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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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gelegentlich Bücher, habe aber mit dem Buchhändler nur ab und zu ein paar Worte gewechselt. Danach haben sie sich alle zwei, drei Tage bei Gatti’s getroffen und miteinander geplaudert. Er hat ihr von seinen Fahrten als Schiffsoffizier nach Australien erzählt und daß er zur Zeit im Home Office als Sekretär arbeitet. Emmeline hat ihn nach seinem Sternzeichen gefragt, und er hat geantwortet: » Känguruh.« Daraufhin hat sie sich halbtot gelacht.
    Sie hat ein paar Anekdoten aus ihrer Tätigkeit als Fremdenführerin zum besten gegeben und ihm auch frank und frei erzählt, sie sympathisiere mit der Suffragettenbewegung und trete für das Wahlrecht der Frauen ein. Darum hatte er sich nie gekümmert, aber aus ihrem Mund hat es einleuchtend geklungen. Jetzt fand er es nur recht und billig, daß auch Frauen eine Stimme haben sollten, und das hat er ihr auch gesagt.
    Vor vierzehn Tagen hat er dann seinen ganzen Mut zusammengenommen und sie gefragt, ob er sie ins Theater einladen dürfe. Zu seiner Freude hat sie zugesagt. Am folgenden Samstagabend waren sie also zusammen ins New Gaiety Theatre an der Ecke Aldwych und Strand gegangen, um sich die neue Musical-Comedy Peggy anzusehen. Er im Frack mit Zylinder, sie in einer hübschen dunkelvioletten Abendrobe mit einem feingewirkten goldenen Schleier darüber. Ihren ausladenden grünen Hut hat sie an der Garderobe gelassen, wie es sich im Theater gehört.
    Das Stück war herrlich inszeniert, und die eher dünne Handlung hatte den Genuß nicht im geringsten beeinträchtigt. Anschließend waren sie auf einen Drink ins Romano gegangen und hatten noch fast zwei Stunden verplaudert. Es war ein sehr gelungener Abend gewesen, und zum Abschied vor ihrer Haustür hatte sie ihm erlaubt, sie zu küssen.
    Gut zweieinhalb Pfund hat ihn alles gekostet, aber das war es mehr als wert gewesen. Beschwingt war er nach Hause gegangen, den ganzen weiten Weg zu Fuß, und hatte die Melodien aus dem Musical vor sich hin gepfiffen, an die er sich noch erinnern konnte: Three Little Pebbles und Ladies, Beware! When the Lights are low.
    » Träumen Sie denn was Schönes?«, hört er die Stimme des Ladenbesitzers und zuckt zusammen. Wieder sitzt er schon seit Stunden sinnlos im Kamerashop herum. Er steht auf, nickt dem Mann zu und geht wortlos hinaus, sich die Beine ein wenig vertreten.
    Kiel, U-Boot-Flottille, 25. April 1912, Donnerstag
    Wie jeden Tag liest sich Seiler durch die Morgenzeitungen, die in der Messe ausliegen. Für Politik interessiert er sich kaum, er sucht hauptsächlich nach Meldungen, die Seefahrt oder Marine betreffen.
    Auf der Titelseite schlägt Kaiser Wilhelm internationale Verhandlungen über ein Abkommen zur Sicherheit der Dampfschiffahrt vor. Vor zehn Tagen, in der Nacht zum 15. April, war die Titanic untergegangen. Der gigantische Luxusdampfer war auf seiner Jungfernfahrt im Nordatlantik mit einem Eisberg kollidiert und innerhalb von drei Stunden gesunken. Eintausendfünfhundert Opfer waren zu beklagen, das Unglück erschütterte die ganze Welt. Auch heute noch sind zwei volle Seiten der Katastrophe und ihren Nachwirkungen gewidmet. Tag für Tag kommen neue Tatsachen ans Licht, etwa der Mangel an Rettungsbooten oder die ungenügende Ausbildung der Mannschaft, und es wird immer noch darüber gestritten, ob eine Order der Reederei den Kapitän gezwungen habe, mit Volldampf durch ein mit Treibeis und Eisbergen verseuchtes Seegebiet zu fahren, und das in der Nacht. Die White Star Line, heißt es, wollte für diese Reise um jeden Preis das Blaue Band für die schnellste Überquerung des Atlantiks erringen.
    Auf der zweiten Seite heißt es in einem kleinen Artikel, daß in englischen Zeitungen bereits mehrfach die Vermutung geäußert worden sei, die Titanic sei durch ein deutsches Tauchboot, das sich als Eisberg getarnt habe, mit einem Torpedoschuß versenkt worden.
    Er schüttelt den Kopf. Wer denkt sich da drüben nur solchen Blödsinn aus?
    Er blättert weiter, überfliegt die Überschriften. Neuerdings interessieren ihn auch Artikel über Spionagefälle und die nachfolgenden Prozesse. Ende März zum Beispiel war ein Polizeibeamter namens Reich für den Diebstahl eines Artilleriehandbuches und den Versuch, die Richtlinien der kaiserlichen Marine zu stehlen, zu elfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Eine sehr strenge Strafe, wahrscheinlich deswegen, weil der Mann nicht nur Deutscher, sondern auch Polizist war. Heute steht aber nichts dergleichen in der Zeitung.
    Er legt

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