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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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Schurke war mit verantwortlich für den Petersburger Blutsonntag von 1905, im Januar, wenn ich das richtig behalten habe. Die Akte enthält noch mehr Fälle, aber das ein andermal.«
    » Lieber Himmel!«, ruft Drummond aus. » Das ist ja ungeheuerlich! Melville ist ein Falschspieler? Damit geraten ja alle unsere Ermittlungen ins Wanken! Sollten wir nicht unverzüglich den Captain informieren?«
    » Oh, ich glaube, Kell weiß das.« Clarke hebt die Schultern und läßt sie resigniert wieder sinken. Dann bleibt er stehen und sagt eindringlich: » Kein Wort zum Captain! Und zu niemand anderem! Sergeant McIntyre hat mich ausdrücklich gewarnt, auch nur die kleinste Andeutung zu machen, denn Melville sei äußerst skrupellos.« Er macht eine Geste des Halsabschneidens.
    » Aber wir können doch nicht einfach schweigen und so tun als wäre nichts.«
    » Sollten wir aber. Mehr können wir jetzt nicht tun. Die Zeit ist noch nicht reif, die Sache ans Tageslicht zu zerren. Vergessen Sie nicht, Melville hat mächtige Freunde!«
    Er streckt Drummond die Hand hin. » Ich muß nach Hause, Randolph. Machen Sie’s gut, und kein Wort davon zu wem auch immer!«
    Drummond steigt nachdenklich in den Schlund der U-Bahn hinunter. Warum hat Clarke ihm das alles erzählt? Wahrscheinlich sucht er einen Verbündeten, mit dem er sein Wissen teilen kann. Aber wozu? Sind wir beide jetzt eine Widerstandsbewegung innerhalb des SSB ?
    Zu Hause sitzt Drummond in seinem Sessel, ein Glas Bushmills in der Hand und grübelt. Er wundert sich über Melvilles Überfall auf den Buchladen im Oktober. Wenn das Legen von Beweisen Mellvilles Masche ist, warum hat er es dann in diesem Fall nicht versucht? Ein paar Gewehre ins Haus oder in den Hof geschmuggelt, und der Fall wäre erledigt gewesen. Es müssen ja nicht gleich Klavierkisten voll sein. Nachdenklich läßt er mit kleinen Bewegungen des Handgelenks den Whisky im Glas kreisen, bis sich ein kleiner, goldfarbener Strudel bildet. Er will sich nicht vorstellen, daß Melville, mit seinen vielen Jahren Erfahrung, so eine Aktion unternimmt, ohne einen eindeutigen Beweis in der Hand zu haben oder wenigstens einen konkreten Hinweis. Er kann doch nicht so naiv sein und das Geschwätz dieses schleimigen Schriftstellers für bare Münze nehmen, auch wenn er ihm seine sonstigen Phantastereien glaubt. Hat Melville etwa mit Absicht so gehandelt? Und wenn, warum? Um Peterman einzuschüchtern? Zu diskriminieren? Der Verdacht wird jedenfalls lange an dem Buchhändler hängenbleiben, auch in der Öffentlichkeit, denn der Fall war in die Zeitungen gekommen. Northcliffes Daily Mail hatte geschrieben, daß die Durchsuchung ein Schlag ins Wasser gewesen sei. Dies sei aber keinesfalls Scotland Yard anzulasten. Immerhin habe die Polizeiaktion bewiesen, wie ernst man im Home Office die unzweifelhaft bestehende Bedrohung durch eine gewisse kontinentale Macht nehme und wie wachsam man sei. Man dürfe andererseits nicht vergessen, daß man es mit einem perfiden Gegner zu tun habe, der für die Perfektion und Präzision seiner finsteren Pläne wohlbekannt sei. Damit müßte Peterman geschäftlich so gut wie erledigt sein, jedenfalls bis andere Ereignisse die Angelegenheit aus dem Bewußtsein des Publikums verdrängen, denkt Drummond. Aber war das alles, was Melville erreichen wollte? Ohne Rücksicht auf den Ruf von Scotland Yard und den Geheimdienst, an dessen Gründung er selbst beteiligt war? Irgendwie ist das kein richtiges Motiv. Es muß noch etwas anderes dahinterstecken.
    London, Cecil Court, 3. April 1912, Mittwoch
    Sechs Wochen ist es her, seit Drummond sich zum erstenmal mit Emmeline bekanntgemacht hat. Seither benutzt er nicht mehr die Station Leicester Square, sondern Charing Cross, denn so führt ihn der Weg vom Cecil Court an dem Haus vorbei, vor dem er ihr begegnet ist. Meistens hat er es so einrichten können, daß er auch zur gleichen Zeit wie beim ersten Mal dort entlangschlenderte, so langsam wie möglich.
    Es hat aber gut zwei Wochen gedauert, bis er ihr dort wiederbegegnet ist. Er hat sie angesprochen, und sie hat sich von ihm zum Tee in Gatti’s Café einladen lassen. Zwei Stunden lang haben sie sich dort unterhalten. Er weiß jetzt, daß sie bei den Ladies Couriers arbeitet, hauptsächlich als Fremdenführerin, denn sie spricht Französisch und auch recht gut Deutsch. Es war ein wenig heikel geworden, als sie auf Vivian und Peterman zu sprechen kamen. Er hat ihr erzählt, er kaufe als ehemaliger Seemann dort

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