Vergebung
als Björcks Bericht gestohlen worden war und Mikael bewusst wurde, dass er unter Beobachtung stand, hatte er sein privates Hauptquartier in Lisbeths Wohnung aufgeschlagen. Mehrere Nächte pro Woche verbrachte er in ihrer Wohnung, schlief in ihrem Bett und arbeitete an ihrem Computer. Sie hatte sämtliche Informationen von ihrem Computer gelöscht, als sie nach Gosseberga fuhr, um mit Zalatschenko abzurechnen. Mikael schätzte, dass sie vermutlich nicht vorgehabt hatte, hierher zurückzukehren. Mithilfe ihrer System-CD hatte er ihren Computer wieder betriebsbereit gemacht.
Seit April hatte er nicht einmal das Breitbandkabel in seinen Computer gesteckt. Er loggte sich bei ihr ein, startete ICQ und pingte die Adresse an, die sie für ihn eingerichtet hatte und ihm über die Yahoo-Group [Verrückte_Tafelrunde] mitgeteilt hatte.
Hallo, Sally.
Schieß los.
Ich habe an den zwei Kapiteln gearbeitet, über die wir diese Woche schon gesprochen hatten. Die neue Version liegt bei Yahoo. Wie läuft’s bei dir so?
Hab 17 Seiten fertig. Die leg ich jetzt auch auf der Verrückten Tafelrunde ab.
Pling.
Okay. Hab sie. Lass mich schnell durchlesen, dann reden wir weiter.
Ich hab noch mehr.
Was denn?
Ich hab noch eine Yahoo-Group angelegt, unter dem Namen Die Ritter. Mikael lächelte.
Okay. Die Ritter der Verrückten Tafelrunde.
Passwort Yacaraca12.
Okay.
Vier Mitglieder. Du, ich, Plague und Trinity.
Deine geheimnisvollen Internetkumpels.
Rückendeckung.
Okay.
Plague hat Informationen von Staatsanwalt Ekströms Computer runterkopiert. Den haben wir im April gehackt.
Okay.
Wenn ich meinen Palm verlieren sollte, hält er dich auf dem Laufenden.
Gut. Danke.
Mikael loggte sich bei ICQ aus und ging zu der neuen Yahoo-Group [Die Ritter]. Alles, was er dort fand, war ein Link von Plague zu einer anonymen http-Adresse, die nur aus Zahlen bestand. Er kopierte die Adresse in den Explorer, drückte die Return-Taste und kam sofort auf eine Website irgendwo im Internet, die die 16 GB enthielt, die Staatsanwalt Richard Ekströms Festplatte ausmachten.
Plague hatte es sich offensichtlich leicht gemacht, indem er Ekströms Festplatte einfach komplett kopiert hatte. Mikael brauchte über eine Stunde, um den Inhalt zu sortieren. Er ordnete Systemdateien, Software und Unmengen von Voruntersuchungen, von denen manche offenbar mehrere Jahre zurücklagen. Schließlich lud er sich noch vier Ordner herunter. Drei davon hießen [Vorunt-Salander], [Divers-Salander] und [Vorunt-Niedermann]. Der vierte Ordner war eine Kopie von Ekströms Mailordner bis 14 Uhr des vorigen Tages.
»Danke, Plague«, sagte Mikael Blomkvist.
Er brauchte drei Stunden, bis er Ekströms Voruntersuchung und die Strategie für den Prozess gegen Lisbeth Salander durchgesehen hatte. Wie zu erwarten war, ging es im Wesentlichen um ihren Geisteszustand. Ekström hatte eine Menge Mails geschrieben, die darauf hinarbeiteten, Lisbeth so schnell wie möglich ins Untersuchungsgefängnis überführen zu lassen.
Mikael stellte fest, dass Ekströms Ermittlungen im Fall Niedermann auf der Stelle traten. Bublanski war der Fahndungsleiter. Was die Morde an Dag Svensson und Mia Bergman sowie den Mord an Rechtsanwalt Bjurman anging, so war es ihm gelungen, einiges an kriminaltechnischen Beweisen zusammenzutragen. Mikael selbst hatte im April in drei langen Verhören zum Großteil dieser Informationen beigetragen, und wenn Niedermann jemals gefasst werden sollte, musste er eine Zeugenaussage machen. Außerdem hatte man die DNA einiger Schweißtropfen und zweier Haarsträhnen aus Bjurmans Wohnung mit der DNA in Niedermanns Wohnung in Verbindung bringen können. Die gleiche DNA hatte man an den sterblichen Überresten des Finanzexperten des Svavelsjö MC, Viktor Göransson, feststellen können.
Über Zalatschenko besaß Ekström auffallend spärliche Informationen.
Mikael zündete sich eine Zigarette an, stellte sich ans Fenster und blickte über den Djurgården.
Ekström leitete also derzeit zwei Voruntersuchungen, die man voneinander getrennt hatte. Kriminalinspektor Hans Faste war der Fahndungsleiter in allen Angelegenheiten, die mit Lisbeth Salander zu tun hatten. Bublanski beschäftigte sich nur noch mit Niedermann.
Als der Name Zalatschenko in der Voruntersuchung auftauchte, hätte Ekström eigentlich sofort Kontakt mit dem Generaldirektor der Sicherheitspolizei aufnehmen und die Frage stellen müssen, wer dieser Zalatschenko eigentlich war. Einen solchen Kontakt konnte
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