Verrat der Welten - Niven, L: Verrat der Welten - Betrayer of Worlds
Eine Antenne aber, die groß genug gewesen wäre, um derart extreme Wellenlängen abzusetzen oder zu empfangen, hätte in nicht annehmbarer Weise auf die Existenz der Höhle hingewiesen.
Der Tunnel, der ursprünglich den Zugang zur Höhle ermöglicht hatte, war längst verschwunden. Die erbarmungslose Hitze und der im Mantel herrschende Druck hatten ihn schon vor langer Zeit ausgelöscht. Stepperscheiben waren jetzt der einzige Weg in die Höhle und wieder hinaus. Das aber waren nicht etwa irgendwelche Stepperscheiben, nein, beileibe nicht! Das Adressverwaltungsprogramm für die Stepperscheibenkennungen war alles andere als Standard; die Kennungen der Stepperscheiben selbst unterlagen strengster Geheimhaltung. Die Übertragung zwischen den Stepperscheiben war auf höchstem Niveau verschlüsselt. Anders als bei dem Teleportationssystem auf der Planetenoberfläche, das die Stepperscheiben über Funkwellen miteinander verband, reagierten die Stepperscheiben der Höhle nur auf modulierte Neutrinostrahlung.
Jene, die die unterirdische Anlage gebaut und als Erste deren Systeme konfiguriert hatten, waren schon lange tot. Die wenigen, denen man die Wartung der Anlage anvertraut hatte, erfüllten ihre Aufgaben, ohne je zu wissen, wohin man sie geschickt hatte. Sie wussten zudem, dass man ihre Erinnerungen an ihre streng geheime Arbeit und den Arbeitsplatz korrigiert hätte.
Um die Höhle herum verwandelten Hitze und Druck Gestein in zähflüssigen Brei. Wäre der Druck nicht so hoch, hätten sich Zinn und Blei in dieser Tiefe verflüssigt. Dennoch gedieh in der verborgenen Höhle Leben. Wenn man keinen allzu genauen Blick in die digital aufbereitete Ferne warf, hätte man glauben können, in der Höhle gäbe es reichlich Wiesen und Wälder.
Die kleine Zelle mit Leben, so künstlich wie das Ökosystem an Bord eines Raumschiffs, verlangte nach Energie zu ihrem Erhalt. Nach sehr, sehr viel Energie. Nach Energie verschlingenden Kraftfeldern, um dem enormen Druck standzuhalten. Nach gewaltigen Wärmepumpen, um die Hitze in Schach zu halten. Nach noch mehr Energie, um die Abschirmfelder zu unterhalten und die riesigen Computeranlagen zum Laufen zu bringen. Nach Sender- und Empfängeranlagen, Teleportationssystemen, Autodocs, Stasisfeld-Generatoren, Synthesizern und vielem mehr: All das brauchte Energie. Um diese Energie überhaupt liefern zu können, lagerte in der Höhle reichlich Deuterium – des knappen Raumangebots wegen zum Feststoff komprimiert und eingefroren. Mit diesem Deuterium ließen sich die Fusionsreaktoren für Tausende von Hearthjahren füttern.
Unsichtbar, ohne dass die Herde bis auf wenige Ausnahmen etwas von der Existenz der Anlage ahnte, gesichert gegen jede erdenkliche und nicht erdenkliche Katastrophe harrte die geheime Anlage ihrer Nutzung.
Die Zuflucht des Hintersten.
Baedeker genoss den Duft üppiger Wiesen. Der Blick aus beiden Augen schweifte über die sanften Hügel. Der »Himmel« zeigte das reine, tiefe Blau längst vergangener Zeiten. Die leuchtende orangefarbene Scheibe über seinen Köpfen ahmte die Sonne nach, die einst Hearth gewärmt hatte. Zu Baedekers Linken plätscherte ein seichter Bach in seinem Bett. Gleich in der Nähe einer Stepperscheibe, die in die erschaffene Wiesenlandschaft eingebettet war, war der einzige sichtbare und als künstlich erkennbare Gegenstand ein Synthesizer. Er war auf der Kuppe eines kleinen Hügels installiert.
Die idyllische Umgebung galt weniger Baedeker als vielmehr der Gefährtinnenherde. Deren melodische Gesänge, die aus unbestimmbarer Entfernung herübergetragen wurden, galten der gegenseitigen Versicherung von Verbundenheit und Geselligkeit. Es war gedankenloser Singsang, Zeichen von Zufriedenheit. Bewegten sie sich in wirklichkeitsnäheren Umgebungen, fühlten sich Gefährtinnen eher unwohl. Im Falle einer Katastrophe würden aus Gefährtinnen Bräute, um die Art zu erhalten.
Breitbeinig setzte Baedeker seine Hufe ins Gras. Flucht war nicht nötig; also gab er sich selbstbewusster, als er sich fühlte. Gleich würden sich noch andere zu ihm gesellen. Gemeinsam wollten sie die Katastrophe aufhalten, die die Heimatwelt bedrohte.
Und wenn Baedeker versagte? Wer wusste schon, ob das Fusionsunterdrückungsfeld nicht doch bis in diese Tiefe würde vordringen können? Dann wäre selbst die Zuflucht verloren.
Im Augenwinkel sah Baedeker eine Bewegung: Nike. Das weiße, ungescheckte Fell machte ihn unverwechselbar. Seine Mähne war wie immer tadellos
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