Verheißene Erde
erzählten sie zwar oft von ihrem Heimweh nach dem Veld, aber noch öfter von der Freiheit, die sie in ihrer neuen Heimat genossen. Auch sie konnte in Texas glücklich sein, und mitunter sehnte sie sich richtig danach, es kennenzulernen. Sie war auch vielleicht versucht, mit Saltwood auszuwandern, weil sie mitunter schmerzlich an ihre gemischte Abstammung erinnert wurde. Ihr Vater stammte zwar aus einer makellosen Afrikanderfamilie, war aber nach seiner Studienzeit bei einer Engländerin hängengeblieben. Das schloß ihn von der Mitgliedschaft im Broederbond aus, und man hatte ihn nicht in den Ältestenrat der örtlichen Kirchengemeinde gewählt. Mevrou van Doorn war offen proenglisch eingestellt, aber Sannie fühlte sich nicht an England gebunden und hatte es bei zwei Gelegenheiten abgelehnt, ihre Ferien dort zu verbringen.
Je älter sie wurde, desto stärker fühlte sie sich dem Afrikandertum verbunden. Sie verstand, warum Frikkie und
Jopie bereit waren, an der Grenze zu dienen, und sie teilte ihre Liebe zu dem Land. Sie hatte diese jungen Männer ihr Leben lang gekannt, hatte als Kind mit ihnen gespielt, und sie spürte, daß sie mit jedem von ihnen auf dieser bezaubernden Farm mit ihren durch Wasserfälle verbundenen Seen und wilden Bläßböcken glücklich sein konnte. Sie wußte jedoch nicht, welcher der Vettern ihr lieber war, denn bisher hatte sie niemals zwischen ihnen wählen müssen. Es gab noch weitere Komplikationen. Sie war beinahe in Philip Saltwood verliebt. Intuitiv fühlte sie, daß er feinsinniger war als die jungen Troxels und das Leben ernst nehmen würde. Außerdem hatte es ihr Spaß gemacht, mit ihm zu schlafen. Vorläufig verschob sie die Entscheidung in der Hoffnung, daß sich die Dinge von selbst regeln würden.
Sie saßen in der Küche, tranken Bier und erzählten Van-der-Merwe-Geschichten. Frikkie sagte: »Van der Merwe und zwei Kerle aus Krügersdorp fuhren nach Paris, um eine Bank auszurauben. Aber auf dem Weg dorthin ließ van der Merwe das Dynamit fallen, und die drei wurden verhaftet. Alle wurden zum Tod durch die Guillotine verurteilt. Aber als das Messer auf den ersten Mann niederfiel, blieb es stecken, und er wurde wie durch ein Wunder verschont. Laut französischem Gesetz war er frei. Also wurde der zweite Mann festgeschnallt; wieder blieb das Messer stecken. Auch er wurde freigelassen. Nun war van der Merwe an der Reihe; er wollte unbedingt herausbekommen, was los war, und legte sich mit dem Gesicht nach oben auf den Block. Als der Henker auf den Hebel drücken wollte, schrie er: >Augenblick mal! Ich sehe, was an dieser verrückten Maschine nicht in Ordnung ist.<«
Jopie sagte: »Wie ihr wißt, hatte van der Merwe immer eine schlechte Meinung von den Engländern, und eines Tages sah er
angewidert zu, wie sie über zwei Stunden brauchten, um einen Zaunpfosten in den Boden zu schlagen. >Diese faulen Bastarde! Zwei Stunden für eine solche Arbeit. Ich könnte das in fünfzehn Minuten besorgen - gebt mir nur neun Kaffern.<« Frikkie erzählte: »Van der Merwe hatte eine Fahnenstange vor sich auf dem Boden liegen. Er steckte sie in das Loch, holte eine Leiter und ein Maßband und versuchte, nach oben zu steigen, um sie abzumessen, aber die Fahnenstange fiel um. Er stellte sie noch zweimal auf und versuchte nach oben zu steigen. Schließlich fragte ein Kaffer: >Baas, warum mißt du sie nicht, wenn sie auf dem Boden liegt?<, und van der Merwe sagte: >Blöder Kaffer, ich will ja wissen, wie hoch sie ist, nicht wie breit.<«
Jopie fuhr fort: »Apropos breit. Die Air France schickte ihren Spitzenpiloten aus, um zu sehen, ob van der Merwe imstande war, nach Paris und London zu fliegen. Van der Merwe gelang eine der großartigsten Landungen in der Geschichte der Luftfahrt: Seine 747 setzte auf dem vorderen Rand der Rollbahn auf, und er brachte sie mit kreischenden Bremsen zum Stehen; die Vorderräder befanden sich drei Zoll vor dem anderen Ende der Landebahn. >Absolut magnifique!< sagte der Inspektor von Air France. >Dieser Mann ist für jeden Flugplatz der Welt einsatzfähig. Aber sagen Sie mir, warum baut Südafrika so kurze Landebahnen?< >Ich kann es nicht erklären<, sagte van der Merwe. >Und schauen Sie nur, wie verrückt. Sie ist fast fünf Meilen breit.<«
Koos van der Merwe war ein typischer Einfaltspinsel und der Held aller Witze über den dummen und tölpelhaften Afrikanderbauern. Jeder hatte seinen Lieblingswitz, so daß ein solches Beisammensein Stunden dauern konnte, in
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