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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Stadt, die nur durch Legenden oder die entstellten Berichte des Alten Suchers bekannt war. Sechzehn Männer sollten ihren jungen Anführer begleiten, und da nur Sibisi, der Führer, einen Teil der Route kannte, waren die anderen ebenso aufgeregt wie Nxumalo. Er war überrascht, wie leicht die Lasten der Männer waren; auf seinen Jagdausflügen trugen die Helfer dreimal so schwere Bürden, aber Sibisi erklärte: »Es ist viel sicherer, mit leichten Lasten zu reisen. Nütze die ersten Tage, um die Muskeln zu straffen. Genieße die Freiheit und stärke dich, denn am siebenundzwanzigsten Tag.« Er senkte bedeutungsvoll die Stimme. »Da kommen wir zum Granitfeld.«
    Die Verteilung der Lasten wäre einfacher gewesen, wenn sie die Rhinozeroshörner zu Pulver zermahlen und zu den übrigen Lasten der Männer hätten hinzufügen können, aber das war verboten. Die Hörner mußten in Sofala unversehrt auf die wartenden Dhaus geladen werden, die sie so nach China bringen sollten. Denn die Apotheker dort wollten sicher sein, echte Hörner zu erhalten und nicht eine durch die Beimengung von Staub vergrößerte Pulvermenge.
    An einem klaren Herbsttag machte sich der Zug im Morgengrauen auf den Weg. Die im Frühjahr und Sommer angeschwollenen Flüsse waren wieder zurückgetreten und die früher im Jahr geborenen Tiere konnten bereits als Nahrung gegessen werden. Sibisi schlug ein Tempo an, das die Männer am Anfang nicht ermüden, sondern befähigen würde, jeden Tag etwa dreißig Kilometer zurückzulegen. Zwei Wochen lang zogen sie durch eine Savanne ohne bemerkenswerte oder ungewöhnliche Eigenschaften, die der glich, die sie daheim gekannt hatten.
    Zwei Männer, die nichts trugen, erwiesen sich als überaus wertvoll, denn sie gingen voraus, um Fleisch zu besorgen. »Ich will, daß ihr viel eßt und stark werdet«, sagte Sibisi, »denn wenn wir zum Granitfeld kommen, müssen wir uns in bester Form befinden.«
    Am Morgen des sechsten Tages beschleunigten sie ihr Tempo beträchtlich, und der Zug legte täglich mindestens vierzig
    Kilometer zurück. Dann kamen sie zu der ersten bemerkenswerten Stelle ihrer Reise. »Vor uns liegt die Schlucht«, sagte Sibisi und ergötzte die Neulinge mit Schilderungen dieses grandiosen Ortes: »Der Fluß zögert, sieht sich die Felswand an; dann springt er vorwärts und ruft: >Es wird gelingen! < Und er sucht sich auf geheimnisvolle Weise seinen Weg durch die roten Kliffe.« Sibisi fügte hinzu: »Achtet auf eure Schritte. Ihr seid nicht so geschickt wie der Fluß.«
    Die Schlucht war nur wenige Meter breit, und der Fluß durchbrauste sie mit gewaltiger Kraft. Sein Ungestüm paßte gut zu den hoch aufragenden roten Flanken. Die Durchquerung nahm den großen Teil des Tages in Anspruch. Die Träger folgten einem steilen Fußpfad, der das Ostufer des Flusses entlanglief und sie zeitweise in den Fluß hinein führte. In der Mitte der Schlucht schienen die Wände sie einzuschließen, und der Himmel war nicht mehr zu sehen. Vögel verschiedenster Arten und Farben flitzten ganz knapp an den Kliffen vorbei.
    »Insekten«, sagte Sibisi und zeigte den anderen, wie die Wasserwirbel Luftströmungen verursachten, die Insekten emporschleuderten, wo Vögel auf sie warteten. Nxumalo blieb eine Weile stehen, um die Wunder dieses Ortes in sich aufzunehmen. Ein Fluß, der eine Felswand durchbohrte! Er hatte das Gefühl, daß seine Reise keinen schöneren Augenblick mehr enthalten könnte, aber darin irrte er. Das wahrhaft Grandiose dieser Expedition lag vor ihm, denn als die Reisenden die Schlucht verließen, gelangten sie in ein Gebiet der Wunder.
    Das Land öffnete sich wie die riesigen Ohren eines Elefanten, und auf ihm standen Bäume ganz ungewöhnlicher Art. »Sie stehen ja auf dem Kopf!« rief Nxumalo und stürzte zu so einem massiven Ding, das viel dicker war als alle Bäume, die er bisher gesehen hatte. Dieser Baum hatte einen Durchmesser von fünf Metern, seine Rinde war weich und haarig wie das
    Fell eines alten Hundes; als er darauf drückte, sank sein Daumen tief ein. Das Erstaunlichste aber waren die Äste, denn dieser mächtige Baum, der an die achtzehn Meter hoch war, trug nur dünne Zweige, die aussahen wie die Wurzeln einer zarten Pflanze, die aus der Erde gerissen und umgekehrt wieder eingesetzt worden war.
    »Er steht auf dem Kopf«, stimmte Sibisi zu. »Das bewirkten die Götter.«
    »Warum?«
    »Sie schufen diesen herrlichen Baum und gaben ihm große, starke Äste. Aber er war faul, und als sie

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