Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
etwas ganz Unerwartetes. Er konnte so unerwartete Dinge sagen. Also lächelte sie ihn an und genoss das Gefühl von Wärme, das sich in ihr ausbreitete, während sie aß.
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Sie bestand darauf, aufzuräumen. Vermutlich, weil sie eine Frau war, die großen Wert auf Ordnung legte. Er hätte wetten können, dass das bereits vor dem Verbrechen in Boston so gewesen war, wo sie höchstwahrscheinlich einen perfekt organisierten Haushalt geführt und eine ebenso persönlich wie professionell eingerichtete Küche gehabt hatte. Sie würde immer wissen, wo die mittelgroße Rührschüssel war, ihre blaue Lieblingsbluse und ihr Autoschlüssel. Und ihr Konto war bestimmt immer ausgeglichen.
Was ihr zugestoßen war, hatte ihren Organisationsdrang höchstwahrscheinlich noch verstärkt. Im Moment war es ihr nicht nur ein Bedürfnis, alles an Ort und Stelle zu wissen, sondern eine überlebenswichtige Voraussetzung . Das gab ihr ein Gefühl von Sicherheit.
Was ihn anging, konnte er schon froh sein, wenn er auf Anhieb zwei zusammenpassende Socken auftreiben konnte.
Da er begriff, dass er sie nicht vom Spülen abbringen konnte, trocknete er die Teller ab und stellte sie zurück in den Küchenschrank. Ansonsten ging er ihr möglichst aus dem Weg, während sie das übrig gebliebene Essen wegpackte, ihre Kochausrüstung zusammensuchte und seinen Herd schrubbte.
Nervosität stieg wieder in ihr auf, und sie war sehr still geworden. Er konnte förmlich sehen, wie sie innerlich vibrierte, während sie den Lappen auswrang und ihn über die Spüle zum Trocknen hängte.
Jetzt, wo das Essen vorbei und der Abwasch so gut wie erledigt war, stand der Sex plötzlich wieder im Raum wie ein interessanter, aber schwieriger Gast.
Er überlegte schon, sie einfach zu packen und nach oben ins Schlafzimmer zu schleifen, bevor sie es sich anders überlegte. Diese Methode hatte durchaus Vorteile, und er hätte Reece mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgezogen, bevor sie ihre Meinung ändern konnte. Aber er verwarf diese Idee zugunsten einer sanfteren Annäherungsmethode – zumindest vorerst.
»Hast du Lust auf einen Spaziergang? Vielleicht runter zum See?«
Er sah, wie sich Überraschung und Erleichterung auf ihrem Gesicht abzeichneten. »Das wäre schön. Das habe ich bisher noch nicht geschafft, nicht auf dieser Seite des Sees.«
»Es ist eine sternklare Nacht, es wird also hell genug sein. Aber du musst noch was überziehen.«
»Stimmt.« Sie ging an die Garderobe, um ihre Jacke vom Haken zu nehmen.
Er kam ihr nach und griff absichtlich über sie hinweg, um nach seiner zu greifen. Sie erstarrte bei der leichten Berührung, trat zur Seite und langte nach dem Türgriff.
Ihre Nerven flatterten, beruhigten sich aber wieder an der frischen Luft.
»Es ist fantastisch hier draußen.« Sie atmete ein, sog die Luft tief ein, die nach Erde und Kiefern duftete. »Ich habe es bisher noch nicht geschafft, abends allein spazieren zu gehen. Aber ich denk drüber nach.« Sie zog sich ihre Jacke über, während sie weiterging. »Aber entweder es ist zu ruhig oder nicht ruhig genug oder mir fallen ein Dutzend Gründe ein, warum ich nach meiner Abendschicht schnellstmöglich nach Hause muss.«
»Um diese Jahreszeit sind abends fast nur Einheimische unterwegs. Da muss man sich keine großen Sorgen machen.«
»Anscheinend hast du noch nichts von dem verrückten Psychopathen gehört, der sich im Sumpfland versteckt, von dem Serienvergewaltiger auf der Durchreise oder dem netten Mathelehrer, der in Wahrheit ein Axtmörder ist.«
»Ich fürchte, das ist mir in der Tat entgangen.«
Sie sah nachdenklich zu ihm auf und zuckte dann die Achseln. »Irgendwann letzte Woche konnte ich nicht einschlafen und wollte spazieren gehen. Ich hab allen Ernstes darüber nachgedacht, meine Vorlegegabel mitzunehmen – nur für den Fall, dass ich mich gegen die mordlustigen Irren in meiner Fantasie verteidigen muss.«
»Eine Vorlegegabel.«
»Ja. Ein Messer fand ich dann doch zu übertrieben. Aber mit einer anständigen Vorlegegabel kann man anderen durchaus erhebliche Verletzungen zufügen, wenn es denn sein muss. Aber ich habe mich dagegen entschieden und mir stattdessen einen alten Film im Fernsehen angesehen. Das ist lächerlich. Ich bin lächerlich. Was willst du bloß von mir, Brody?«
»Vielleicht stehe ich ja auf neurotische Frauen.«
»Nein, das tust du nicht.« Aber sie lachte und warf ihre Haare zurück, um den Abendhimmel zu betrachten. »Meine Güte ist der groß
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