Undercover
schnell nicht mehr tanzen gehen - vielleicht nie wieder.
Zumindest nicht ohne Geräte. Unwillkürlich hatte ich Bilder in meinem Kopf - Cross und Mecha-Winslow in einer Scheune, wie sie zu Fiedel und Flöte tanztea »Apropos tanzen - hast du die Schlampe eigentlich erwischt?«, fragte sie dann.
»Gewissermaßen«, sagte Cross und wandte sich um. Damit gab er den Blick auf mich frei. Ich hob die Hand zu einem zögerlichen Gruß.
Das Piepen, das Winslows Herzschlag meldete, wurde hektischer, und ein, zwei andere Geräte, die ich nicht zuordnen konnte, veränderten ebenfalls ihre Geräuschkulisse. Der Mecha machte einen Schritt zurück; eine erstaunlich menschlich wirkende Angstreaktion für so einen Berg aus Stahl, Kabeln und Öl. Gleichzeitig fuhr an einem Arm ein Lauf aus. Das verdammte Ding hatte die Ausmaße eines Maschinengewehrs und musste mit Winslows Gehirn verdrahtet sein. Damit würde sie nicht nur mich, sondern noch die nächsten drei Gebäude durchsieben. Das Mädchen war gut ausgerüstet.
»Hey, keine Angst«, setzte Richard schnell hinzu. »Sie ist unbewaffnet und tut dir nichts. Sie steht auf unserer Seite!«
Swift schnaufte abfällig, und Winslow glotzte mich mit blutunterlaufenen Augen an. »Die hat mich beinahe umgebracht.«
»Sie hat versucht zu helfen, Winslow. Um die Leute in der Bar vor der Granate zu retten - und mich, nebenbei, auch.«
Ich nickte. »Wenn’s dich tröstet - ich dachte, bei dir könnte man nicht mehr so viel kaputt machen, nachdem dich die Kugeln getroffen hatten.«
»Schusssichere Weste.«
Ich starrte sie an, als ich begriff, was das bedeutete. Jabberts Kugeln hatten ihr vermutlich nur ein paar Prellungen zugefügt. Der Schaden, den sie erlitten hatte, musste beinahe vollständig von der Granate stammen, die ich ins obere Stockwerk geworfen hatte. Ich fluchte stumm.
»Tu nicht so, als wenn dir das leidtäte«, kam aus dem Lautsprecher.
»Es tut mir leid«, sagte ich. »Da unten waren beinahe zweihundert Menschen. Und du hättest es auch nicht anders gemacht, wenn du in meiner Situation gewesen wärst.« Ich neigte den Kopf leicht zu Cross hinüber und sprach den Rest des Satzes nicht aus: Wenn du versucht hättest, dich und Richard zu retten.
Ich konnte das Gesicht der Verletzten unter dem durchsichtigen Respirator nur halb erkennen, doch die Augen sprachen Bände. Sie starrte mich trotz der grünblauen Schwellungen auf Wangenknochen, Stirn und Auge an. Dann glitt ihr Blick hinüber zu Cross. Ich hatte den Eindruck, dass sie ahnte, was zwischen ihm und mir vorgefallen war.
Und dass es wehtat. Sie funkelte mich einen Moment lang kämpferisch an, dann schloss sie erschöpft die Augen.
In ihrer Situation war sie nicht fähig zu einem Wettbewerb - und vermutlich war ihr nur zu klar, dass sie den auch gesund nicht gewonnen hätte. Man konnte einen Menschen nicht dazu zwingen, jemanden zu lieben.
»Kann sie hereinkommen?«, bat Cross. »Wir müssen uns mit dir besprechen, Winslow. Was Technik angeht, macht dir keiner etwas vor.«
Winslow presste die Lippen zusammen und fuhr das Maschinengewehr des Mecha-Arms nervös ein und aus. Der alte Trotz kehrte in ihren Blick zurück. »Wenn du etwas versuchst, puste ich dich aus den Stiefeln«, sagte die mechanische Stimme.
Doch Cross’ Stichwort ließ mein Herz schneller schlagen. Winslow, das Technik-Genie, war am Leben. Gab es vielleicht doch eine Möglichkeit, den Sprengsatz in meinem Kopf zu deaktivieren? Wenn man den Akku seines Störsenders regelmäßig auflud, blieb vielleicht genug Zeit dafür … Doch nach diesem Aufbäumen der Hoffnung fuhren meine Selbstschutzmechanismen hoch. Nur nicht zu früh freuen, Elyzea, sagte ich mir. Sonst fällst du nur umso tiefer.
Der Mecha fuhr den Gewehrlauf ein und hob die geballte Stahlfaust. Erst dachte ich, Winslow wolle mit dem Koloss auf mich zustapfen und mich zu Brei hauen, doch dann fuhr der metallene Mittelfinger zu einer obszönen Geste aus. Ich grinste schief. Ich schätze, das hatte ich verdient. »Ich hab dich auch lieb, Schätzchen«, erwiderte ich und betrat mit den anderen die Halle.
In dem Raum herrschte eine Spannung, die sich wie ein Wellenkamm an uns brach. Offenbar war den Leuten aufgefallen, wie lange Cross bei mir in der Kammer geblieben war - und bei dem dünnen Holz der Wände hatte man uns vermutlich zuhören können.
»Wie geht es Turner?«, fragte ich in den Raum. Ich hatte gehofft, den Freibeuter hier anzutreffen.
»Er wird leben«, sagte die Frau
Weitere Kostenlose Bücher