Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
Vom Netzwerk:
gesagt?«, rief er.
    Sie breitete die Hände aus. »Nichts. Ich habe nichts gesagt.«

26
    Das Telefon weckte ihn, kaum dass er eingeschlafen war. Obwohl er die Klingel leise gestellt hatte, drang ihm das Schrillen bis ins Herz. Er dachte, was er seit Kurzem immer dachte, wenn ihn nachts jemand anrief: Nicht heute Nacht, bitte . Er tastete nach dem Hörer des Apparats auf dem Tisch neben dem Bett und meldete sich. Eine Männerstimme, die er nicht erkannte, sagte: »Hören Sie auf, Commissaris. Hören Sie auf, sonst passiert etwas.«
    Die Stimme hatte einen scharfen Klang, fast so wie die von Radschiv Sharma, wenn er sich aufregte. Van Leeuwen sagte nichts. Er hörte den Anrufer atmen, und er wusste, dass der andere ihn atmen hören konnte, und vielleicht hörte er sogar sein Herz rasen.
    »Haben Sie mich verstanden, Commissaris?«, fragte die Stimme, diesmal mit einem leichten fremdländischen Akzent. »Wenn Sie weiterbohren, wird etwas passieren, das Sie nicht wollen.«
    Der Commissaris legte auf und wartete darauf, dass das Telefon noch einmal klingelte, aber es blieb stumm. Er warf einen Blick auf seinen Wecker. Es war kurz nach halb vier morgens, und es war das erste Mal, dass jemand versuchte, ihn einzuschüchtern. Er lag im Dunkeln auf dem Rücken und überlegte, was alles passieren konnte an Dingen, die er nicht wollte. Die Liste war nicht sehr lang, und kein Posten darauf war so eindrucksvoll, dass er deswegen seine Ermittlungen eingestellt hätte.
    Wenn Sie weiterbohren, wird etwas passieren, das Sie nicht wollen.
    Radschiv Sharmas Stimme war unverkennbar, und der Commissaris wusste, dass sie es nicht gewesen war da eben in der Leitung, nicht scharf genug, nicht so alt; sie sollte nicht einmal so klingen. Auch der Akzent war nur ein Geschmacksverstärker. Keine Hintergrundgeräusche, weder der Lärm einer Kneipe noch das ferne Rauschen nächtlichen Straßenverkehrs.
    Jemand, ein Mann, der allein irgendwo saß und an ihn dachte und seine Privatnummer wählte, um ihn zu bedrohen. Jemand, der keine Angst hatte, dass der Anruf zu ihm zurückverfolgt wurde.
    Der vielleicht sogar wusste, dass er einen Fehler machte, der aber zu wütend war, um sich deswegen Gedanken zu machen. Ein Todfeind, den Van Leeuwen sich absichtslos geschaffen hatte, durch den Lauf, den seine Ermittlungen genommen hatten.
    Wer war das?, dachte er, und gleichzeitig wusste er, wer es war. Er hatte ihm in die Augen gesehen. Er war froh, dass er Simone ins Heim gegeben hatte. So ging es bei alldem nur um ihn. Zusammenhangslos dachte er noch: Sie wird bald sterben, aber nicht heute Nacht. Traurig und erleichtert zugleich schlief er wieder ein.
     
    Der Hoofdcommissaris wartete auf Van Leeuwen in dessen Büro, wie er es neuerdings immer tat, wenn er etwas auf dem Herzen hatte. Früher hatte er Van Leeuwen in sein eigenes, weit komfortableres Büro bestellt, aber seit er den Commissaris für seinen Freund hielt, legte er großzügig den umgekehrten Weg zurück, selbst wenn es für seinen Besuch keinen erfreulichen Anlass gab. »Wie laufen die Ermittlungen im Fall Carien Dijkstra, Bruno?«, fragte er. »Kommt die Untersuchung voran? Macht ihr Fortschritte?«
    »Ich glaube«, sagte Van Leeuwen.
    »Und worauf gründet sich dieser Glaube?« Joodenbreest legte seine Uniformmütze auf Van Leeuwens Schreibtisch am Fenster, wandte sich zur Seite und spähte durch die Lamellen der Jalousie nach draußen, als sehnte er sich schon wieder fort, kaum dass er gekommen war.
    Van Leeuwen sagte: »Auf einen anonymen Anruf bei mir zu Hause um halb vier heute Nacht. Ein Einschüchterungsversuch.« Er blieb bei der Tür stehen. In kleinen Schlucken trank er Milchkaffee aus einem Plastikbecher in seiner Hand.
    »Und hast du einen Verdacht?«, fragte Joodenbreest.
    »Ja.«
    Joodenbreest seufzte, wohl verärgert über Van Leeuwens Einsilbigkeit. »Du denkst, es hat mit der Untersuchung des Mordes an Carien Dijkstra zu tun?«
    »Mit der und mit dem Fall Amir Singh«, sagte der Commissaris, »die beiden hängen zusammen.«
    »Was hast du außer einem Verdacht noch? Oder genauer, außer Verdächtigungen ?«
    Van Leeuwen spürte, wie sich sein Zwerchfell spannte. Er konnte Joodenbreests Gesicht nicht erkennen, der Hoofdcommissaris war nur ein schmaler blauer Schatten an der Sonnenblende vor dem hellen Morgenlicht. Aber der frostige Tonfall, der die Musik zu den Worten lieferte, ließ keinen Zweifel daran, dass jemand zum Telefonhörer gegriffen hatte.
    »Beziehst du dich

Weitere Kostenlose Bücher