Venezianische Versuchung
Sie soll neben mir sitzen, damit wir uns während des Mahls unterhalten können. Und löschen Sie einen Teil der Kerzen. So hell muss es wirklich nicht sein.“
In kürzester Zeit erfüllte der Lakai alle Forderungen, und für Jane wurde ein Stuhl in nächster Nähe des Dukes zurechtgerückt.
Als sie Platz genommen hatte, meinte Aston: „Das gefällt mir schon besser. Jetzt fehlt nur noch etwas Wein zu unserem Glück.“
Der Lakai beeilte sich, einzuschenken. Doch Jane vereitelte seine Bemühungen, indem sie mit der flachen Hand ihr Glas bedeckte.
„Was soll das?“, fragte Richard und schaute sie ungläubig an. „Soll das heißen, dass Sie nichts mit mir trinken wollen?“
„Ich würde mich zum Narren machen, wenn ich versuchte, genauso viel zu trinken wie Sie, Euer Gnaden.“ Mit der Hand bedeckte sie noch immer schützend das Glas. „Ich bin nicht an den Genuss von Wein gewöhnt.“
„Ach?“ Er hob die Brauen. „Sie sollten mich nicht anschwindeln. Ich weiß, dass auch im Dienstbotenquartier Alkohol getrunken wird. Schließlich zahle ich die Rechnungen.“
„Es stimmt, dass die Burschen gelegentlich Bier trinken. Aber wir Frauen halten uns zurück.“
„Hm … Und während der langen Reise mit meinen Töchtern? Frankreich ist berühmt für seinen Wein. Gewiss haben sowohl Mary und Diana als auch Sie gelegentlich ein Glas probiert. Haben Sie keinen Geschmack daran gefunden?“
Jane schüttelte den Kopf. „Ich habe feststellen müssen, dass ich Alkohol schlecht vertrage. Vielleicht liegt es daran, dass ich so klein bin. Jedenfalls ist es klüger, wenn ich nach einem Glas aufhöre.“
„Nun gut, dann soll es also nur ein Glas sein.“ Gut gelaunt schob er ihre Hand beiseite, und der Lakai füllte das Glas mit dunkelrotem Wein. „Ich möchte Sie nicht beschwipst erleben, Miss Wood. Doch dieser Wein soll fantastisch schmecken. Sie müssen ihn unbedingt kosten.“
Sie hob das Glas aus schwerem Kristall und schaute über dessen Rand zu Aston hin. „Ich werde darauf achten“, erklärte sie lächelnd, „dass ich bis zum Ende des Mahls etwas zu trinken habe.“
Er lachte. „Sie meinen, ohne dass nachgeschenkt wird? Ja, Sie sind zweifellos willensstark genug, um das zu schaffen. So klein Sie auch sein mögen, ich habe selten eine Frau mit größerer Selbstbeherrschung und mehr natürlicher Autorität erlebt als Sie.“
„Eine Ihrer Töchter hat mich einmal als Furcht einflößend bezeichnet.“
„Das wundert mich nicht. Trotzdem haben die beiden bestimmt immer wieder versucht, Sie zu überlisten. Wie ich annehme, vergeblich …“ Er hob sein Glas. „Auf Venedig und auf die Freundschaft.“
„Auf die Freundschaft“, wiederholte sie leise und nippte an ihrem Glas. Als der Duke sie gebeten hatte, mit ihm zu dinieren, war sie sich nicht sicher gewesen, was sie erwartete. Doch bis jetzt war es ein erfreuliches Erlebnis.
„Das ist ein wirklich guter Wein“, stellte Aston anerkennend fest. „Es wundert mich nicht, dass Sie gern hier wohnen, wenn Sie jeden Abend etwas so Gutes aus dem Weinkeller der Signora bekommen – selbst wenn Sie sich mit einem einzigen Glas zufriedengeben.“
„Signora della Battista lagert nur heimische Weine ein. Und die haben einen sehr guten Ruf, Euer Gnaden“, sagte Jane, die stets bereitwillig über alles Auskunft gab. „In der Stadt wachsen natürlich keine Reben. Aber in der Umgebung, im sogenannten Veneto, gedeihen ein paar recht bekannte Sorten. Ich glaube, wir trinken gerade einen Valpolicella. Es heißt, dass schon die alten Cäsaren …“
„Um Himmel willen, nicht schon wieder eine Unterrichtsstunde!“
„Oh, verzeihen Sie, Euer Gnaden.“ Ihr Bedauern war echt. „Ich fürchte, ich kann gar nicht anders, als mein Wissen bei jeder Gelegenheit weiterzugeben. Aber ich werde mich bemühen, diese Angewohnheit zu überwinden!“
„Das wäre nett.“ Er betrachtete ihr Gesicht so eingehend, dass sie errötete. „Ich möchte tausendmal lieber etwas über Sie hören als über die Cäsaren.“
Noch nie hatte ein Mann sie so angelächelt. Sie empfand eine gewisse Verwirrung, doch es war kein unangenehmes Gefühl. Auch spürte sie, wie ihr innerlich warm wurde. Ein leichter Schwindel ergriff sie. Am erstaunlichsten allerdings fand sie, dass sie sich unter dem Blick des Dukes beinahe schön fühlte.
„Aber Gentlemen mögen die Cäsaren, Euer Gnaden“, erwiderte sie ein wenig atemlos. „Kriege, Eroberungen, Streitwagen! Das alles ist doch viel
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