Vergebung
für Wirtschaftskriminalität gearbeitet.
»Ich glaube, ich habe Evert Gullberg gefunden«, verkündete Berglund.
»Kommen Sie rein«, forderte Edklinth ihn auf.
Berglund legte ein abgestoßenes Schwarz-Weiß-Foto auf den Schreibtisch. Edklinth und Figuerola betrachteten das Bild. Es zeigte einen Mann, den beide sofort wiedererkannten. Er wurde von zwei stämmigen Polizisten in Zivil durch eine Tür geführt. Der legendäre Spionoberst Stig Wennerström.
»Dieses Bild stammt vom Åhlén & Åkerlund -Verlag und wurde im Frühjahr 1964 in der Zeitschrift Se veröffentlicht. Es wurde im Zusammenhang mit der Gerichtsverhandlung aufgenommen, in der Wennerström zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.«
»Aha.«
»Im Hintergrund sehen Sie drei Personen. Rechts Kriminalkommissar Otto Danielsson, also derjenige, der Wennerström gefasst hat.«
»Ja …«
»Sehen Sie sich mal den Mann an, der schräg links hinter Danielsson steht.«
Edklinth und Figuerola sahen einen großen Mann mit einem schmalen Schnurrbart und Hut. Er erinnerte entfernt an den Schriftsteller Dashiell Hammett.
»Und jetzt vergleichen Sie das Gesicht mit diesem Passfoto von Gullberg. Als das Passfoto aufgenommen wurde, war er 66.«
Edklinth runzelte die Stirn.
»Ich könnte nicht unbedingt schwören, dass das ein und dieselbe Person ist …«
»Aber ich«, sagte Berglund. »Drehen Sie das Bild mal um.«
Auf der Rückseite befand sich ein Stempel, der erklärte, dass das Bild dem Åhlén & Åkerlund -Verlag gehörte und der Fotograf Julius Estholm hieß. Der Text war mit Bleistift geschrieben. Stig Wennerström flankiert von zwei Polizisten auf dem Weg ins Stockholmer Gericht. Im Hintergrund O. Danielsson, E. Gullberg und H. W. Francke.
»Evert Gullberg«, sagte Monica Figuerola. »Er war also bei der RPF/Sich.«
»Nein«, widersprach Berglund. »Rein formal betrachtet war er das eben nicht. Zumindest nicht, als dieses Bild hier aufgenommen wurde.«
»Ach?«
»Die RPF/Sich wurde erst vier Monate später gegründet. Auf diesem Bild gehört er immer noch zur Geheimen Staatspolizei.«
»Wer ist denn H. W. Francke?«, wollte Monica Figuerola wissen.
»Hans Wilhelm Francke«, erläuterte Edklinth. »Er starb Anfang der 90er und war Ende der 50er- und Anfang der 60er-Jahre stellvertretender Chef der Geheimen Staatspolizei. Er war so was wie eine Legende, genau wie Otto Danielsson. Ich habe ihn sogar ein paarmal getroffen.«
»Aha«, sagte Monica Figuerola.
»Er verließ die RPF/Sich Ende der 60er-Jahre. Francke und Per Gunnar Vinge lagen sich ständig in den Haaren, und er wurde einmal fast gefeuert, als er so 50, 55 war. Dann hat er seinen eigenen Laden aufgemacht.«
»Seinen eigenen Laden?«
»Ja, er wurde Berater für Sicherheitsfragen für die private Wirtschaft. Er hatte ein Büro am Stureplan, hielt aber ab und zu noch Vorlesungen im Rahmen der internen Ausbildung in der RPF/Sich. Dabei hab ich ihn auch kennengelernt.«
»Verstehe. Weswegen haben sich Vinge und Francke denn gestritten?«
»Sie kamen einfach nicht klar miteinander. Francke war wie ein schießwütiger Cowboy, der an jeder Ecke KGB-Agenten sah, während Vinge ein Bürokrat der alten Schule war. Dann flog Vinge ja wenig später raus - Ironie des Schicksals -, weil er glaubte, Palme arbeite für den KGB.«
»Hmm«, machte Monica Figuerola und betrachtete das Bild, auf dem Gullberg und Francke Seite an Seite standen.
»Ich glaube, es wird Zeit, dass wir noch mal ein Gespräch mit dem Justizministerium führen«, sagte Edklinth zu ihr.
»Das neue Millennium -Heft ist heute rausgekommen.«
Edklinth warf ihr einen scharfen Blick zu.
»Es stand kein Wort über die Zalatschenko-Affäre drin«, sagte sie.
»Das bedeutet, dass wir wahrscheinlich einen Monat Zeit haben, bis das nächste Heft erscheint. Gut zu wissen. Aber jetzt müssen wir uns endlich mal mit Blomkvist auseinandersetzen. In diesem ganzen Durcheinander ist er wie eine ungesicherte Handgranate.«
17. Kapitel
Mittwoch, 1. Juni
Mikael Blomkvist war überhaupt nicht darauf vorbereitet, dass sich jemand im Treppenhaus befinden könnte, als er die letzten Stufen zu seiner Dachgeschosswohnung in der Bellmansgatan 1 nehmen wollte. Es war sieben Uhr abends. Er blieb abrupt stehen, als er eine blonde Frau mit kurzen Locken auf der obersten Stufe sitzen sah. Er erkannte sie sofort als Monica Figuerola, RPF/Sich.
»Tag, Herr Blomkvist«, grüßte sie fröhlich und schlug das Buch zu, in dem sie gerade gelesen hatte.
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