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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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ahrhaft Deutschen«, und ihres Führers Rupert Kutzner und endete m it dem verunglückten Putsch dieser Partei. B eim Ers c heinen des Ro m ans 1930, gerade rechtzeitig zum W ahlkampf, war jedem klar gewesen, wer ge m eint war. Nun standen wieder Reichstagswahlen an, im Juli. Peter W ermut beschloß, die Haupthandlung um die ung e rechte Verurteilung des Museu m sdirektors Martin Krüger aus politischen Gründen und den K a m pf von Johanna Krain um s eine Rehabilitierung ein f ach fallenzulassen. Man konnte dem in f ü nfzig Minuten ohnehin nicht Genüge tun. Statt dessen konzentrierte er sich auf die Kapitel um d e n Putsch im Jahre 1923. Es war Ast r id W ill, die bereits m ehrere Hörspiele für das Her m es-Theater im Rundfunk geschrieben hatte, die, als er ihr di esen Vorsc h lag m achte, auf den entscheiden d en Einfall ka m .
    »Laß es uns als lauter Reportag e n schreiben«, schlug sie vor. »Interviews m i t allen Beteiligten, ständige neue Berichte im Rundfunk…«
    Robert bekam das Manuskript wie üblich erst am Abend vorher zu sehen, blätterte es flüchtig durch und entdeckte erst nach einem Hinweis Peter We r m uts, was es da m it a u f sich hatte. Er lachte und m einte, Feucht w anger werde sie vielleicht der Verstüm m elung beschuldigen, doch es sei ein netter zeitg e nössischer Beitrag zum Wahlka m p f.
    »Es könnte uns in Schwierigkeiten bringen«, sagte Peter We r m ut bedeutsa m .
    »Aber woher denn ? « gab Robert z u rück. »Es i s t die Dra m atisierung eines Ro m ans na ja, eines Ro m anteils -, und jegliche Ähnlichkeit m it lebenden oder toten Personen ist rein zufällig. Ihr habt da eine ge n iale Idee geha b t. Glaub m ir, das wird ein Riesenspaß . « In der einen Probe, die er ab h i elt, entde c kte W e r m ut halb begeistert, halb beunruhigt, daß Robert seine Idee n o ch einen Schritt weit e r get r ieb e n hatte. Alle Sprecher imitierten die Vorbilder ihrer Chara k tere, so genau sie konnten, was, da die m e isten inzwischen im Rundfunk zu hören gewesen waren, nie m and e m schwerfiel; Hugo, der die Rolle Kutzners er halten h atte, a m üsierte sich prächtig m it rollendem R und stakkatoartigen Betonungen.
    »Die grrro ß e vaterrrlän d ische Errrneuerung ste h t vor der Türrrr!«
    »Härtere T’s, Hugo, här t ere T’s«, rief Robert.
    »Und wen spielst du ? « erkundigte s i ch Peter W er m ut, den es wunderte, daß Robert nicht selbst diese R olle übernommen hatte.
    »Den Reporter, den bayerischen Ministerpräsidenten und den Altmöbelhändler Cajetan Lechner«, entgegnete Robert. »Von euch Preußen kriegt doch keiner einen anständigen bayeri s chen Dialekt zustande. D eu-ttt-sche NatION, die Betonung auf der letzten Silbe, Herrschaftzeiten, Hugo, wie o f t soll ich das noch sagen!«
    »Gott steh uns bei«, seu f zte W e r m ut.
    Die Ausstrahlung wurde ordnungs g e m äß angekündigt als eine Dra m atisierung des Ro m ans Erfolg von Lion F euchtwanger, von und m it Robert König und dem He r m e s- T heater im Rundfunk. Aber wer sein Ger ä t z u spät e ins c halt e te, e rl e bte nur im m er au f geregtere R e portagen über De m onstrationen, Verhaftungen, Auf m ärsche in München. Ein Teil der Zuhörer erinnerte sich an den Putsch vor neun Jahren; ein Teil ac h tete auch darau f , daß die genannten Namen fiktiv waren. Die überwiegende Mehrheit jedoch tat nichts dergleichen.
    Zu d e m Zeitpunkt, als Hugo donnerte: »Der Marrrsch auf Berrrlin hat begonnen«, und Robert anschließ e nd kommentierte: »Soweit der Führer der Wahrhaft Deutschen, der vielleicht schon m orgen der Führer der Nation sein wird«, waren etwa zwei Drittel sei n er Hörer überzeugt, daß der durch die verlorene Präsidentschaft s wahl ergrim m t e Hi t l er nun en d gültig das Warten auf die Legalität satt hatte und nach der Macht griff. Je nach Einstellung und Loyalität wurden Koffer gepackt, Pässe gesucht oder Unifor m e n hervorgeholt. Die Führung der SA, bei der sich m ehr und m ehr Männer m eldeten, die das Ihre z u m Sieg der Sache beitr a gen wollten, war unter d en ersten Anrufern beim Radio. Die großen Zeitungsredaktionen und Nachrichtenagenturen folgten.
    » W ir m üssen sofort abbrechen«, s t ieß der zuständige Redakteur bleich hervor, als er begriff, was vor sich ging.
    »Dann wird die Panik nur noch grö ß er«, ent g eg n ete sein Chef verbissen. »Nein, wir lassen den Jungen die Sendung zu Ende bringen. Aber danach rollen Köpfe, und nicht zuletzt

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