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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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einschlafen können; als hätte er darauf gewartet, dass noch etwas geschah. Er trug seinen schwarzen Anzug und ein zitronengelbes Hemd, aber keinen Turban. »Was ist denn?«, rief er aufgebracht. »Was ist denn los?« Langsam ging er auf das Tor zu, trat ins Licht der Scheinwerfer von Dekkers Wagen. Das kurze, glatte Haar auf seinem Kopf glänzte wie Silberspreu. »Wer sind Sie? Was wollen Sie?«
    »Erkennst du mich nicht, Sindbad?!«, rief Dekker und verschluckte sich fast an einem Kaugummi, den seine Zähne schnell und heftig bearbeiteten. »Bist du nachtblind? Mach das Tor auf, ich muss mit dir reden, mit dir und deinen Söhnen!«
    In diesem Moment ging das Rolltor der Halle einen Spaltbreit auf, und Shak erschien auf dem Hof, ebenfalls angezogen, aber frisch gewaschen, kein Blut an den Händen oder auf der Kleidung. Im Hintergrund der Halle brannte eine Lampe, die ihren schwachen Schein nur gedämpft abgab.
    Radschiv sah sich um, sah zu seinem Sohn hinüber, müde und unglücklich – siehst du, was du angerichtet hast , schien sein Blick zu sagen –, dann sperrte er das Tor auf, und Henk Dekker stürmte auf das Gelände. Der Hoofdinspecteur wirkte seltsam erregt, wie erfüllt von einer fröhlichen Wut. Leise sagte er: »Weißt du noch, wer ich bin? Ich bin der Mann mit dem großen Herzen, der euch helfen wollte, bessere Menschen zu werden. Der Mann, der zu euch kam, um euch seine Freundschaft zu schenken. Der euch beschützen wollte!«
    »Wir brauchen Ihren Schutz nicht«, rief Radschiv Sharma. »Wir sind nicht wie die anderen. Wir sind alteingesessen, wir waren hier, bevor Sie gekommen sind!«
    »Irrtum, Mijnheer. Jeder braucht heutzutage Schutz, jeder. Und wer ihn nicht geschenkt will, muss dafür bezahlen. Aber ihr nützt Henk Dekker aus, sein gutes Herz – ihr denkt, es ist so groß, dass ihr am einen Ende herein-und am anderen wieder hinausspazieren könnt, ohne dass er es merkt. Aber ich behalte euch im Auge, denn ihr seid meine Investition.«
    Er griff in die Tasche seiner Lederjacke und holte ein Blatt Papier heraus, das er wie ein Taschentuch in der Nachtluft ausschlug. Dabei drehte er sich einmal um die eigene Achse – schmatz, schmatz, schmatz , machten seine Kiefer –, entdeckte Shak, entdeckte auch Mirabal, die nun ebenfalls in der Tür des Trailers erschienen war, gekleidet in Jeans und einen schwarzen Männerpullover mit V-Ausschnitt.
    »Da seid ihr ja alle!«, rief Dekker, immer noch mit dieser aufgekratzten Fröhlichkeit in Mimik und Stimme. »Alle, die erwachsen und im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind, ganz wie es sich gehört bei einer Teilhaberversammlung.« Er tänzelte fast über den Hof, auf das Rolltor zu.
    Radschiv folgte ihm langsam, beide Arme ausgestreckt, als trüge er einen Verwundeten vom Schlachtfeld. »Was wollen Sie hier, Mijnheer? Es ist mitten in der Nacht. Sie dürfen nicht hier sein. Ist das schon wieder eine Razzia? Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
    Dekker machte auf dem Absatz kehrt, ging jetzt mit großen, schnellen Schritten auf Radschiv zu, und als er bei ihm war, versetzte er ihm einen heftigen Stoß mit der flachen Hand gegen die Brust. »Den brauche ich nicht mehr, Mijnheer Sharma. Ich brauche keinen Durchsuchungsbefehl, wenn ich das Gelände meiner eigenen Firma betrete.«
    » Sharma & Sons gehört Sharma allein!«, rief Radschiv, ohne zurückzuweichen. »Nur mir, niemandem sonst, nicht mal einer Bank!«
    »Nicht mehr lange, Sindbad«, erwiderte Dekker, auf einmal fast sanftmütig, schnurrend, wie eine zufriedene Katze, die endlich die Maus in die Enge getrieben hat, »nicht mehr lange! Und weißt du, warum nicht? Weil ich gerade etwas gefunden habe, auf einem Hausboot, etwas, das aussah wie ein Mensch, wie ein toter Mensch, um genau zu sein, obwohl man das kaum noch erkennen konnte, bei all dem Blut. Tja, und da fragte ich mich natürlich, wer kann das sein, allein und tot, aber noch warm, inmitten von all dem frischen Blut – indischem Blut, Sikh blut?« Der Kaugummi wandertezu den Vorderzähnen, zwischen denen er einen Moment lang mit kleinen, schnellen Bissen bearbeitet wurde. »Kann das etwa der junge Mijnheer Singh sein, Amir Singh aus Mumbei oder Delhi? Und dann frage ich mich, wer könnte einen Grund gehabt haben, diesen jungen Mijnheer Singh umzubringen? Wer, wenn nicht Radschiv Sharma, für den er gearbeitet hat?! Dessen Geheimnissen er auf die Spur gekommen ist – «
    »Woher wissen Sie das?«, rief Sharma, und der Ausdruck in seinen

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