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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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doch bisher noch mit keinem Suizid oder Unfalltod zu tun gehabt, bei dem Arme, Beine und Kopf abgetrennt worden waren.
    Der Torso des Mannes war von einem Bauarbeiter im Brunnen eines verfallenen Bauernhauses in Surrey entdeckt worden. Weder im Brunnen noch auf dem Anwesen warendie fehlenden Körperteile gefunden worden, und ohne Zähne, die man mit zahnärztlichen Akten vergleichen konnte, oder besondere Merkmale der verfügbaren Knochen war die Identifizierung des Opfers eine schwere Aufgabe.
    Dennoch hoffte ich, zumindest herauszufinden, wie er verstümmelt worden war. Es gab keine Verletzungen, die darauf hinwiesen, dass eine Axt oder ein Beil, ein Messer oder eine Handsäge benutzt worden war. Jede Klinge hätte charakteristische Spuren an den Knochen hinterlassen, und angesichts der glatten und sauberen Kanten, die ich bisher entdeckt hatte, war wahrscheinlich irgendein maschinenbetriebenes Werkzeug zum Einsatz gekommen. Ich tippte auf eine Kreissäge, doch ich musste jede Oberfläche unter dem Mikroskop untersuchen, um sicherzugehen. Es war eine triste, mechanische Arbeit, aber die Ermittlung des benutzten Werkzeugs könnte der erste Schritt auf dem langen Weg zur Überführung des Mörders sein.
    Ich bereitete den ersten Objektträger vor und versuchte mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Doch ich starrte durch das Okular auf das vergrößerte Knochenfragment, ohne etwas zu sehen.
Sauberer Schnitt, kein Anzeichen von Zersplitterung   …
Irgendetwas kratzte an meinem Unterbewusstsein, eine beunruhigende Verbindung, die ich nicht ganz zu fassen kriegte. Ich streckte mich und hatte das Gefühl, dass mir der Gedanke auf der Zunge lag, doch dann piepte der Computer in meinem Büro, der nun ganz hochgefahren war, und lenkte mich ab.
    Ich seufzte und gab meinem inneren Drang nach.
Okay, bring es hinter dich. Dann kannst du es vergessen und dich an die Arbeit machen.
Ich ging rüber in mein Büro und schaute mir im Internet eine Nachrichtenseite an. Wie erwartet, warMonks Flucht das Hauptthema. Mir war allerdings nicht klar gewesen, welchen Schock es mir bereiten würde, sein Gesicht wiederzusehen.
    Das Foto von Jerome Monk stand auf dem Monitor wie ein Standbild aus einem Horrorfilm. Allein vom Anblick der furchtbaren Delle in seiner Stirn wurde einem übel, und erst die Augen   …
    Seine Augen waren noch immer tot.
    Auf der Website entdeckte ich auch Fotos von seinen vier Opfern, die einer anderen Epoche anzugehören schienen. Die Bennett-Schwestern wären jetzt   … wie alt? Sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig, und Tina Williams wäre achtundzwanzig. Angela Carson, die Älteste, wäre jetzt vierunddreißig. Alt genug, um verheiratet zu sein, Kinder zu haben. Stattdessen waren ihre Leben brutal beendet worden.
    Und nun lief ihr Mörder wieder frei herum.
    Ich rieb mir die Augen. Wie damals hatte ich den Eindruck, gescheitert zu sein. Und erneut beschlich mich das Gefühl, ich müsste mich an etwas erinnern. Es war nicht mehr so stark wie zuvor, doch irgendetwas nagte an mir. Gerade als ich begann, den Artikel noch einmal zu lesen, klingelte das Telefon auf meinem Schreibtisch und ließ mich zusammenfahren.
    Ungewollt klickte ich auf den Zoom, und das Bild auf dem Monitor wurde doppelt so groß. Fluchend griff ich nach dem Telefon. «Hallo?»
    Am anderen Ende war es einen Augenblick still. «Ist dort David? David Hunter?»
    Es war die Stimme einer Frau, kräftig und etwas heiser, die unsicher klang. Irgendwie kam sie mir bekannt vor.
    «Ja. Wer ist da?»
    «Sophie Keller», sagte sie, und da fiel ein weiteres Puzzleteil der Vergangenheit an seine Stelle. «Wir haben vor ein paar Jahren zusammengearbeitet. Bei dem Jerome-Monk-Fall?»
    Sie hatte es als Frage formuliert, als wäre sie nicht sicher, ob ich wusste, wer sie war. Sie hätte sich keine Sorgen machen müssen. Es war erst wenige Stunden her, dass Terry Connors gefragt hatte, ob ich von ihr gehört hätte.
    «Ja, natürlich.» Ich versuchte mich zu sammeln. «Tut mir leid, aber das ist ein komischer Zufall. Ich lese gerade über Monk.»
    «Haben Sie gehört, dass er geflohen ist?»
    «Ja, habe ich.»
    Ich war nicht sicher, ob ich Terry erwähnen sollte, ließ es dann lieber bleiben, die beiden waren nicht gut miteinander zurechtgekommen. Eine verlegene Pause entstand. «Ich habe Ihre Büronummer von der Website der Uni», sagte sie dann, «aber ich habe nur angerufen, um eine Nachricht zu hinterlassen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie

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