Verzehrende Sehnsucht
Blaidd.
"Natürlich. Das kann ich sehr gut verstehen", erwiderte Throckton nickend. "Jeder Mann wünscht sich schließlich einen Erben."
Blaidd bemerkte die Bitterkeit in den Worten des Mannes. Er beneidete ihn nicht. Alle Adeligen hofften auf einen Sohn, um ihren Namen, ihren Titel und ihre Ländereien zu vererben. Blaidd erging es genauso, auch wenn er auch Töchter haben wollte. Sein Vater hatte immer gesagt, dass mit den Söhnen eine schwere Verantwortung auf einen Mann zukam, während die Töchter einem Mann Freude und Glück schenkten.
"Und wenn es so ist, dass Gott einem Mann aus welchem Grund auch immer keinen Sohn schenken möchte, dann sehnt er sich zumindest nach einem guten Schwiegersohn, der ihm dann Enkel schenkt, wenn unser Herrgott es so will", fuhr Throckton fort.
Blaidd lächelte seinen Gastgeber an. "Meine Mutter kann es kaum erwarten, endlich Großmutter zu werden." Er blickte wehmütig in die Ferne. "Ich fürchte, in dieser Hinsicht bin ich für sie bisher eine Enttäuschung gewesen."
"Sicher lässt sich das bald wieder gutmachen, wenn Ihr Hochzeit haltet. Ich bin sicher, dass, welche Frau auch immer Ihr heiratet, sie mehr als willens sein wird, ihre Pflichten in Eurem Bett zu erfüllen."
"Vater!" rief Laelia empört aus und errötete. "Wie kannst du nur so etwas sagen?"
"Seid nicht gekränkt, Mylady, da ich es auch nicht bin", besänftigte Blaidd sie grinsend. "Mein Vater behauptet auch, es sei die Pflicht der Eltern, ihre Kinder in Verlegenheit zu bringen, um ihnen all die schlaflosen Nächte heimzuzahlen, die die Kinder ihnen beschert haben."
Lord Throckton lachte laut, und die Lady brachte immerhin ein gezwungenes Lächeln zustande.
"Simon de Montfort ist immer noch der große Favorit bei Hofe, ganz besonders unter den Damen", berichtete Blaidd kurz angebunden und lenkte damit die Aufmerksamkeit wieder auf den Hof und den König, um Lord Throckton auszuhorchen. Er wollte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Außerdem hatte er auch keine Lust, mit Lord Throckton und Lady Laelia seine Schwächen als Sohn und Erbe zu diskutieren.
"Wer ist das?" fragte Laelia. "Kommt er aus Frankreich?"
Blaidd nickte. "Er ist dort geboren, aber er hat den Anspruch auf den Titel und auf seine französischen Besitzungen zu Gunsten seiner englischen aufgegeben. Der König hat ihn kürzlich zum Earl von Leicester ernannt."
"Also ist er kein Verwandter der Königin?" wollte Lady Laelia wissen.
"Nein. Aber viele englische Edelleute sind über seine Ehe mit der Schwester der Königin entsetzt. Sie meinen, sie hätten vorher gefragt werden müssen, ob sie diese Heirat billigen oder nicht. Ganz besonders, da die Dame deswegen ihren Keuschheitsschwur gebrochen hat, den sie nach dem Tod ihres Mannes geleistet hatte."
"Sie hat Keuschheit gelobt?" rief Laelia entsetzt. "Warum in aller Welt hat sie so etwas getan?"
"Aus Respekt für ihren verstorbenen Ehemann natürlich", antwortete Lord Throckton. "Auf diese Weise konnte sie sich außerdem aus den politischen Machenschaften ihres Bruders heraushalten. Ich war entsetzt, dass sie in die Ehe eingewilligt hat."
Für einen Mann, der so weit von London entfernt lebte und niemals an den Hof reiste, war Lord Throckton außerordentlich gut informiert. Doch das an sich war nicht ungewöhnlich. Blaidds eigener Vater verließ nur selten sein Zuhause, aber er hörte auch sehr aufmerksam zu, wann immer Blaidd und sein Bruder vom Hof zurückkehrten und von den Vorgängen dort berichteten. Darüber hinaus hielten Hu Morgans Freunde seinen Vater auf dem Laufenden. Vielleicht hatte Lord Throckton ja Vertraute, die das Gleiche taten.
"Ihr kennt Simon de Montfort also nicht", sagte Blaidd. "Er ist ein sehr einnehmender Mann mit vielen Fähigkeiten. Meiner Meinung nach können wir trotz seiner Herkunft in Zukunft noch große Dinge von ihm erwarten. Er vertritt die Idee eines permanenten Rates, der dem König zur Seite stehen und auch die Regierungsgeschäfte überwachen soll. Er nennt diese Versammlung Parlament. Vielen der Edelleute gefällt dieser Gedanke."
Lord Throckton wirkte ernst. "De Montfort sollte besser Ruhe geben, egal, ob er nun mit dem König verschwägert ist oder nicht. Sonst riskiert er noch, Henry mit dieser Idee gegen sich aufzubringen. Henry hat das aufbrausende Temperament der Plantagenets – so habe ich jedenfalls gehört."
Blaidd konnte dem nicht widersprechen. "Das stimmt. Aber ich hoffe trotzdem, dass er Simon zuhören wird und seine
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