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Vergiss nicht zu atmen

Vergiss nicht zu atmen

Titel: Vergiss nicht zu atmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Sheehan-Miles
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konnte sehen, wie er darin nach etwas suchte. „Okay“, sagte er. „Wie lautet deine E-Mailadresse?“
    „Ähm… AlexLiebtErdbeeren, alles in einem Wort, at yahoo.com“
    Er grinste. „Das ist lustig. Okay. Lösch sie einfach hinterher, oder so was, ja? Ich sollte sie dir eigentlich gar nicht schicken. Aber… schau. Er ist mein Freund. Und es bringt mich um zu sehen, was er sich antut.“
    „Danke“, sagte ich.
    „Geht’s dir gut genug, dass du klar kommst?“, fragte er.
    Ich zuckte mit den Schultern. „Was ist schon gut, wenn dein Herz auseinander bricht. Ich werde mich nicht umbringen, falls es das ist, was du fragen wolltest. Aber nein. Es gut mir nicht gut.“ Zum ersten Mal seit dem Gespräch mit Dylan brach meine Stimme. „Mir geht es gar nicht gut.“
    Es gab nichts mehr zu sagen. Ich fragte ihn, wie lange er in der Stadt bleiben würde. 
    „Ein paar Wochen. Zumindest war das der Plan. Ich weiß nicht, ob Dylan meine Gesellschaft noch will, aber meine ganzen Sachen sind bei ihm. Wir werden schauen was passiert, okay? Ich werde dich auf dem Laufenden halten. Nicht zuletzt muss ich versuchen zu verhindern, dass er ins Gefängnis kommt.“
    Ich schluckte und sagte dann mit sehr leiser Stimme: „Danke.“
    Wir standen auf, er umarmte mich ungeschickt und ich begann in Richtung des Wohnheims davon zu trotten. Ich konnte Dylan in Gedanken vor mir sehen: Dünn, erschöpft, blass, seinen Kopf an die Wand lehnend. Wie er mir sagte, das er mich vor sich beschützen müsse, dass er Schluss machte, weil er nicht gut genug war. Die Qual und der Schmerz in seinen Augen als er sich von mir zurückzog. 
    Wenn ich jemals auch nur ansatzweise an seiner Liebe gezweifelt hatte, das war nun vorbei. Aber vielleicht war Liebe nicht genug. 
    Ich bemerkte gar nicht, dass ich angefangen hatte zu weinen. Nicht, bis der Inhaber des Blumenladens an der Ecke der westlichen 108. Straße zum Broadway, mich sah. Er starrte mich an, zog dann eine einzelne Rose heraus und sagte: „Hey Mädchen. Die ist für dich. Was auch immer dich unglücklich macht… Ich hoffe das tröstet dich.“
    Ich hielt verdutzt an und nahm die Rose entgegen.
    „Danke“, sagte ich und weinte noch mehr. „Ich weiß das wirklich zu schätzen“, sagte ich, rieb mir die Tränen vom Gesicht und fühlte mich wie eine komplette Idiotin.
    Er verbeugte sich im wahrsten Sinne des Wortes und ging dann zurück in seinen Laden. Ich lief weiter und erreichte das Wohnheim fünf Minuten später. Aber ich war noch nicht bereit mich Kelly zu stellen, also lief ich einfach weiter, bog an der 103. Straße rechts ab und ging bis zum Riverside Park. Ich war schon eine Weile nicht mehr dort gewesen, aber früher hatte ich dort gerne auf einer der Bänke gesessen – manchmal allein, manchmal mit Kelly – und auf den Fluss hinausgeschaut. 
    Überhaupt, Kelly und ich hatten hier letztes Jahr an einigen Wochenenden gepicknickt, manchmal auch zusammen mit Joel. Dieses Jahr hatten wir das nicht ein einziges Mal gemacht, und ich wunderte mich nicht nur darüber, sondern auch über die Tatsache, dass ich, als Dylan mich nach meiner liebsten Aktivität in New York gefragt hatte, die schönen Zeiten hier nicht erwähnt hatte. 
    Natürlich war die Antwort einfach. Ich hatte dieses Jahr die meiste Zeit damit verbracht, mich nach ihm zu sehnen. Mir Sorgen um ihn zu machen, da ich wusste, dass er in Afghanistan jeden Tag in Gefahr war. Und dann, als ich gar nichts wusste, nur, dass sein Name auf keiner der Gefallenenlisten erschienen war – die ich jeden Tag kontrolliert hatte – er aber trotzdem verschwunden war. 
    Mein ganzes Leben hatte sich nur darum gedreht.
    Also saß ich am Fluss, dachte nach und erinnerte mich. 
    Ich erinnerte mich an das erste Mal, das wir uns geküsst hatten, auf der anderen Seite der Erde. 
    Ich erinnerte mich daran, wie wir die Nacht, bevor wir Israel verlassen hatten, zusammen gesessen hatten. Er trug seinen schwarzen Trenchcoat, wir saßen auf einem großen Balkon und schauten uns an.
    Ich fragte ihn, was er wollte. Wollte er, dass wir uns ein Versprechen gaben? War es vorbei, wenn wir wieder zu Hause waren? Würden wir zusammen bleiben, trotz der Entfernung? Was wollte er?
    Er konnte nicht antworten. 
    Ich erinnere mich, dass ich ihn auf die Brust geschlagen hatte und gerufen hatte: „Warum kannst du mir nicht sagen, was du fühlst?“
    Er konnte es nicht. „Ich weiß nicht, wie ich das beantworten soll“, hatte er gesagt. „Ich denke

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