Vergebung
bemerkenswert, dass diese Gruppe nirgendwo im Organigramm der SiPo auftauchte, oder nicht?«
»Das ist doch absurd …«
»Ja, nicht wahr? Wie lief das, wenn ein Treffen angesetzt wurde? Riefen diese Leute Sie an oder umgekehrt?«
»Nein … Zeit und Ort für jedes Treffen wurden immer gleich gegen Ende des vorherigen festgesetzt.«
»Was passierte, wenn Sie Kontakt mit ihnen aufnehmen mussten? Zum Beispiel, um einen Termin zu ändern oder Ähnliches?«
»Ich hatte da eine Telefonnummer.«
»Was für eine Nummer?«
»Ehrlich gesagt, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.«
»Wessen Apparat war es denn?«
»Ich weiß nicht. Ich habe diese Nummer nie benutzt.«
»Okay. Nächste Frage … wem haben Sie die Angelegenheit übergeben?«
»Wie meinen Sie das?«
»Als Fälldin abtrat. Wer hat Ihren Platz eingenommen?«
»Ich weiß nicht.«
»Haben Sie einen Bericht geschrieben?«
»Nein, das war ja alles geheim. Ich durfte mir nicht mal Notizen machen.«
»Und Sie haben in dieser Sache nie einen Nachfolger gebrieft?«
»Nein.«
»Was passierte dann?«
»Tja … Fälldin trat ab, und Ola Ullsten übernahm die Regierungsgeschäfte. Ich wurde informiert, dass wir bis nach der nächsten Wahl abwarten sollten. Da wurde Fälldin wiedergewählt, und unsere Treffen gingen weiter. Dann kam die Wahl 1985, und die Sozis gewannen. Und ich nehme an, dass Palme einen Nachfolger für mich bestimmt hat. Ich selbst begann im Außenministerium und wurde Diplomat. Erst wurde ich nach Ägypten geschickt, dann nach Indien.«
Mikael stellte ihm noch ein paar Fragen, war jedoch überzeugt davon, dass er bereits alles aus Janeryd herausbekommen hatte. Drei Namen.
Fredrik Clinton.
Hans von Rottinger.
Und Evert Gullberg - der Mann, der Zalatschenko erschoss.
Der Zalatschenko-Klub.
Er bedankte sich bei Janeryd für die Informationen und nahm sich ein Taxi zurück zum Hauptbahnhof. Erst als er im Taxi saß, machte er seine Jackentasche auf und schaltete das Diktiergerät aus. Am Sonntagabend um halb acht landete er wieder in Arlanda.
Nachdenklich betrachtete Erika Berger das Bild auf ihrem Monitor. Sie hob den Blick und ließ ihn über die halb leere Redaktion außerhalb ihres Glaskastens schweifen. Anders Holm hatte frei. Sie konnte niemanden entdecken, der Interesse für sie zeigte, weder offen noch versteckt. Sie hatte auch keinen Anlass zu dem Verdacht, dass ihr irgendjemand in der Redaktion missgünstig gesinnt war.
Die Mail war vor einer Minute gekommen. Der Absender hieß . Warum ausgerechnet Aftonbladet ? Die Adresse war fingiert.
Die heutige Mail enthielt keinen Text. Nur ein JPG, das sie in Photoshop öffnete.
Das Bild war pornografisch und zeigte eine nackte Frau mit außergewöhnlich großen Brüsten und einem Hundehalsband um den Hals. Sie kniete auf allen vieren und wurde gerade von hinten genommen.
Das Gesicht der Frau war jedoch ausgetauscht worden. Keine geschickte Retusche, aber das war wahrscheinlich die Absicht. Statt des ursprünglichen Gesichts hatte man Erika Bergers Kopf eingefügt. Es war ihr offizielles Foto von der Millennium- Homepage. Jeder konnte es sich aus dem Netz herunterladen.
Am unteren Bildrand war mit der Spray-Funktion in Photoshop ein Wort angefügt:
Nutte.
Das war die neunte anonyme Mail, die die Mitteilung »Nutte« enthielt und deren Absender offenbar für ein großes schwedisches Medienunternehmen arbeitete. Offensichtlich hatte sie einen cyber stalker am Hals.
Ein Telefon abzuhören ist viel mühseliger, als Daten zu klauen. Trinity hatte keine Schwierigkeiten, das Kabel von Staatsanwalt Ekströms privatem Telefon zu finden; das Problem war nur, dass dieser es selten oder nie für Gespräche benutzte, die mit seiner Arbeit zu tun hatten. Ekströms Telefon im Polizeigebäude auf Kungsholmen abzuhören versuchte Trinity gar nicht erst, denn dazu hätte er Zugang zum schwedischen Telefonnetz in einem Umfang gebraucht, den er nicht hatte.
Hingegen verbrachten Trinity und Bob the Dog den Großteil einer Woche damit, innerhalb eines Radius von einem Kilometer ums Polizeigebäude Ekströms Handy aus den Hintergrundgeräuschen der fast zweihunderttausend anderen Handys herauszufiltern.
Sie benutzten dazu eine Technik, die sich Random Frequency Tracking System, RFTS, nannte. Sie war nicht unbekannt. Die amerikanische National Security Agency, NSA, hatte diese Technik entwickelt und sie in eine unbekannte Anzahl von Satelliten eingebaut, die
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