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Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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nicht?« Mark schaute beleidigt drein. »Glaubst du, ich begebe mich mit einem Idioten auf eine Wanderung durch die Dolomiten?«
    »Könnt ihr euch bitte über mich unterhalten, wenn ich nicht dabei bin.« Roberto nahm einen kleinen Zweig mit frischem Thymian, zog ihn durch seine Finger, rieb die abgelösten Blätter leicht zwischen den Handflächen, bröselte den Thymian in die Sauce und rührte diese erneut um.
    »Allora, perfetto«, stellte er fest, »etwas Thymian hat noch gefehlt. Im Grunde ist das Rezept ganz einfach – gewürfelter Schinken, gehackte Zwiebeln, Karotten, Stangensellerie, feinstes durchgedrehtes Rindfleisch und mageres Schweinefleisch, etwas Hühnerleber, Muskatnuss, einige Esslöffel Olivenöl, süße Sahne, Tomatenmark, Salz und Pfeffer. Schon ist das Ragù fertig. Auf die richtige Mischung kommt es an und auf die Qualität der Produkte. Laura, was machen die Tagliatelle?«
    Laura hob mit der Gabel eine Nudel aus dem kochenden Wasser und kostete sie. »Vielleicht noch eine Minute.«
    »Wisst ihr eigentlich, wie die Tagliatelle erfunden wurden?« Roberto nahm einen Schluck aus dem Rotweinglas, schaute auf den Topf mit der Sauce und schüttete kurz entschlossen den Rest aus dem Glas dazu. »Kann nicht schaden. Also, ihr kennt die Geschichte nicht? Nun, die Tagliatelle kommen aus der Emilia-Romagna. In Bologna war um 1500 herum Lucrezia Borgia bei einem adligen Verehrer zum Abendessen eingeladen.«
    »Lucrezia Borgia, das war doch die Giftmischerin, oder?«, warf Mark ein. »Hoffentlich hat ihr Verehrer das Essen überlebt.«
    »Das hat er bestimmt«, stellte Laura fest, »denn die Fürstin war wesentlich besser als ihr heutiger Ruf. Ihr Bruder Cesare war es, der ihren zweiten Mann hat umbringen lassen, nicht sie. Und später hat sie als Gemahlin des Herzogs von Este am Hof von Ferrara häufig Einladungen gegeben, bei denen nur selten jemand zu Tode gekommen ist.«
    »Ich bin beeindruckt, da konnten sich die Gäste ja glücklich schätzen.«
    »Außerdem war ihr Vater ein leibhaftiger Papst. Obwohl, das hatte zu jenen Zeiten nichts zu besagen. Aber zurück zu den Tagliatelle. Das blonde Haar der Lucrezia, so erzählt man sich in Bologna, habe den Koch beflügelt. Ungekocht müssen die Tagliatelle so zart sein wie die Haare der Lucrezia Borgia.«
    »Also, ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Lucrezia Haare hatte, die fast zwei Zentimeter breit waren«, kommentierte Mark Robertos Anekdote mit einem Blick in das kochende Wasser.
    »Mark, du bist ein Ignorant. Ist der Tisch auf der Terrasse fertig gedeckt?«
    »Alles ist bereit. Soll ich die Teller aus dem Rohr holen?«
    »Das mach ich. Hier, nimm den Parmesan, übrigens ein wunderbarer
Parmigiano Reggiano
. Bitte stell ihn auf den Tisch, und gieß schon mal den Wein ein, den ich mitgebracht habe. So, jetzt wird’s ernst.«
    Laura schüttete die Tagliatelle in ein Sieb, schwenkte dieses kurz und verteilte sie mit einer Nudelzange auf die Teller. Roberto nahm eine Schöpfkelle, gab reichlich Sauce auf die Tagliatelle und garnierte sie mit einigen frischen Basilikumblättern.
    »Allora, tutto a posto, avanti.«
     
    Mark lehnte sich zurück, wischte sich mit der Serviette den Mund ab und hob das Glas.
    »Wäre ich leider nicht genauso schnell wieder verarmt, wie ich reich geworden bin, ich würde dich sofort als meinen Koch einstellen. Salute.«
    Roberto lachte. »Da bin ich ja fast froh, dass du dir diese Stelle nicht mehr leisten kannst. Ich koche grundsätzlich nur zum Vergnügen. Aber ich freue mich, wenn es euch schmeckt. Salute!«
    Nach dem nächsten Bissen ergriff Roberto wieder das Wort. »Um noch einmal auf die Umstände deiner erneuten Verarmung zurückzukommen, du warst doch gerade in England, um einige Nachforschungen anzustellen. Hat sich etwas ergeben?«
    Mark nickte bestätigend. »Ja. Ich hab’s Laura schon erzählt. Der ehemalige Galerist meines Vaters heißt Jerry LeVine. ich kenne ihn bereits von Kindesbeinen an. Jerry hat sich über meinen Besuch sehr gefreut, und er hat gesagt, dass er mit mir schon immer über dieses Thema habe reden wollen, aber mein Vater habe ihm kurz vor seinem Tod das Versprechen abgenommen, Stillschweigen zu bewahren.«
    »Wahrscheinlich im Angedenken an deine tote Mutter, die ihm keiner zurückgeben konnte«, meinte Laura.
    »Sicher hatte das etwas mit seiner Liebe zu meiner Mutter und mit seiner Verzweiflung zu tun. Er hatte nach ihrem Selbstmord und seinem vorangegangenen Herzinfarkt wohl mit dem

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