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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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zeigte auf Rasumichin), daß ich Blutvergießen gestatte. Was ist denn dabei? Die Gesellschaft hat doch genügend Sicherungen; sie hat die Verbannung, Gefängnisse, Untersuchungsrichter, Zuchthäuser – was soll man sich noch Sorgen machen? Suchen Sie den Dieb! ...«
    »Und wenn wir ihn finden?«
    »So ist es ihm recht geschehen.«
    »Sie sind wirklich logisch. Und wie ist es mit dem Gewissen?«
    »Was geht uns das Gewissen an?«
    »Nun, ich meine aus Humanität.«
    »Wer ein Gewissen hat, soll nur leiden, wenn er seinen Irrtum einsieht. Das ist eine Strafe für ihn – neben dem Zuchthause.«
    »Nun, und die wirklich Genialen,« fragte Rasumichin finster, »ich meine die, denen das Recht gegeben ist, zu morden, sollen die gar nicht leiden, auch wegen des vergossenen Blutes nicht?«
    »Warum gebrauchst du das Wort ›sollen‹? Hier gibt es weder eine Erlaubnis noch ein Verbot. Soll er nur leiden, wenn ihm das Opfer leid tut ... Leid und Schmerz sind der weiten Erkenntnis und dem tiefen Herzen immer eigen. Die wahrhaft großen Menschen müssen, glaube ich, eine große Trauer auf Erden empfinden«, fügte er plötzlich nachdenklich hinzu, gar nicht im Tone des ganzen Gesprächs.
    Er hob die Augen, blickte alle nachdenklich an, lächelte und griff nach seiner Mütze. Er war viel ruhiger als vorhin bei seinem Eintritt und fühlte es auch. Alle erhoben sich.
    »Nun, Sie können auf mich schimpfen oder nicht, auf mich böse sein oder nicht, aber ich kann mich nicht bezwingen«, sagte wieder Porfirij Petrowitsch: »Gestatten Sie mir noch eine kleine Frage (ich belästige Sie wirklich furchtbar!), ich will nur noch eine einzige kleine Idee äußern, einzig um es nicht zu vergessen ...«
    »Gut, sagen Sie mir Ihre Idee«, sagte Raskolnikow, der ernst und bleich in Erwartung vor ihm stand.
    »Ich weiß wirklich nicht, wie ich es am besten ausdrücke ... die Idee ist allzu pikant ... und psychologisch ... Als Sie Ihren Aufsatz verfaßten, so ist es ausgeschlossen, he-he, daß Sie sich nicht selbst für einen, und wenn auch nur ein bißchen ›ungewöhnlichen‹ Menschen hielten, der ein neues Wort, natürlich in Ihrem Sinne, sagt ... Es ist doch so?«
    »Sehr möglich«, antwortete Raskolnikow verächtlich.
    Rasumichin machte eine Bewegung.
    »Und wenn es sich so verhält, würden Sie sich denn auch entschließen, sagen wir angesichts irgendwelcher Mißerfolge und Bedrängnisse im Leben, oder um die ganze Menschheit irgendwie zu fördern, sich über ein Hindernis hinwegzusetzen? Nun, zum Beispiel, einen Mord oder Raub zu begehen? ...«
    Und er zwinkerte ihm wieder eigentümlich mit dem linken Auge zu und lachte unhörbar, genau wie vorhin.
    »Wenn ich mich auch hinwegsetzen würde, so würde ich es Ihnen ganz gewiß nicht sagen«, antwortete Raskolnikow mit herausfordernder, hochmütiger Verachtung.
    »Aber nein, ich interessiere mich dafür nur, um Ihren Aufsatz besser zu verstehen, bloß in literarischer Hinsicht ...«
    – Pfui, wie deutlich und frech! – dachte Raskolnikow angeekelt.
    »Gestatten Sie mir, zu bemerken,« antwortete er trocken, »daß ich mich weder für einen Mohammed, noch für einen Napoleon, noch für eine ähnliche Person halte, und da ich keiner von ihnen bin, kann ich Ihnen keine befriedigende Erklärung abgeben, wie ich dann handeln würde.«
    »Aber, ich bitte Sie, wer hält sich jetzt bei uns in Rußland nicht für einen Napoleon?« sagte Porfirij plötzlich furchtbar familiär.
    Selbst im Tone seiner Stimme lag diesmal etwas besonders Deutliches.
    »Hat nicht auch so ein zukünftiger Napoleon unsere Aljona Iwanowna in der vorigen Woche mit einem Beile umgebracht?« platzte Samjotow aus seiner Ecke heraus.
    Raskolnikow schwieg und sah Porfirij unverwandt und fest an. Rasumichin blickte finster drein. Ihm war auch schon vorhin etwas aufgefallen. Er blickte zornig um sich. Eine Minute verging in düsterem Schweigen. Raskolnikow wandte sich, um wegzugehen.
    »Sie gehen schon?!« sagte Porfirij freundlich und reichte ihm sehr liebenswürdig die Hand. »Es freut mich außerordentlich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Und was Ihre Bitte betrifft, so können Sie unbesorgt sein. Schreiben Sie es so, wie ich Ihnen gesagt habe. Das beste ist, daß Sie mal zu mir selbst hinkommen ... dieser Tage ... vielleicht morgen. Wir werden alles machen ... wir werden uns unterhalten ... Vielleicht werden Sie als einer von denen, die zuletzt dort waren, uns etwas erzählen können ...« fügte er mit dem

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