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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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pochenden Arm hoch.
    Er weiß, wo ihn der nächste Tritt treffen wird.
    Unten.
    Oben.
    In der Mitte.
    Eine Standardübung, die man auch als »den Weihnachtsbaum anzünden« bezeichnet. Der ganze Baum wird mit Kerzen behängt – unten, oben, in der Mitte, die Beine, der Kopf …
    Dave weiß es, aber es ist schon zu spät. Er hebt den Arm, will abwehren, aber Rolf ist zu schnell.
    Willem guckt weg.
    Ulrich starrt Michel zornig an.
    Cody schreit: »Lass das, Alter!«
    Dave sieht den Tritt kommen.
    Kann nichts tun.
    Wird getroffen.
    Ein brutaler Roundhouse mit der ganzen Kraft eines hundertdreißig Kilo schweren Mannes, der mit dem anderen Fuß fest auf dem Boden steht und sein ganzes Gewicht in die Bewegung legt.
    Rechts in die Rippen.
    Als würde man vom Blitz getroffen.
    Dave schlägt auf dem Boden auf.
    Heftig.
    Er bleibt liegen, saugt beim Versuch, Luft zu holen, Sand in die Nasenlöcher. Mit jedem Atemzug lodern Flammen in seinem Brustkorb auf. Er will aufstehen, spürt aber eine Hand, die ihn niederdrückt. Zuerst glaubt er, es sei Rolf, aber dann hört er Simon: »Bleib liegen, ich will dich untersuchen.«
    Wie aus der Ferne vernimmt er Ulrichs Stimme: »Soll das halbe Kraft gewesen sein?«
    Und Rolf erwidert: »Willst du was von mir?«
    »Kann sein.«
    »Aufhören.«
    Donovan.
    »Nicht wegtragen«, sagt Dave zu Simon.
    »Aber du kannst nicht laufen.«
    »Nicht tragen.«
    Ich lasse mich nicht auf einer Trage von hier wegschaffen, denkt Dave. Das würde bedeuten, dass ich verwundet bin, und ich bin nicht verwundet. Als Verwundeter ist man einer von den »anderen« – man gehört nicht mehr zum Team, man ist raus.
    »Verdammt, hilf mir auf.«
    Simon und Cody stützen ihn, packen ihn unter den Armen und ziehen ihn auf die Beine.
    Dave beißt die Zähne zusammen, um nicht laut aufzustöhnen.
    »Ich kann alleine laufen.«
    Sie lassen ihn los, bleiben aber neben ihm stehen, falls er umkippt. Als er an Rolf vorbeigeht, sagt Dave: »Ich schulde dir was.«
    »Jederzeit, Sportsfreund.«
    Dave schlurft zum Sanitätszelt.
    »Bist du jetzt glücklich?«, fragt Michel Donovan.
    Nichts von all dem macht Donovan »glücklich«. Aber Dave Collins soll weder bei dem bevorstehenden Einsatz draufgehen noch schuld daran sein, dass jemand anders dran glauben muss. Deshalb muss Donovan tun, was er tun muss, und nicht, was ihn glücklich macht.
    Gerade als er Michel das sagen will, kommt es zum Streit zwischen Lev und Amir.
    Sie gehen sich gegenseitig an die Kehle.
    Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Angefangen hatte es, als Dave ging und Amir zu Lev sagte: »Was ist?«
    »Was soll sein?«
    »Willst du auch?«, fragte Amir. »Zur Abwechslung mal fair kämpfen, yahoudi? «
    Yahoudi – Jude.
    »Spreng dich doch einfach selbst in die Luft, ars !«
    Ars – arabisch/israelische Umgangssprache für »Drecksack«.
    » Yalla «, erwidert Amir.
    Yalla – dasselbe auf Arabisch und Hebräisch.
    »Dann los.«
    Amir schlägt zu.
    Eine harte rechte Gerade an den Kiefer.
    Lev weicht zurück, kommt aber wieder und jetzt kracht’s. Levs Krav Maga gegen die Karatetricks, die Amir bei den Qassam-Brigaden gelernt hat, und alles andere, was ihm bei Donovan beigebracht wurde.
    Auch hier keine halbe Kraft, sondern volles Rohr, über lange Zeit aufgestaute Gewalt.
    Tausend Jahre alter Hass.
    Sie wollen sich gerade gegenseitig umbringen, als Ulrich und Willem dazwischengehen. Sie müssen alle verfügbaren Kräfte aufbieten, um die beiden auseinanderzureißen.
    Donovan geht zu ihnen.
    »Was ist los?«, fragt er. »Kaum steht ihr irgendwo im Sand, glaubt ihr, ihr müsst euch drum streiten. Ist das die Macht der Gewohnheit? Genetische Codierung? Oder macht ihr das einfach aus Prinzip?«
    Amir sagt nichts, Lev auch nicht.
    »Wenn ihr Idioten im Sandkasten weitermachen wollt, seid ihr herzlich eingeladen«, sagt Donovan. »Aber nicht in meinem Camp. Ist das klar?«
    »Ja, Sir.«
    »Ja, Sir.«
    »Michel.«
    »Sir?«
    »Geh mit den beiden hier schwimmen«, sagt Donovan. »Die brauchen eine Abkühlung.«
    Während Michel mit Lev und Amir abzieht, sagt Ulrich: »Daran bist du selbst schuld, Colonel.«
    »Was?«
    »Die aufgeladene Stimmung im Camp«, sagt Ulrich, »kommt daher, dass du so mit Collins umspringst. Das ist nicht richtig, die Männer wissen das, und es sät Unfrieden.«
    »Willst du mir erzählen, wie ich meinen Job zu machen habe, Ulrich?«
    »Anscheinend muss es jemand tun.«
    »Hey«, sagt Donovan. »Keiner von euch wollte Collins im Team

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