Unter dem Zwillingsstern
m ußte es verpatzt haben.
» W ir rufen Sie dann in ein paar T a gen an, Fräulein Fehr«, m einte der Angestellte, der sie hinausgeleitete, und besiegelte da m it ihre Ver m utung.
Mehr als depri m iert m a chte sie sich auf den Weg zurück in die Stadt. Frau Beuren hätte sie ver m utlich ausgelacht. Renate Beuren hatte den Film i m m er a bgelehnt und nie verstanden, daß Schauspieler wie W erner Krauß oder E m il Jannings regel m äßig von den Brettern zur Leinwand und zurück wechselten, w as es ihr un m öglich m achte, das neue Me di um als Auffangbecken f ür zweit k la s sige Talente abzuq u ali f i z ieren.
»Sie haben im Deutschen Theater gespielt, Carla«, würde sie jetzt sagen, »da ist es doch völlig bede ut ungslos, ob Sie in einer a m erikanisch finanzierten Jahrmar k tsattraktion heru m hüpfen!«
Frau Beuren fehlte i h r. Der Gedanke an sie b rachte Carla d a zu, sich eine M atin e e-Vorst e llu n g im Deutschen Theater anzusehe n , ehe i h re eigenen Pflichten begannen; gegeben wurde Vor Sonnenuntergang, ein neues S t ück von Gerhart Haupt m ann m it W e r ner Krauß und Helene Thi m ig in den Hauptrollen, in dem sie hätte m itwirken können, wenn Robert nicht gewesen wäre. Der Gedankengang war ungerecht und selbst m itleidig, das war ihr klar, und sie verabscheute sich dafür; um sich davon abzulenken, besuchte sie nach der Vorstellung noch Eleonore von Mendelssohn, m it der sie sich seit ihrer W iederbegegnung bei Renate Beuren angefreund e t hatte und die in dem Stück die Tochter von Werner Krauß verkörperte.
»Und ? « fragte Eleonore nach e i ner stür m i schen Begrüßung. » W as hältst du von m i r als H ysterike r in und von Mada m e als liebender junger Gefährtin eines großen alten Mannes ? « Ihre schönen dunklen Augen erreichte das Lächeln ihrer L i ppen nicht, als sie fortfuhr: »Ist es nicht gewagt, uns so ganz gegen unser Naturell zu besetzen ? «
Carla wußte aus Erfahrung, daß es sinnlos war, Eleonore zu fragen, warum sie sich dieser Quälerei un t erzog, also tat sie ihr den Gefallen und gab eine Antwort, die sie auf m untern würde.
»Mada m e ist nicht m ehr jung genug für eine Naive, und an ihrer Stelle würde ich m i r Sorgen da r über m achen, daß das Stück m it d e m Selbst m ord des großen alten M a nnes endet. Kennst du Gerhart Haupt m ann«, eigentlich eine überflüssige Frage, Eleonore kannte jeden, und gewiß auch den alten P a triarchen des deutschen Dra m a s ,
»gut genug, um ihn etwas über sei n e Inspiration auszuhorchen ? «
»Nein, Carla, m i r wird keine Audienz in seinem Do m i zil gewährt. Übrigens auch sonst kaum j e m and e m ; Max m u ßte hauptsächlich m i t Haupt m ann junior verhandeln.«
»Kennst du«, begann Carla zögernd, »eigentlich einen Filmproduzenten na m ens Kohner, Paul Kohner ? «
»H m . Vage. Carl Laem m l es Protege, glaube ich, und zur Zeit…« Sie hielt inne. »Sag b l oß, du hast für diesen Carmilla-Film vorgesproche n ?«
Carla versuchte es m it ihrer besten Frau-von- W elt-Maske. »Nun ja, ich habe einen Leinwandtest ge m ac h t.« Doch ihre Depression veranlaßte sie hinzuzufügen: »Der K a m era m ann hat gesagt, sie würden in ein paar Tagen anrufen, und du weißt ja, was das bedeutet.«
Nach rückwärts über ihre Stuhllehne gebeugt, lächelte Eleonore sie an, dies m al m it echter Belustigung.
»Beim Film nicht unbedingt. Schau m al, sie müssen das Ganze ja erst ein m al entwickeln und ansehen. Aber verrate m ir doch, m ein Lamm, weißt du überhaupt, worum e s in dem Film geht? Der Klatsch ver m eldet etwas von Nosferatu, ge k reuzt m it Mädchen in Uniform, und was die Regisseurin betrifft…«
»Eine Regisseurin? W er ? « fragte C a rla neugierig. Es gab nicht viele Frauen, die Regie führten. »Leontine Sagan ? «
Das war die Regisseurin von Mädchen in Uniform gewesen, des Fil m s, der i m letzten Jahr Furore ge m acht hatte. Nicht nur die Regisseurin, auch die Autorin des Bühnen s tücks, auf dem der Film basierte, und sämtliche Darsteller waren weiblich; dazu kam das Th e m a von der Liebe einer Sc h ülerin zu i h rer Lehrerin. Ein Teil der Kriti k er war begeistert, der andere entsetzt.
»Nein, eine A m erikanerin m it einem von diesen N a m en, die m an sich nur in A m erika einfallen l a ssen kann. Genevieve Beres f ord.« I n Eleonores G esicht trat etwas Spitzb ü bisches. » O h, ich hoffe wirklich, daß du sie kennenlernen wirst.«
Genevieve Beresford
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