatte Gallo nichts mehr gesagt, und auch Van Leeuwen schwieg, bis sie auf der Autobahn waren. Dann sagte er: »Was hat Bosnien mit euch angestellt ... Was hat dieser Krieg –«
    Gallo schüttelte den Kopf. »Egal, was er mit mir oder jemandem wie Dekker angestellt hat – das ist nichts dagegen, was er anderen angetan hätte, wenn wir nicht da gewesen wären. Es ist nicht allein Srebrenica. Oder Mostar. Oder Sarajevo. Der Krieg trifft auf jemanden, und jeder reagiert anders. Jeder verarbeitet es auf seine Weise. So wie ein anderes Unglück auch. Oder wie Glück. Alles trifft einen unvorbereitet und unverdient.« Er setzte zum Überholen an, bremste im letzten Moment aber wieder, um einen Wagen auf der Gegenfahrbahn vorbeizulassen. »Ich bin nicht wie Henk Dekker. Er sieht die Bilder, und ich sehe die Bilder. Er kann nicht schlafen, und ich kann nicht schlafen. Die große Frage ist aber: Was tut Henk Dekker, wenn er nicht schlafen kann? «
    »Was wissen wir überhaupt von ihm?«, fragte der Commissaris. »Über sein Privatleben? Er wohnt hier in Rotterdam, in einer Mietwohnung, aber ob er da allein lebt, konnte uns keiner sagen. Er ist nicht verheiratet, gut, aber hat er eine Geliebte? Gibt es uneheliche Kinder? Keiner hat schlecht über ihn geredet, aber auch keiner gut.«
    »Aber hat er Carien Dijkstra getötet?«, fragte der Commissaris. »Oder Amir Singh?«
    »Da fällt mir ein – das Handy ist gefunden worden«, sagte Gallo. »Das von Carien Dijkstra. Die Spezialisten untersuchen es gerade.«
    In Amsterdam setzte Gallo Van Leeuwen an der Ecke Elandsgracht und Marnixstraat ab. Als der Commissaris zum Europarking ging, um seinen Wagen zu holen, drehte er sich noch einmal um.
    Unter einer Straßenlaterne bemerkte er ein kirschrot lackiertes Saab Cabrio. Das schwarze Verdeck des Wagens war geschlossen, sodass er nicht erkennen konnte, wer darin saß. Im Licht der Laterne schimmerte der Lack wie eine offene Wunde. Das Fenster auf der Fahrerseite war heruntergelassen, und ein Arm in einem hellen Windjackenärmel hing entspannt über der Tür. Für einen Moment kam es dem Commissaris so vor, als hätte er denselben Wagen schon vor einer Stunde auf der Willemsbrug gesehen, aber er konnte sich täuschen.

24
    Er sah auf den ersten Blick, dass sie Fieber hatte. Sie lag nicht mehr in ihrem eigenen Bett, sondern auf der Krankenstation, und ihre Augen waren geschlossen, sodass er nicht sagen konnte, ob sie schlief oder ob sie wach war. Außer ihrem Bett gab es noch fünf weitere Betten, die alle leer waren. Über dem Kopfende des Betts brannte die Notbeleuchtung, und zu beiden Seiten standen zwei kleine, tröstlich effizient aussehende Apparate zur Kontrolle aller möglichen Körperfunktionen.
    Simone lag auf dem Rücken, den Kopf auf ein dickes Kissen gebettet. Das Haar war feucht von Schweiß und klebte ihr an Stirn und Schläfen. Ihr Gesicht war gerötet. Sie atmete schnell, unregelmäßig. Van Leeuwen sah sich nach einem Stuhl um, entdeckte einen Hocker in der Ecke neben dem Fenster und trug ihn zu ihrem Bett. Er zog sein Sakko aus und legte es am Fußende auf das Bettgestell, ehe er sich setzte und seine Hand auf die Hand seiner Frau legte. »Hallo«, sagte er.
    Sie reagierte nicht.
    »Schläfst du?«, fragte er.
    Ihre Hand war kalt; reglos lag sie unter der seinen.
    »Ich war heute in Rotterdam«, erzählte er, »um einen Verdächtigen in meinem Mordfall zu befragen. Am Anfang war er nur ein Zeuge,

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