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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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»Ich habe übrigens noch etwas zu erledigen ...«
    »Werdet ihr denn auch getrennt essen?« rief Rasumichin und sah Raskolnikow erstaunt an. »Was fällt dir ein?«
    »Ja, ja, ich werde natürlich kommen ... Du aber bleibst eine Weile hier. Sie brauchen ihn doch nicht, Mamachen? Oder nehme ich ihn Ihnen fort?«
    »Ach, nein! Sie werden doch mit uns zu Mittag essen, Dmitrij Prokofjitsch? Sie werden so gut sein?«
    »Bitte, kommen Sie«, bat Dunjetschka.
    Rasumichin nahm Abschied und erstrahlte plötzlich. Einen Augenblick lang waren sie alle seltsam verlegen.
    »Leb wohl, Rodja, das heißt: auf Wiedersehen; ich liebe nicht, ›leb wohl‹ zu sagen. Leb wohl, Nastasja ... ach, nun habe ich schon wieder ›leb wohl‹ gesagt! ...«
    Pulcheria Alexandrowna wollte sich auch vor Ssonjetschka verbeugen, es gelang ihr aber nicht, und sie verließ eilig das Zimmer.
    Aber Awdotja Romanowna schien zu warten, bis die Reihe an sie käme, und als sie mit der Mutter an Ssonja vorbeiging, verabschiedete sie sich von ihr mit einer aufmerksamen, höflichen und tiefen Verbeugung, Ssonjetschka wurde verlegen und verbeugte sich hastig und erschrocken, und auf ihren Zügen zeigte sich sogar ein schmerzvoller Ausdruck, als wären ihr die Höflichkeit und Aufmerksamkeit Awdotja Romanownas lästig und qualvoll.
    »Dunja, so leb denn wohl!« rief Raskolnikow ihr nach. »Gib mir doch die Hand!«
    »Ich hab sie dir schon gegeben, hast du es vergessen?« antwortete Dunja, sich freundlich und linkisch zu ihm umwendend.
    »Nun, was macht's, gib sie mir noch einmal!«
    Und er drückte ihre Finger stark zusammen. Dunjetschka lächelte ihm zu, wurde rot, entriß ihm schnell ihre Hand und folgte der Mutter; sie war, sie wußte selbst nicht warum, selig.
    »Nun, das ist ja schön!« sagte er zu Ssonja, wieder in sein Zimmer zurückkehrend und sie heiter anblickend. »Gott gebe den Toten die Ruhe und den Lebenden das Leben! Nicht wahr? Nicht wahr? Es ist doch wahr?«
    Ssonja sah ihm sehr verwundert in sein plötzlich erhelltes Gesicht; er blickte sie einige Sekunden stumm und unverwandt an; alles, was ihr verstorbener Vater von ihr erzählt hatte, ging ihm in diesem Augenblick wieder durch den Sinn ...
    »Mein Gott, Dunjetschka!« sagte Pulcheria Alexandrowna, sobald sie wieder auf der Straße waren. »Jetzt bin ich selbst fast froh, daß wir weggegangen sind: es ist mir gleich irgendwie leichter zumute. Nun, habe ich gestern im Eisenbahnwagen denken können, daß ich mich sogar darüber freuen würde?«
    »Ich sage Ihnen wieder, Mamachen, daß er noch sehr krank ist. Sehen Sie es denn nicht selbst? Vielleicht ist er darum so herunter, weil er so viel unsertwegen gelitten hat. Man muß nachsichtig sein, und dann kann man vieles, vieles verzeihen.«
    »Du warst aber nicht nachsichtig!« unterbrach sie sofort hitzig und eifersüchtig Pulcheria Alexandrowna. »Weißt du, Dunja, ich habe euch beide angesehen: du bist sein Ebenbild, und zwar weniger was das Gesicht, als was die Seele betrifft: ihr seid beide Melancholiker, beide finster und hitzig; beide hochmütig und beide hochherzig ... Es kann doch nicht sein, daß er ein Egoist ist, Dunjetschka! Wie? ... Und wenn ich daran denke, was sich heute abend abspielen wird, so steht mir das Herz still!«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Mamachen: es wird kommen, was kommen muß.«
    »Dunjetschka, bedenke doch, in welcher Lage wir jetzt sind! Was, wenn Pjotr Petrowitsch seinen Antrag zurückzieht?« entschlüpfte es unbedachterweise der armen Pulcheria Alexandrowna.
    »Was ist er dann wert, wenn er es tut?« antwortete Dunjetschka scharf und verächtlich.
    »Das haben wir gut getan, daß wir jetzt weggegangen sind«, unterbrach sie Pulcheria Alexandrowna hastig. »Er hat etwas Eiliges vor und will weggehen; soll er nur ausgehen und wenigstens frische Luft atmen ... es ist bei ihm so furchtbar dumpf ... wo soll man hier aber frische Luft atmen? In den hiesigen Straßen ist es wie in einem ungelüfteten Zimmer. Mein Gott, was ist das für eine Stadt! ... Wart, geh zur Seite, man wird dich noch erdrücken, die Leute tragen etwas! Da haben sie eben ein Klavier vorbeigetragen ... wie sie nur stoßen ... Vor diesem Fräulein habe ich auch große Angst ...«
    »Vor was für einem Fräulein, Mamachen?«
    »Nun, vor dieser Ssofja Ssemjonowna, die eben da war ...«
    »Warum denn?«
    »Ich habe so eine Vorahnung, Dunja. Du magst mir glauben oder nicht, als sie aber hereinkam, dachte ich im gleichen Augenblick, daß die

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