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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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ihnen zu helfen. Glauben Sie mir, Philip, wenn es kritisch wird, wäre Andy Young in viel größerer Gefahr als ich. Die Schwarzen wissen, daß sie Leute wie mich brauchen, um ihre neue Welt zu organisieren. Aber für Andy Young und seine hellhäutigen Farbigen werden sie überhaupt keinen Platz haben.«
    Frikkie wurde ganz ernst. »Wir haben das in vielen ehemaligen britischen Kolonien beobachtet. Wenn die Eingeborenen die Macht übernehmen, ächten sie die Farbigen
    - wenn sie sie nicht gleich ermorden. Der Grund ist einfach: Wenn wir mit anderen Menschen als unseresgleichen Geschäfte machen müssen, tun wir es doch mit den Besten, den wirklich Weißen. Die Farbigen in diesem Land - wie viele gibt es? Vielleicht drei Millionen. Sie haben nur mit uns eine Zukunft. Wenn also euer Botschafter Young seinen Leuten helfen will, sollte er lieber zu Jopie und mir kommen und sagen: >Afrikander, rettet mich!<, denn die Schwarzen werden ihn umlegen.« Jopie löste die Spannung, indem er Sannie unter dem Kinn kitzelte, als sie ihr Bier austrank. »Weißt du, ich glaube nicht, daß ich jemals einen schwarzen Amerikaner gesehen habe. Ich möchte wissen, ob irgend jemand in Südafrika schon einen gesehen hat. Wir machten ein
    Riesengetue um Arthur Ashe und die Rockmusiker und dergleichen. Aber wenn es zum Krach kommt, werden alle Leute wie sie tot sein. Denn im neuen Südafrika wird es für diese Jazzfanatiker keinen Platz geben.«
    Sannie sagte: »Möchtest du einen Van-der-Merwe-Cocktail? Perrier mit Wasser?«
    Die Sprache, die uns allen mehr oder weniger zu schaffen macht, war schuld, daß Laura zur Schwerverbrecherin wurde. Das Verhängnis begann während eines Besuchs in England; sie kaufte in einem Laden in Salisbury ein, und der Ladenbesitzer sagte: »Ich kann es Ihnen heute nicht liefern, Mrs. Saltwood. Mein temp hat sich nicht gemeldet.«
    »Ihr was?«
    »Mein temp [von temporary - zeitweise]. Der Junge, der gelegentlich Botengänge für mich macht.«
    Auf dem Rückweg nach Sentinels benützte sie einen Fußweg durch das Gelände um die Kathedrale und dachte: Wie wir Engländer doch unsere schöne Sprache verderben!
    Als sie sich mit ihrer Cousine über diesen Sprachverfall unterhielt, bemerkte sie beifällig, wie korrekt Lady Ellen sprach: »Man darf sich doch nicht durch vereinzelte Worterfindungen aus der Fassung bringen lassen, oder?«
    »Ich dachte daran, was mit der holländischen Sprache am Kap passierte. Sie wurde ganz verdorben, weißt du.«
    »Würde mich nicht wundern, Laura, wenn sie damit etwas Gutes getan hätten. Vergiß nicht, Sprachen ändern sich. Die Afrikander sind eben mit der Zeit gegangen, und das ist gut so.«
    »Aber in der Sprache liegt Größe. Ich mag es nicht, wenn sie herabgewürdigt wird.« »Ein wenig Anpassung an die Zeit hat noch keiner Sprache geschadet. Mir gefallen so manche neuen Wörter, die die Amerikaner geschaffen haben. Man soll sich wegen ein paar Änderungen keine Sorgen machen.« Da Lady Ellen kein Wort Afrikaans verstand, ließ Laura das Thema fallen, aber als sie drei Abende später zu einer Aufführung von »König Lear« durch die Oxford Players nach Stonehenge fuhr und die mächtigen Monolithen düster in den Nachthimmel emporragten, gab sie sich ganz der Herrlichkeit der shakespeareschen Sprache hin und zitterte tatsächlich, als der greise König an den dunkelsten Säulen kauerte und sein Elend mit den weniger Glücklichen teilte:
    Ihr armen Nackten, wo ihr immer seid,
    Die ihr des tück’schen Wetters Schläge duldet,
    Wie soll eu’r schirmlos Haupt, hungernder Leib,
    Der Lumpen offne Bloß euch Schutz verleihn Vor Stürmen, so wie der?
    Es schien ihr, daß Worte nicht wunderbarer sein können, und als später ein junger Mann den irren, blinden Earl of Gloster zu ängstigen versuchte, indem er ihm das Kliff und den Arbeiter beschrieb, der an dem gefährlichen Abhang nach unten kletterte, seufzte sie bei der schrecklichen Macht der Worte:
    Wie gramvoll
    Und schwindelnd ist’s, so tief hinabzuschaun!
    Die Kräh’n und Dohlen, die die Mitt’ umflattern,
    Sehn kaum wie Käfer aus - halbwegs hinab
    Hängt einer, Fenchel sammelnd - schrecklich Handwerk!
    Mich dünkt, er scheint nicht größer als sein Kopf.
    Ohne zu merken, welch gefährlichen Weg sie beschritt, saß sie dort im Schatten von Stonehenge und überließ sich dem Zauber erhabener Worte und wurde von ihnen trunken; und als der alte Lear am Ende seine Schwäche gestand, hatte sie Tränen in den Augen, so

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