Verheißene Erde
sich, ob Andrew Young in einer neuen Regierung seine Machtposition zurückbekommen würde. Besonders interessierte sie ein bestimmter Aspekt des amerikanischen Lebens. »Was ist der Grund für eure Zwiespältigkeit?« fragte ein Lehrer. »Eure großen Zeitungen sind gegen die Apartheid, ebenso Präsident Carter und Andy Young, aber achtundneunzig Prozent der Amerikaner, die unser Land besuchen, billigen sie. Fast jeder Amerikaner, der hierher kommt, fährt mit der Überzeugung heim, daß die Afrikander das Richtige tun.«
»Ganz einfach«, antwortete Philip. »Was für Amerikaner kommen hierher? Es ist eine weite Reise, wissen Sie, und sie ist sehr kostspielig. Geschäftsleute kommen auf Firmenkosten. Reiche Reisende. Ingenieure. Und die sind alle finanziell gut situiert und konservativ. Sie billigen die Apartheid wirklich und sähen es gern, daß sie auch in Amerika wieder eingeführt würde.«
»Sie sind Ingenieur. Sie sind nicht konservativ.« »Ich bin es in vielen Dingen. Ich bin ganz bestimmt kein Liberaler.«
»Aber was die Apartheid anbelangt?«
»Ich bin dagegen, weil ich nicht glaube, daß sie funktioniert.«
»Finden Sie, daß die Welt im Begriff ist, konservativ zu werden? Kanada? England? Vielleicht Amerika?«
»Ja.«
Am späten Abend kamen sie zur Sache, und da übernahm Nxumalo die Leitung: »Ich habe darüber nachgedacht, was wir tun könnten, um unsere Leute anzufeuern und den Männern in Mo 9 ambique ein Zeichen zu geben, daß wir noch auf ihrer Seite stehen. Ich glaube, unter den gegenwärtigen Umständen wäre es am wirksamsten, einen Gedenktag für unsere toten Kinder zu veranstalten, die 1976 in Soweto niedergeschossen wurden.«
»Das wäre vorzüglich.«
»Ich würde vorschlagen, daß wir am 16. Juni dieses Jahres einen nationalen Trauertag abhalten. Keine Unruhen, nur eine Art sichtbaren Gedenkens.«
»Würden wir damit die Regierung nicht verärgern?« fragte ein kleiner Mann.
»Alles, was wir tun, verärgert die Regierung.«
»Ich meine, würde es sie so verärgern, daß sie Vergeltungsmaßnahmen ergreift?«
Nxumalo schwieg. Das war eine scharfsinnige Frage, denn die Taktik derartiger Komitees mußte es sein, mit ihren Protestaktionen bis an die äußerste Grenze zu gehen, an der die Gewehre der Afrikander zu feuern begannen, wie sie es in Soweto, in Sharpeville und anderen Orten getan hatten. Er sagte: »Wenn die Weißen wegen Blood River einen
Nationalfeiertag abhalten können, wo sie Tausende von Zulu abschlachteten, können wir uns auch an Soweto '76 erinnern. Ich denke, wir sollten es tun.« Sie einigten sich darauf, und als
Saltwood die Versammlung und dann Soweto verließ, war ihm bewußt, daß sich sein neuer Freund Daniel Nxumalo auf gefährliches Terrain begeben hatte, aber er ahnte nicht, daß sich der junge Professor nur durch diese Provokation der Regierung in tödliche Gefahr bringen würde.
Als Philip nach Vrymeer zurückkehrte, stellte er fest, daß sich sein Leben sehr verändert hatte, denn die beiden junger. Troxels waren vom Grenzdienst zurück und hatten ihre Uniform ausgezogen. Ein Blick auf sie machte Saltwood klar, daß ihn Schwierigkeiten erwarteten, denn sie waren gutaussehende junge Männer und typische Afrikander. Frikkie war fünfundzwanzig, ungefähr einsneunzig groß, schlank, mit ungezwungenen Bewegungen und eher ernstem Gesichtsausdruck. Als Meneer van Doorn ihn vorstellte, sagte er: »Frik ist Rugbyläufer und einer der Besten.« Jopie war anders. Er war um einiges kleiner als einsachtzig und gebaut wie eine römische Mauer, ein massiver Block auf dem anderen. Er hatte ein breites Gesicht und einen sehr breiten Mund, in dem kräftige Zähne blitzten. Seine Schultern und Hüften waren gewaltig, denn obwohl er viel kleiner war als Frikkie, war er viel schwerer; Philip war aber vor allem darüber erstaunt, daß Jopie keinen Hals hatte. Wie bei vielen der legendären Rugbystürmer, etwa Fanie Louw und Frik du Preez, saß Jopie Troxels Kopf direkt auf den Schultern, so daß sein Körper wie ein Sturmbock wirkte; er setzte ihn auch sehr wirkungsvoll ein, war aber keineswegs ein grober oder gefühlloser Mensch und hatte mitten am Kinn ein tiefes Grübchen, das zitterte, wenn er lachte. Sein Humor war derb, und es war offensichtlich, daß Sannie van Doorn ihn mochte.
Ihr Vater hatte Frikkie vorgestellt, sie Jopie: »Das ist mein lieber Freund, der sein Haar nach vorne kämmt wie Julius
Caesar und auch sonst recht vorlaut ist.« Jopie packte
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