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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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gepreßt und gepreßt, bis er alles gestand: ›Nicht auf dem Trottoir habe ich es gefunden, sondern in der Wohnung, die ich mit Mitrej anstrich.‹ – ›Auf welche Weise?‹ – ›Auf die Weise, daß wir beide, ich und Mitrej, den ganzen Tag bis acht Uhr gearbeitet hatten und schon weggehen wollten; da nahm Mitrej einen Pinsel mit Farbe und fuhr mir damit in die Visage; er fuhr mir in die Visage und lief davon, und ich ihm nach. So laufe ich ihm nach und schreie dabei, was ich schreien kann; und im Torweg rannte ich gegen den Hausknecht und einige Herrschaften; wieviel Herrschaften es waren, das weiß ich nicht mehr, und der Hausknecht hat deswegen geschimpft, und auch ein anderer Hausknecht hat geschimpft, und das Weib vom Hausknecht kam heraus und hat auch geschimpft, und auch ein Herr, der mit einer Dame durch das Tor ging, hat geschimpft, weil ich und Mitrej den Weg versperrten: ich hatte den Mitrej bei den Haaren gepackt, zu Boden geworfen und zu prügeln begonnen, und auch Mitrej hatte mich, unter mir liegend, bei den Haaren gepackt und auch mit den Fäusten gepufft; wir machten das aber nicht aus Feindschaft, sondern in aller Freundschaft, im Spiel. Mitrej machte sich dann frei und lief auf die Straße, und ich ihm nach. Ich holte ihn aber nicht ein und kam allein in die Wohnung zurück, denn es war da noch nicht aufgeräumt. Wie ich aufräumte und auf Mitrej wartete, trat ich an der Vorzimmertür, an der Wand in der Ecke auf die Schachtel. Ich sehe, da liegt sie in Papier eingewickelt. Ich wickelte sie aus dem Papier und sah so kleine Häkchen; die Häkchen hakte ich auf und sah in der Schachtel die Ohrringe liegen ...‹«
    »Hinter der Tür? Hinter der Tür hat sie gelegen? Hinter der Tür?« rief plötzlich Raskolnikow, Rasumichin mit trüben, erschrockenen Augen ansehend; er erhob sich langsam vom Sofa, indem er sich mit der Hand stützte.
    »Ja ... warum? Was hast du? Was bist du so aufgeregt?« Auch Rasumichin erhob sich von seinem Platz.
    »Nichts!« sagte Raskolnikow kaum hörbar, wieder auf das Kissen sinkend und sich zur Wand wendend. Alle schwiegen eine Weile.
    »Er war wohl eingeschlafen und hat aus dem Schlafe gesprochen«, sagte endlich Rasumichin mit einem fragenden Blick auf Sossimow; jener schüttelte aber leise den Kopf.
    »Nun, fahr fort,« sagte Sossimow, »was kam weiter?«
    »Was weiter kam? Kaum hatte er die Ohrringe erblickt, als er sofort die Wohnung und den Mitrej vergaß, seine Mütze nahm und zu Duschkin lief; von ihm bekam er bekanntlich einen Rubel und log ihm vor, daß er die Ohrringe auf dem Trottoir gefunden habe. Und gleich darauf fing er zu bummeln an. Was aber den Mord betrifft, so bestätigt er, was er schon einmal gesagt hat: ›Ich weiß von nichts, hab es erst am dritten Tage erfahren.‹ – ›Warum hast du dich aber bisher nicht sehen lassen?‹ – ›Vor Angst.‹ – ›Und warum hast du dich erhängen wollen?‹ – ›Ich hatte so einen Gedanken.‹ – ›Was für einen Gedanken?‹ – ›Daß man mich einsperrt.‹ Das ist die ganze Geschichte. Nun, wie denkst du, was für Schlüsse haben sie daraus gezogen?«
    »Was ist da viel zu denken, eine Spur ist doch immerhin vorhanden, eine Tatsache. Sollte man etwa deinen Anstreicher laufen lassen?«
    »Sie haben ihn aber einfach zum Mörder gemacht! Sie haben gar keine Zweifel ...«
    »Du übertreibst, du bist zu hitzig. Nun, und die Ohrringe? Gib doch zu, daß, wenn die Ohrringe am gleichen Tage und zur selben Stunde aus der Truhe der Alten in Mikolais Hände geraten sind, – so gib doch zu, daß sie auf irgendeine Weise zu ihm geraten sein müssen! Das ist doch bei einer solchen Untersuchung gar nicht unwichtig.«
    »Wie sie geraten sind! Wie sie geraten sind!« schrie Rasumichin. »Siehst du denn nicht, der du als Arzt vor allen Dingen verpflichtet bist, den Menschen zu studieren, und mehr als jeder andere die Gelegenheit hast, die menschliche Natur zu erfassen, siehst du denn aus allen diesen Daten nicht, was für eine Natur dieser Mikolai ist? Siehst du denn nicht gleich auf den ersten Blick, daß alles, was er bei den Verhören ausgesagt hat, die heiligste Wahrheit ist? Die Ohrringe sind in seine Hände genau so geraten, wie er es ausgesagt hat: er ist auf die Schachtel getreten und hat sie aufgehoben!«
    »Die heiligste Wahrheit? Er hat aber doch selbst gestanden, daß er das erste Mal gelogen hat!«
    »Höre, was ich sage, höre aufmerksam zu: der Hausknecht, und Koch, und Pestrjakow, und der zweite

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